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Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

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246. Größe des Erfolgs und Sicherheit desselben
stehen also bei denselben Mitteln im entgegengesetzten Ver-
hältnisse.

247. Die erste Frage wäre nun wie viel Werth
man auf das eine oder andere dieser beiden entgegen-
gesetzten Prinzipe legen soll?

248. Darüber kann nichts Allgemeines bestimmt
werden, es ist vielmehr das Individuellste im ganzen
Kriege. Einmal bestimmen es die Verhältnisse die in
manchen Fällen das größte Wagniß zur Nothwendigkeit
machen können, und zweitens ist der Unternehmungsgeist und
der Muth etwas rein Subjektives, was nicht vorgeschrie-
ben werden kann. Man kann von einem Führer fordern
daß er seine Mittel und Verhältnisse mit Sachkenntniß
beurtheile, ihre Wirkungen nicht überschätze; thut er das
Erstere, so muß man ihm überlassen was er vermöge sei-
nes Muthes damit auszurichten denkt.

Verhältniß zwischen Größe des Erfolgs und des Preises.

249. Die zweite Frage in Beziehung auf die zu
vernichtenden feindlichen Streitkräfte betrifft den Preis
mit welchem man sie bezahlen will.

250. Bei der Absicht feindliche Streitkräfte zu ver-
nichten ist freilich gewöhnlich die Bedingung gedacht, da-
von mehr zu vernichten als wir selbst dabei aufopfern;
aber diese Bedingung ist keineswegs nothwendig, denn es
kann Fälle geben (z. B. den großer Überlegenheit) wo die
bloße Verminderung der feindlichen Kraft ein Vortheil
ist, wenn wir sie auch mit einer größern der unsrigen
bezahlen.

251. Aber selbst dann wenn unsere Absicht bestimmt
darauf gerichtet ist mehr feindliche Streitkräfte zu ver-

246. Groͤße des Erfolgs und Sicherheit deſſelben
ſtehen alſo bei denſelben Mitteln im entgegengeſetzten Ver-
haͤltniſſe.

247. Die erſte Frage waͤre nun wie viel Werth
man auf das eine oder andere dieſer beiden entgegen-
geſetzten Prinzipe legen ſoll?

248. Daruͤber kann nichts Allgemeines beſtimmt
werden, es iſt vielmehr das Individuellſte im ganzen
Kriege. Einmal beſtimmen es die Verhaͤltniſſe die in
manchen Faͤllen das groͤßte Wagniß zur Nothwendigkeit
machen koͤnnen, und zweitens iſt der Unternehmungsgeiſt und
der Muth etwas rein Subjektives, was nicht vorgeſchrie-
ben werden kann. Man kann von einem Fuͤhrer fordern
daß er ſeine Mittel und Verhaͤltniſſe mit Sachkenntniß
beurtheile, ihre Wirkungen nicht uͤberſchaͤtze; thut er das
Erſtere, ſo muß man ihm uͤberlaſſen was er vermoͤge ſei-
nes Muthes damit auszurichten denkt.

Verhältniß zwiſchen Größe des Erfolgs und des Preiſes.

249. Die zweite Frage in Beziehung auf die zu
vernichtenden feindlichen Streitkraͤfte betrifft den Preis
mit welchem man ſie bezahlen will.

250. Bei der Abſicht feindliche Streitkraͤfte zu ver-
nichten iſt freilich gewoͤhnlich die Bedingung gedacht, da-
von mehr zu vernichten als wir ſelbſt dabei aufopfern;
aber dieſe Bedingung iſt keineswegs nothwendig, denn es
kann Faͤlle geben (z. B. den großer Überlegenheit) wo die
bloße Verminderung der feindlichen Kraft ein Vortheil
iſt, wenn wir ſie auch mit einer groͤßern der unſrigen
bezahlen.

251. Aber ſelbſt dann wenn unſere Abſicht beſtimmt
darauf gerichtet iſt mehr feindliche Streitkraͤfte zu ver-

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[326/0340] 246. Groͤße des Erfolgs und Sicherheit deſſelben ſtehen alſo bei denſelben Mitteln im entgegengeſetzten Ver- haͤltniſſe. 247. Die erſte Frage waͤre nun wie viel Werth man auf das eine oder andere dieſer beiden entgegen- geſetzten Prinzipe legen ſoll? 248. Daruͤber kann nichts Allgemeines beſtimmt werden, es iſt vielmehr das Individuellſte im ganzen Kriege. Einmal beſtimmen es die Verhaͤltniſſe die in manchen Faͤllen das groͤßte Wagniß zur Nothwendigkeit machen koͤnnen, und zweitens iſt der Unternehmungsgeiſt und der Muth etwas rein Subjektives, was nicht vorgeſchrie- ben werden kann. Man kann von einem Fuͤhrer fordern daß er ſeine Mittel und Verhaͤltniſſe mit Sachkenntniß beurtheile, ihre Wirkungen nicht uͤberſchaͤtze; thut er das Erſtere, ſo muß man ihm uͤberlaſſen was er vermoͤge ſei- nes Muthes damit auszurichten denkt. Verhältniß zwiſchen Größe des Erfolgs und des Preiſes. 249. Die zweite Frage in Beziehung auf die zu vernichtenden feindlichen Streitkraͤfte betrifft den Preis mit welchem man ſie bezahlen will. 250. Bei der Abſicht feindliche Streitkraͤfte zu ver- nichten iſt freilich gewoͤhnlich die Bedingung gedacht, da- von mehr zu vernichten als wir ſelbſt dabei aufopfern; aber dieſe Bedingung iſt keineswegs nothwendig, denn es kann Faͤlle geben (z. B. den großer Überlegenheit) wo die bloße Verminderung der feindlichen Kraft ein Vortheil iſt, wenn wir ſie auch mit einer groͤßern der unſrigen bezahlen. 251. Aber ſelbſt dann wenn unſere Abſicht beſtimmt darauf gerichtet iſt mehr feindliche Streitkraͤfte zu ver-

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Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/340>, abgerufen am 16.04.2024.