Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p1c_XX.001
Objekts (des Sohnes Gottes) in der Zeit, und einer p1c_XX.002
Darstellung aller Begebenheiten nach Zwecken einer höhern p1c_XX.003
Weltordnung durch die Poesie der Sprache, mittelst einer p1c_XX.004
Erleuchtung des Geistes, in welcher ihn das Gefühl jener p1c_XX.005
zweckmäßigen Organisation durch alle Zeiten so mächtig ergreift, p1c_XX.006
daß er nicht irren kann. Daher huldigt der größte Theil der p1c_XX.007
gebildeten Welt mit vollem Rechte dem Glauben, daß das p1c_XX.008
göttliche Prinzip der Dinge in der Zeit erschienen sey, und p1c_XX.009
die Menschheit in seine Gemeinschaft aufgenommen habe.

p1c_XX.010
Religiöses Gewissen und religiöser Glaube, p1c_XX.011
ungetrennt
vereinigt, geben das, was man Religion p1c_XX.012
nennt. Die Religion allein, an die Spitze der p1c_XX.013
wissenschaftlichen Systeme gestellt, setzt uns in den Stand, p1c_XX.014
die Erscheinungen in der Welt philosophisch und streng wissenschaftlich p1c_XX.015
zu erklären. Da Religion in diesem reinen p1c_XX.016
Sinne genommen nur eine Geistesstimmung der edelsten p1c_XX.017
Seelen seyn kann, so ergiebt sich hieraus eine in der Natur p1c_XX.018
des Geistes gegründete Mystik, eine Evidenz a priori, p1c_XX.019
nach der sich die construirten philosophischen Begriffe richten p1c_XX.020
müssen, wie bey den Mathematikern, eine Evidenz ruhend p1c_XX.021
auf Seelengröße, welche das Geschwätz jedes Prosanen p1c_XX.022
vom Heiligthum der ernstern Wissenschaften zurück weisen p1c_XX.023
muß. Es kommt eine Zeit, die für die sogenannten Starkgeister

p1c_XX.001
Objekts (des Sohnes Gottes) in der Zeit, und einer p1c_XX.002
Darstellung aller Begebenheiten nach Zwecken einer höhern p1c_XX.003
Weltordnung durch die Poesie der Sprache, mittelst einer p1c_XX.004
Erleuchtung des Geistes, in welcher ihn das Gefühl jener p1c_XX.005
zweckmäßigen Organisation durch alle Zeiten so mächtig ergreift, p1c_XX.006
daß er nicht irren kann. Daher huldigt der größte Theil der p1c_XX.007
gebildeten Welt mit vollem Rechte dem Glauben, daß das p1c_XX.008
göttliche Prinzip der Dinge in der Zeit erschienen sey, und p1c_XX.009
die Menschheit in seine Gemeinschaft aufgenommen habe.

p1c_XX.010
Religiöses Gewissen und religiöser Glaube, p1c_XX.011
ungetrennt
vereinigt, geben das, was man Religion p1c_XX.012
nennt. Die Religion allein, an die Spitze der p1c_XX.013
wissenschaftlichen Systeme gestellt, setzt uns in den Stand, p1c_XX.014
die Erscheinungen in der Welt philosophisch und streng wissenschaftlich p1c_XX.015
zu erklären. Da Religion in diesem reinen p1c_XX.016
Sinne genommen nur eine Geistesstimmung der edelsten p1c_XX.017
Seelen seyn kann, so ergiebt sich hieraus eine in der Natur p1c_XX.018
des Geistes gegründete Mystik, eine Evidenz a priori, p1c_XX.019
nach der sich die construirten philosophischen Begriffe richten p1c_XX.020
müssen, wie bey den Mathematikern, eine Evidenz ruhend p1c_XX.021
auf Seelengröße, welche das Geschwätz jedes Prosanen p1c_XX.022
vom Heiligthum der ernstern Wissenschaften zurück weisen p1c_XX.023
muß. Es kommt eine Zeit, die für die sogenannten Starkgeister

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024" n="RXX"/><lb n="p1c_XX.001"/>
Objekts (des <hi rendition="#g">Sohnes</hi> Gottes) in der Zeit, und einer <lb n="p1c_XX.002"/>
Darstellung aller Begebenheiten nach Zwecken einer höhern <lb n="p1c_XX.003"/>
Weltordnung durch die <hi rendition="#g">Poesie</hi> der Sprache, mittelst einer <lb n="p1c_XX.004"/> <hi rendition="#g">Erleuchtung</hi> des Geistes, in welcher ihn das Gefühl jener <lb n="p1c_XX.005"/>
zweckmäßigen Organisation durch alle Zeiten so mächtig ergreift, <lb n="p1c_XX.006"/>
daß er nicht irren kann. Daher huldigt der größte Theil der <lb n="p1c_XX.007"/>
gebildeten Welt mit vollem Rechte dem Glauben, daß das <lb n="p1c_XX.008"/> <hi rendition="#g">göttliche</hi> Prinzip der Dinge in der Zeit erschienen sey, und <lb n="p1c_XX.009"/>
die Menschheit in seine Gemeinschaft aufgenommen habe.</p>
        <p><lb n="p1c_XX.010"/><hi rendition="#g">Religiöses Gewissen</hi> und <hi rendition="#g">religiöser Glaube, <lb n="p1c_XX.011"/>
ungetrennt</hi> vereinigt, geben das, was man <hi rendition="#g">Religion</hi> <lb n="p1c_XX.012"/>
nennt. Die <hi rendition="#g">Religion</hi> allein, an die Spitze der <lb n="p1c_XX.013"/>
wissenschaftlichen Systeme gestellt, setzt uns in den Stand, <lb n="p1c_XX.014"/>
die Erscheinungen in der Welt philosophisch und streng wissenschaftlich <lb n="p1c_XX.015"/>
zu erklären. Da <hi rendition="#g">Religion</hi> in diesem reinen <lb n="p1c_XX.016"/>
Sinne genommen nur eine Geistesstimmung der <hi rendition="#g">edelsten</hi> <lb n="p1c_XX.017"/>
Seelen seyn kann, so ergiebt sich hieraus eine in der Natur <lb n="p1c_XX.018"/>
des Geistes gegründete <hi rendition="#g">Mystik,</hi> eine <hi rendition="#g">Evidenz</hi> <hi rendition="#aq">a priori</hi>, <lb n="p1c_XX.019"/>
nach der sich die construirten philosophischen Begriffe richten <lb n="p1c_XX.020"/>
müssen, wie bey den Mathematikern, eine <hi rendition="#g">Evidenz</hi> ruhend <lb n="p1c_XX.021"/>
auf Seelengröße, welche das Geschwätz jedes Prosanen <lb n="p1c_XX.022"/>
vom Heiligthum der ernstern Wissenschaften zurück weisen <lb n="p1c_XX.023"/>
muß. Es kommt eine Zeit, die für die sogenannten Starkgeister
</p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[RXX/0024] p1c_XX.001 Objekts (des Sohnes Gottes) in der Zeit, und einer p1c_XX.002 Darstellung aller Begebenheiten nach Zwecken einer höhern p1c_XX.003 Weltordnung durch die Poesie der Sprache, mittelst einer p1c_XX.004 Erleuchtung des Geistes, in welcher ihn das Gefühl jener p1c_XX.005 zweckmäßigen Organisation durch alle Zeiten so mächtig ergreift, p1c_XX.006 daß er nicht irren kann. Daher huldigt der größte Theil der p1c_XX.007 gebildeten Welt mit vollem Rechte dem Glauben, daß das p1c_XX.008 göttliche Prinzip der Dinge in der Zeit erschienen sey, und p1c_XX.009 die Menschheit in seine Gemeinschaft aufgenommen habe. p1c_XX.010 Religiöses Gewissen und religiöser Glaube, p1c_XX.011 ungetrennt vereinigt, geben das, was man Religion p1c_XX.012 nennt. Die Religion allein, an die Spitze der p1c_XX.013 wissenschaftlichen Systeme gestellt, setzt uns in den Stand, p1c_XX.014 die Erscheinungen in der Welt philosophisch und streng wissenschaftlich p1c_XX.015 zu erklären. Da Religion in diesem reinen p1c_XX.016 Sinne genommen nur eine Geistesstimmung der edelsten p1c_XX.017 Seelen seyn kann, so ergiebt sich hieraus eine in der Natur p1c_XX.018 des Geistes gegründete Mystik, eine Evidenz a priori, p1c_XX.019 nach der sich die construirten philosophischen Begriffe richten p1c_XX.020 müssen, wie bey den Mathematikern, eine Evidenz ruhend p1c_XX.021 auf Seelengröße, welche das Geschwätz jedes Prosanen p1c_XX.022 vom Heiligthum der ernstern Wissenschaften zurück weisen p1c_XX.023 muß. Es kommt eine Zeit, die für die sogenannten Starkgeister

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/24
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. RXX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/24>, abgerufen am 23.04.2024.