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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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dieser noch in anderen Beziehungen sagen, da die Schwierig-
keit der Frage besondere Vorsicht erfordere. - Die Unterrichts-
commission des Abgeordnetenhauses schloß sich dem Antrage
ihres Berichterstatters an.

VII.

Mittlerweile sind aus privaten Kräften in Carlsruhe, Leipzig
und Berlin Mädchengymnasien ins Leben gerufen worden.

Der uns bekannte Verein "Frauenbildungs-Reform " hat
am 16. September 1893 zu Carlsruhe ein von ihm begründetes
Mädchengymnasium eröffnet und damit die zweite, positive
Hälfte seines Programms, neben seiner agitatorischen Thätig-
keit, verwirklicht.

Die Wahl traf auf Carlsruhe, weil die badischen Staats-
behörden und der badische Landtag in hervorragender Weise ihr
Wohlwollen für die Reform bekundet hatten. Die Carlsruher
Stadtbehörde bewies ihrerseits ein freundliches Entgegenkommen
auch durch die That, indem sie ein geeignetes Schullocal ge-
währte. Mitglieder des badischen Oberschulrathes wohnten
neben den Vertretern der Stadt und der Carlsruher Unterrichts-
anstalten dem Einweihungsacte bei.

Das Mädchengymnasium verfolgt den Zweck, Mädchen
dieselbe Schulbildung zugänglich zu machen, die den Knaben
auf den humanistischen Gymnasien geboten wird. Der Lehr-
plan nähert sich dem Lehrplan des Knabengymnasiums, aber
seine Verschiedenheit ist darin begründet, daß man den Eltern
nicht zumuthen kann, die Entscheidung über den Bildungsgang
ihrer Töchter zu früh zu treffen. Daher nimmt das Mädchen-

dieser noch in anderen Beziehungen sagen, da die Schwierig-
keit der Frage besondere Vorsicht erfordere. – Die Unterrichts-
commission des Abgeordnetenhauses schloß sich dem Antrage
ihres Berichterstatters an.

VII.

Mittlerweile sind aus privaten Kräften in Carlsruhe, Leipzig
und Berlin Mädchengymnasien ins Leben gerufen worden.

Der uns bekannte Verein „Frauenbildungs-Reform “ hat
am 16. September 1893 zu Carlsruhe ein von ihm begründetes
Mädchengymnasium eröffnet und damit die zweite, positive
Hälfte seines Programms, neben seiner agitatorischen Thätig-
keit, verwirklicht.

Die Wahl traf auf Carlsruhe, weil die badischen Staats-
behörden und der badische Landtag in hervorragender Weise ihr
Wohlwollen für die Reform bekundet hatten. Die Carlsruher
Stadtbehörde bewies ihrerseits ein freundliches Entgegenkommen
auch durch die That, indem sie ein geeignetes Schullocal ge-
währte. Mitglieder des badischen Oberschulrathes wohnten
neben den Vertretern der Stadt und der Carlsruher Unterrichts-
anstalten dem Einweihungsacte bei.

Das Mädchengymnasium verfolgt den Zweck, Mädchen
dieselbe Schulbildung zugänglich zu machen, die den Knaben
auf den humanistischen Gymnasien geboten wird. Der Lehr-
plan nähert sich dem Lehrplan des Knabengymnasiums, aber
seine Verschiedenheit ist darin begründet, daß man den Eltern
nicht zumuthen kann, die Entscheidung über den Bildungsgang
ihrer Töchter zu früh zu treffen. Daher nimmt das Mädchen-

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[38/0054] dieser noch in anderen Beziehungen sagen, da die Schwierig- keit der Frage besondere Vorsicht erfordere. – Die Unterrichts- commission des Abgeordnetenhauses schloß sich dem Antrage ihres Berichterstatters an. VII. Mittlerweile sind aus privaten Kräften in Carlsruhe, Leipzig und Berlin Mädchengymnasien ins Leben gerufen worden. Der uns bekannte Verein „Frauenbildungs-Reform “ hat am 16. September 1893 zu Carlsruhe ein von ihm begründetes Mädchengymnasium eröffnet und damit die zweite, positive Hälfte seines Programms, neben seiner agitatorischen Thätig- keit, verwirklicht. Die Wahl traf auf Carlsruhe, weil die badischen Staats- behörden und der badische Landtag in hervorragender Weise ihr Wohlwollen für die Reform bekundet hatten. Die Carlsruher Stadtbehörde bewies ihrerseits ein freundliches Entgegenkommen auch durch die That, indem sie ein geeignetes Schullocal ge- währte. Mitglieder des badischen Oberschulrathes wohnten neben den Vertretern der Stadt und der Carlsruher Unterrichts- anstalten dem Einweihungsacte bei. Das Mädchengymnasium verfolgt den Zweck, Mädchen dieselbe Schulbildung zugänglich zu machen, die den Knaben auf den humanistischen Gymnasien geboten wird. Der Lehr- plan nähert sich dem Lehrplan des Knabengymnasiums, aber seine Verschiedenheit ist darin begründet, daß man den Eltern nicht zumuthen kann, die Entscheidung über den Bildungsgang ihrer Töchter zu früh zu treffen. Daher nimmt das Mädchen-

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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/54>, abgerufen am 28.03.2024.