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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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und Aufopferung in Anspruch nehmen. Aber wer
sich dadurch berechtigt hält, davon abzustehen, der hat
überhaupt auf alles christliche Heil zu verzichten; es
ist nur zu erringen um den Preis von Mühe und
Anstrengung; "das Himmelreich," sagt der Herr,
"leidet Gewalt und nur die, welche Gewalt brauchen,
reißen es an sich."

Worum handelt es sich endlich bei einem christ-
lichen Vater? Darum, daß er das, was der heil.
Glaube mißbilligt und verbietet, gewissenhaft zu mei-
den suche; darum, daß er darauf bedacht sei, die
Pflichten des christlichen Lebens zu erfüllen, seine
Tugenden zu üben. Nun, das muß ja eben jeder
Christ thun, wenn er sein Heil wirken will. Thut
aber ein Vater das, so ist er eben dadurch ein guter
christlicher Vater; er thut also eben nur, was er als
Christ thun muß. Ist ihm das nicht möglich? Ist
es ihm denn nicht möglich, als Christ zu handeln?
Wer also kann sich davon entschuldigen? Wer Un-
möglichkeit vorschützen?

Doch seien wir gerecht!

Die Forderung also, daß jeglicher Vater ein
wahrhaft christlicher Vater sei, kann nicht bemängelt
werden; behaupten wollen, jene Frömmigkeit, wie wir
sie für einen Vater in Anspruch nehmen, lasse sich
nicht wohl zur Ausführung bringen oder sie stehe
dem Manne nicht wohl an, heißt wider Vernunft
und Glauben streiten.

Dennoch kann es nicht verkannt werden, daß die
Uebung einer solchen Frömmigkeit, wie sie für einen
Vater in Anspruch genommen werden muß, für den-
selben nach Umständen ihre besondern Schwierigkei-

und Aufopferung in Anspruch nehmen. Aber wer
sich dadurch berechtigt hält, davon abzustehen, der hat
überhaupt auf alles christliche Heil zu verzichten; es
ist nur zu erringen um den Preis von Mühe und
Anstrengung; „das Himmelreich,“ sagt der Herr,
„leidet Gewalt und nur die, welche Gewalt brauchen,
reißen es an sich.“

Worum handelt es sich endlich bei einem christ-
lichen Vater? Darum, daß er das, was der heil.
Glaube mißbilligt und verbietet, gewissenhaft zu mei-
den suche; darum, daß er darauf bedacht sei, die
Pflichten des christlichen Lebens zu erfüllen, seine
Tugenden zu üben. Nun, das muß ja eben jeder
Christ thun, wenn er sein Heil wirken will. Thut
aber ein Vater das, so ist er eben dadurch ein guter
christlicher Vater; er thut also eben nur, was er als
Christ thun muß. Ist ihm das nicht möglich? Ist
es ihm denn nicht möglich, als Christ zu handeln?
Wer also kann sich davon entschuldigen? Wer Un-
möglichkeit vorschützen?

Doch seien wir gerecht!

Die Forderung also, daß jeglicher Vater ein
wahrhaft christlicher Vater sei, kann nicht bemängelt
werden; behaupten wollen, jene Frömmigkeit, wie wir
sie für einen Vater in Anspruch nehmen, lasse sich
nicht wohl zur Ausführung bringen oder sie stehe
dem Manne nicht wohl an, heißt wider Vernunft
und Glauben streiten.

Dennoch kann es nicht verkannt werden, daß die
Uebung einer solchen Frömmigkeit, wie sie für einen
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selben nach Umständen ihre besondern Schwierigkei-

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[56/0059] und Aufopferung in Anspruch nehmen. Aber wer sich dadurch berechtigt hält, davon abzustehen, der hat überhaupt auf alles christliche Heil zu verzichten; es ist nur zu erringen um den Preis von Mühe und Anstrengung; „das Himmelreich,“ sagt der Herr, „leidet Gewalt und nur die, welche Gewalt brauchen, reißen es an sich.“ Worum handelt es sich endlich bei einem christ- lichen Vater? Darum, daß er das, was der heil. Glaube mißbilligt und verbietet, gewissenhaft zu mei- den suche; darum, daß er darauf bedacht sei, die Pflichten des christlichen Lebens zu erfüllen, seine Tugenden zu üben. Nun, das muß ja eben jeder Christ thun, wenn er sein Heil wirken will. Thut aber ein Vater das, so ist er eben dadurch ein guter christlicher Vater; er thut also eben nur, was er als Christ thun muß. Ist ihm das nicht möglich? Ist es ihm denn nicht möglich, als Christ zu handeln? Wer also kann sich davon entschuldigen? Wer Un- möglichkeit vorschützen? Doch seien wir gerecht! Die Forderung also, daß jeglicher Vater ein wahrhaft christlicher Vater sei, kann nicht bemängelt werden; behaupten wollen, jene Frömmigkeit, wie wir sie für einen Vater in Anspruch nehmen, lasse sich nicht wohl zur Ausführung bringen oder sie stehe dem Manne nicht wohl an, heißt wider Vernunft und Glauben streiten. Dennoch kann es nicht verkannt werden, daß die Uebung einer solchen Frömmigkeit, wie sie für einen Vater in Anspruch genommen werden muß, für den- selben nach Umständen ihre besondern Schwierigkei-

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/59>, abgerufen am 19.03.2024.