Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

Bild:
<< vorherige Seite

der Teppiche und Decken hatten einen ernsten, schwarz-
braunen Ton angenommen.

Lydia hatte die Lampe auf den kleinen, runden
Tisch gestellt, der, umgeben von einer Fauteuils-
Corona, vor dem Sopha an der gegenüberliegenden
Breitseite des Zimmers stand.

"Ich muß doch wohl für etwas mehr Licht
sorgen --"

"Wenn ich bitten darf, gnädige Frau ... diese
Lichtstimmung ... es ist so poetisch, dieses Zu-
sammenfließen von Hell und Dunkel --"

"Ja? Nun ... dann ... Ich habe diese Be-
leuchtung auch sehr gern ... gerade dieses clair-
obscur
... Aber modern ... "modern" ist es doch
eigentlich kaum, Herr Doctor ... So mittel-
alterlich ... so romantisch ... Nun suchen Sie sich
bitte einen Fauteuil aus ... und dann will ich
den Thee bestellen ... oder ... oder -- Emma wird
ihn allerdings schon bereitet haben ... aber das
thut ja nichts ... sie mag ihn 'mal selbst probiren --
ich schlage vor, Herr Doctor, daß wir unsere erste
Sitzung mit einem Glase Steinberger Cabinet ein-
weihen -- ja ..?"

"Gnädige Frau -- ich ... meinetwegen --"

"Jetzt ist er schon so weit, daß er ,meinet-
wegen' sagt!" fiel Frau Lange neckisch ein. "Diese
Gnade, lieber Doctor! ... Ich danke Ihnen! ..."

"Ich bitte ... Sie haben mich mißverstanden,
gnädige Frau ..."

Lydia schellte. Ein Diener trat ein.

9*

der Teppiche und Decken hatten einen ernſten, ſchwarz-
braunen Ton angenommen.

Lydia hatte die Lampe auf den kleinen, runden
Tiſch geſtellt, der, umgeben von einer Fauteuils-
Corona, vor dem Sopha an der gegenüberliegenden
Breitſeite des Zimmers ſtand.

„Ich muß doch wohl für etwas mehr Licht
ſorgen —“

„Wenn ich bitten darf, gnädige Frau ... dieſe
Lichtſtimmung ... es iſt ſo poetiſch, dieſes Zu-
ſammenfließen von Hell und Dunkel —“

„Ja? Nun ... dann ... Ich habe dieſe Be-
leuchtung auch ſehr gern ... gerade dieſes clair-
obscur
... Aber modern ... „modern“ iſt es doch
eigentlich kaum, Herr Doctor ... So mittel-
alterlich ... ſo romantiſch ... Nun ſuchen Sie ſich
bitte einen Fauteuil aus ... und dann will ich
den Thee beſtellen ... oder ... oder — Emma wird
ihn allerdings ſchon bereitet haben ... aber das
thut ja nichts ... ſie mag ihn 'mal ſelbſt probiren —
ich ſchlage vor, Herr Doctor, daß wir unſere erſte
Sitzung mit einem Glaſe Steinberger Cabinet ein-
weihen — ja ..?“

„Gnädige Frau — ich ... meinetwegen —“

„Jetzt iſt er ſchon ſo weit, daß er ‚meinet-
wegen‘ ſagt!“ fiel Frau Lange neckiſch ein. „Dieſe
Gnade, lieber Doctor! ... Ich danke Ihnen! ...“

„Ich bitte ... Sie haben mich mißverſtanden,
gnädige Frau ...“

Lydia ſchellte. Ein Diener trat ein.

9*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0139" n="131"/>
der Teppiche und Decken hatten einen ern&#x017F;ten, &#x017F;chwarz-<lb/>
braunen Ton angenommen.</p><lb/>
        <p>Lydia hatte die Lampe auf den kleinen, runden<lb/>
Ti&#x017F;ch ge&#x017F;tellt, der, umgeben von einer Fauteuils-<lb/>
Corona, vor dem Sopha an der gegenüberliegenden<lb/>
Breit&#x017F;eite des Zimmers &#x017F;tand.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich muß doch wohl für etwas mehr Licht<lb/>
&#x017F;orgen &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn ich bitten darf, gnädige Frau ... <hi rendition="#g">die&#x017F;e</hi><lb/>
Licht&#x017F;timmung ... es i&#x017F;t &#x017F;o poeti&#x017F;ch, die&#x017F;es Zu-<lb/>
&#x017F;ammenfließen von Hell und Dunkel &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja? Nun ... dann ... Ich habe die&#x017F;e Be-<lb/>
leuchtung auch &#x017F;ehr gern ... gerade die&#x017F;es <hi rendition="#aq">clair-<lb/>
obscur</hi> ... Aber modern ... &#x201E;modern&#x201C; i&#x017F;t es doch<lb/>
eigentlich kaum, Herr Doctor ... So mittel-<lb/>
alterlich ... &#x017F;o romanti&#x017F;ch ... Nun &#x017F;uchen Sie &#x017F;ich<lb/>
bitte einen Fauteuil aus ... und dann will ich<lb/>
den Thee be&#x017F;tellen ... oder ... oder &#x2014; Emma wird<lb/>
ihn allerdings &#x017F;chon bereitet haben ... aber das<lb/>
thut ja nichts ... &#x017F;ie mag ihn 'mal &#x017F;elb&#x017F;t probiren &#x2014;<lb/>
ich &#x017F;chlage vor, Herr Doctor, daß wir un&#x017F;ere er&#x017F;te<lb/>
Sitzung mit einem Gla&#x017F;e Steinberger Cabinet ein-<lb/>
weihen &#x2014; ja ..?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gnädige Frau &#x2014; ich ... meinetwegen &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jetzt i&#x017F;t er &#x017F;chon &#x017F;o weit, daß er &#x201A;meinet-<lb/>
wegen&#x2018; &#x017F;agt!&#x201C; fiel Frau Lange necki&#x017F;ch ein. &#x201E;Die&#x017F;e<lb/>
Gnade, lieber Doctor! ... Ich danke Ihnen! ...&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bitte ... Sie haben mich mißver&#x017F;tanden,<lb/>
gnädige Frau ...&#x201C;</p><lb/>
        <p>Lydia &#x017F;chellte. Ein Diener trat ein.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">9*</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0139] der Teppiche und Decken hatten einen ernſten, ſchwarz- braunen Ton angenommen. Lydia hatte die Lampe auf den kleinen, runden Tiſch geſtellt, der, umgeben von einer Fauteuils- Corona, vor dem Sopha an der gegenüberliegenden Breitſeite des Zimmers ſtand. „Ich muß doch wohl für etwas mehr Licht ſorgen —“ „Wenn ich bitten darf, gnädige Frau ... dieſe Lichtſtimmung ... es iſt ſo poetiſch, dieſes Zu- ſammenfließen von Hell und Dunkel —“ „Ja? Nun ... dann ... Ich habe dieſe Be- leuchtung auch ſehr gern ... gerade dieſes clair- obscur ... Aber modern ... „modern“ iſt es doch eigentlich kaum, Herr Doctor ... So mittel- alterlich ... ſo romantiſch ... Nun ſuchen Sie ſich bitte einen Fauteuil aus ... und dann will ich den Thee beſtellen ... oder ... oder — Emma wird ihn allerdings ſchon bereitet haben ... aber das thut ja nichts ... ſie mag ihn 'mal ſelbſt probiren — ich ſchlage vor, Herr Doctor, daß wir unſere erſte Sitzung mit einem Glaſe Steinberger Cabinet ein- weihen — ja ..?“ „Gnädige Frau — ich ... meinetwegen —“ „Jetzt iſt er ſchon ſo weit, daß er ‚meinet- wegen‘ ſagt!“ fiel Frau Lange neckiſch ein. „Dieſe Gnade, lieber Doctor! ... Ich danke Ihnen! ...“ „Ich bitte ... Sie haben mich mißverſtanden, gnädige Frau ...“ Lydia ſchellte. Ein Diener trat ein. 9*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/139
Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/139>, abgerufen am 29.03.2024.