502. Die Folge ist daß ein solcher Centralangriff in Gefahr ist durch einen konzentrischen Gegenangriff in eine sehr nachtheilige Gefechtsform zu gerathen.
503. Es wird also die Wahl unter diesen Punkten nach den bestehenden Verhältnissen geschehen. Länge der Fronte, Beschaffenheit und Lage der Rückzugslinie, Werth der feindlichen Truppen und Eigenthümlichkeit des Feld- herrn, endlich das Terrain werden bei dieser Wahl bestim- men. Wir werden diese Gegenstände erst in der Folge näher betrachten.
504. Wir haben die Vereinigung der Hauptmacht zum wirklichen Kampf auf einen Punkt betrachtet, sie kann aber allerdings auf mehreren Punkten, auf zweien, ja auf dreien Statt finden ohne daß es aufhört eine Kraftvereinigung gegen einen Theil feindlicher Macht zu sein. Nur wird freilich mit der Mehrzahl der Punkte die Kraft des Prinzips geschwächt.
505. Bisher haben wir nur die objektiven Vortheile einer solchen Kraftvereinigung im Auge gehabt, nämlich ein besseres Kraftverhältniß für den Hauptpunkt. Aber es giebt auch einen subjektiven Grund für die Führer oder Feldherrn, nämlich den den Haupttheil seiner Macht mehr in seiner Hand zu haben.
506. Wenn gleich in einer Schlacht der Wille des Feldherrn und seine Intelligenz das Ganze leitet, so dringt doch dieser Wille und diese Intelligenz nur in einem sehr geschwächten Grade bis zu den untern Gliedern durch und dies ist um so mehr der Fall je entfernter sich die Truppen von dem Feldherrn befinden; die Wichtigkeit und Selbstständigkeit der Unterbefehlshaber nimmt zu und dies ist auf Kosten des obersten Willens.
III 24
502. Die Folge iſt daß ein ſolcher Centralangriff in Gefahr iſt durch einen konzentriſchen Gegenangriff in eine ſehr nachtheilige Gefechtsform zu gerathen.
503. Es wird alſo die Wahl unter dieſen Punkten nach den beſtehenden Verhaͤltniſſen geſchehen. Laͤnge der Fronte, Beſchaffenheit und Lage der Ruͤckzugslinie, Werth der feindlichen Truppen und Eigenthuͤmlichkeit des Feld- herrn, endlich das Terrain werden bei dieſer Wahl beſtim- men. Wir werden dieſe Gegenſtaͤnde erſt in der Folge naͤher betrachten.
504. Wir haben die Vereinigung der Hauptmacht zum wirklichen Kampf auf einen Punkt betrachtet, ſie kann aber allerdings auf mehreren Punkten, auf zweien, ja auf dreien Statt finden ohne daß es aufhoͤrt eine Kraftvereinigung gegen einen Theil feindlicher Macht zu ſein. Nur wird freilich mit der Mehrzahl der Punkte die Kraft des Prinzips geſchwaͤcht.
505. Bisher haben wir nur die objektiven Vortheile einer ſolchen Kraftvereinigung im Auge gehabt, naͤmlich ein beſſeres Kraftverhaͤltniß fuͤr den Hauptpunkt. Aber es giebt auch einen ſubjektiven Grund fuͤr die Fuͤhrer oder Feldherrn, naͤmlich den den Haupttheil ſeiner Macht mehr in ſeiner Hand zu haben.
506. Wenn gleich in einer Schlacht der Wille des Feldherrn und ſeine Intelligenz das Ganze leitet, ſo dringt doch dieſer Wille und dieſe Intelligenz nur in einem ſehr geſchwaͤchten Grade bis zu den untern Gliedern durch und dies iſt um ſo mehr der Fall je entfernter ſich die Truppen von dem Feldherrn befinden; die Wichtigkeit und Selbſtſtaͤndigkeit der Unterbefehlshaber nimmt zu und dies iſt auf Koſten des oberſten Willens.
III 24
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502. Die Folge iſt daß ein ſolcher Centralangriff
in Gefahr iſt durch einen konzentriſchen Gegenangriff in
eine ſehr nachtheilige Gefechtsform zu gerathen.
503. Es wird alſo die Wahl unter dieſen Punkten
nach den beſtehenden Verhaͤltniſſen geſchehen. Laͤnge der
Fronte, Beſchaffenheit und Lage der Ruͤckzugslinie, Werth
der feindlichen Truppen und Eigenthuͤmlichkeit des Feld-
herrn, endlich das Terrain werden bei dieſer Wahl beſtim-
men. Wir werden dieſe Gegenſtaͤnde erſt in der Folge
naͤher betrachten.
504. Wir haben die Vereinigung der Hauptmacht
zum wirklichen Kampf auf einen Punkt betrachtet, ſie
kann aber allerdings auf mehreren Punkten, auf zweien,
ja auf dreien Statt finden ohne daß es aufhoͤrt eine
Kraftvereinigung gegen einen Theil feindlicher Macht
zu ſein. Nur wird freilich mit der Mehrzahl der Punkte
die Kraft des Prinzips geſchwaͤcht.
505. Bisher haben wir nur die objektiven Vortheile
einer ſolchen Kraftvereinigung im Auge gehabt, naͤmlich
ein beſſeres Kraftverhaͤltniß fuͤr den Hauptpunkt. Aber
es giebt auch einen ſubjektiven Grund fuͤr die Fuͤhrer oder
Feldherrn, naͤmlich den den Haupttheil ſeiner Macht
mehr in ſeiner Hand zu haben.
506. Wenn gleich in einer Schlacht der Wille des
Feldherrn und ſeine Intelligenz das Ganze leitet, ſo dringt
doch dieſer Wille und dieſe Intelligenz nur in einem ſehr
geſchwaͤchten Grade bis zu den untern Gliedern durch
und dies iſt um ſo mehr der Fall je entfernter ſich die
Truppen von dem Feldherrn befinden; die Wichtigkeit und
Selbſtſtaͤndigkeit der Unterbefehlshaber nimmt zu und dies
iſt auf Koſten des oberſten Willens.
III 24
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/383>, abgerufen am 25.04.2024.
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