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Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

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Volturio.
Wie ich dich wünschte, Freund, so find' ich dich!
Coriolan.
Volturio! Verloschen ist mein Ruhm!
Der Rache Becher hab' ich nicht geleert,
Dem Bunde treu, der Volsker Heil bedacht;
Doch den Verräther nennt mich einst die Nachwelt,
Der Römer fluchet mir, mir flucht der Volsker -- --
Soll dies Gefühl zum Orcus mich begleiten,
Dahin, wo dann kein Tod als Retter mir
Erscheint?! Kein Tod!! Vernichtet mich, ihr Götter!!
O wehe! wehe mir! So end' ich! wehe!
Volturio.
Kann Lob und Tadel einen Mann erschüttern,
Der im Bewußtseyn stark und groß sich fühlt?
Bewußtseyn folgt dir zu den Schatten nach --
Dort würdigst du mit Ruhe jenes Urtheil,
Vom Irrthum nur, und Leidenschaft erzeugt.
Coriolan.
Volturio! Du sprachst ein wahres Wort.
Es ist des Nachruhms helle Flammensäule
Ein eitler Flitterglanz, an dem ein Knabe
Sich nur ergötzen mag! Die nach ihm laufen,
Und die ihn spenden -- nun, bey'm Jupiter,
Sind beyde ein erbärmliches Geschlecht!
Wer möchte drum sich kümmern? Ha, die Menschen!
Zum Hasse sind sie viel zu klein, man soll
Sie bloß verachten. O wohl dem, der endlich
Volturio.
Wie ich dich wünſchte, Freund, ſo find’ ich dich!
Coriolan.
Volturio! Verloſchen iſt mein Ruhm!
Der Rache Becher hab’ ich nicht geleert,
Dem Bunde treu, der Volsker Heil bedacht;
Doch den Verräther nennt mich einſt die Nachwelt,
Der Römer fluchet mir, mir flucht der Volsker — —
Soll dies Gefühl zum Orcus mich begleiten,
Dahin, wo dann kein Tod als Retter mir
Erſcheint?! Kein Tod!! Vernichtet mich, ihr Götter!!
O wehe! wehe mir! So end’ ich! wehe!
Volturio.
Kann Lob und Tadel einen Mann erſchüttern,
Der im Bewußtſeyn ſtark und groß ſich fühlt?
Bewußtſeyn folgt dir zu den Schatten nach —
Dort würdigſt du mit Ruhe jenes Urtheil,
Vom Irrthum nur, und Leidenſchaft erzeugt.
Coriolan.
Volturio! Du ſprachſt ein wahres Wort.
Es iſt des Nachruhms helle Flammenſäule
Ein eitler Flitterglanz, an dem ein Knabe
Sich nur ergötzen mag! Die nach ihm laufen,
Und die ihn ſpenden — nun, bey’m Jupiter,
Sind beyde ein erbärmliches Geſchlecht!
Wer möchte drum ſich kümmern? Ha, die Menſchen!
Zum Haſſe ſind ſie viel zu klein, man ſoll
Sie bloß verachten. O wohl dem, der endlich
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[138/0146] Volturio. Wie ich dich wünſchte, Freund, ſo find’ ich dich! Coriolan. Volturio! Verloſchen iſt mein Ruhm! Der Rache Becher hab’ ich nicht geleert, Dem Bunde treu, der Volsker Heil bedacht; Doch den Verräther nennt mich einſt die Nachwelt, Der Römer fluchet mir, mir flucht der Volsker — — Soll dies Gefühl zum Orcus mich begleiten, Dahin, wo dann kein Tod als Retter mir Erſcheint?! Kein Tod!! Vernichtet mich, ihr Götter!! O wehe! wehe mir! So end’ ich! wehe! Volturio. Kann Lob und Tadel einen Mann erſchüttern, Der im Bewußtſeyn ſtark und groß ſich fühlt? Bewußtſeyn folgt dir zu den Schatten nach — Dort würdigſt du mit Ruhe jenes Urtheil, Vom Irrthum nur, und Leidenſchaft erzeugt. Coriolan. Volturio! Du ſprachſt ein wahres Wort. Es iſt des Nachruhms helle Flammenſäule Ein eitler Flitterglanz, an dem ein Knabe Sich nur ergötzen mag! Die nach ihm laufen, Und die ihn ſpenden — nun, bey’m Jupiter, Sind beyde ein erbärmliches Geſchlecht! Wer möchte drum ſich kümmern? Ha, die Menſchen! Zum Haſſe ſind ſie viel zu klein, man ſoll Sie bloß verachten. O wohl dem, der endlich

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Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/146>, abgerufen am 29.03.2024.