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Crüger, Peter: Cupediæ Astrosophicæ. Breslau, 1631.

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die Kälte desto kräfftiger ist/ vnd vns desto hefftiger schneidet. Solchen stren der
hitz vnd kälte nennen die Philosophi antiperisasin. Welche gleicherweise sich
auch an den Kellern vnd Gewelben erzeiget/ als welche im Sommer kühle/ im
Winter warm sind/ darumb/ das im Sommer die Kälte von der Sonnen gantz
vnd gar auß der Lufft vertrieben sich in die verborgene örter/ da der Sonnen stra-
len nicht hinkommen können/ verkriechen vnd da zusammen halten muß: Jm
Winter aber muß gleicherweise die Wärme der überhand nehmenden Kälte
weichen. Auch ist solchs zu spüren an den Thälern/ welche/ weil sie von der Son-
nen nicht also/ wie das Gebirge oder ander raum/ können beleuchtet vnd erfüllet
werden/ deß Sommers recht kühle sind. Auß solcher antiperistasi entstehet
auch deß Morgens der Reiff/ nicht allein vor/ sondern auch mit vnnd nach der
Sonnen Auffgang/ an denen Orten nemlich/ die von der Sonnen nicht können
beleuchtet werden.

VI.
Ob im rechten Norden vnter dem Polo, also auch vnterm
Süd Polo, der Erdboden könne für grosser Kälte
bewohnet werden?

ES ist von den Alten Cosmographis der Erdboden in fünff Kreiße oder
Zonas abgetheilet. Der erste Kreiß oder Zona ist das theil deß Erdbodens/
welchs zwischen beiden Tropicis, Cancri vnd Capricorni, rings vmb gelegen
vnd in der mitten vom AEquinoctial oder der Mittel Lini ringsvmb gespalten
wird. vnd diese Zona wird genant Torrida: darumb das die Sonne daselbst
von aller höhe herunter leuchtende die Lufft vnnd Erde durch übermäßige Hitze
gleichsamb außdorret. Nach dieser Zona folgt zu jeglicher seiten deß Erdbodens
eine andere/ die sich in die breite erstreckt von den Tropicis biß an die Circulos
Polares.
Dieselben beiden Zonae werden Temperatae genant/ darumb das in
denselben die Sonne so hoch nicht auffsteiget/ sondern mit mittelmässiger abge-
wechselter Höhe ein bequemes temperament der Hitz vnd Kälte vervrsachet.
Jn solcher Temperirter Kreiße einem/ nemlich in septentrionali, der von der
Zona torrida Nordwerts gelegen/ wohnen auch wir vnd alle die in Europa vnd
weiter hinauff biß an die Polus höhe von 661/2 grad leben. Endlich was hinder
diesen Zonis temperatis zirckelförmlich vmb beide Polos liegend übrig ist/ das
wird beiderseits Zona frigida genant/ darumb das daselbst die Sonne im Som-
mer zum höchsten (admissa etiam refractione 11/2 gr.) nur 25 grad hoch stei-
gen kan/ vnd deß Winters gar nicht herfür kömpt/ sondern die Nacht ein halbes
Jahr wehret/ daher in denselben Kreißen eine grimmige Kält vervrsacht wird/

wie
B b ij

die Kaͤlte deſto kraͤfftiger iſt/ vnd vns deſto hefftiger ſchneidet. Solchen ſtren der
hitz vnd kaͤlte nennen die Philoſophi αντιϖεϱίςασιν. Welche gleicherweiſe ſich
auch an den Kellern vnd Gewelben erzeiget/ als welche im Sommer kuͤhle/ im
Winter warm ſind/ darumb/ das im Som̃er die Kaͤlte von der Sonnen gantz
vnd gar auß der Lufft vertrieben ſich in die verborgene oͤrter/ da der Soñen ſtra-
len nicht hinkommen koͤnnen/ verkriechen vnd da zuſammen halten muß: Jm
Winter aber muß gleicherweiſe die Waͤrme der uͤberhand nehmenden Kaͤlte
weichen. Auch iſt ſolchs zu ſpuͤren an den Thaͤlern/ welche/ weil ſie von der Son-
nen nicht alſo/ wie das Gebirge oder ander raum/ koͤnnen beleuchtet vnd erfuͤllet
werden/ deß Sommers recht kuͤhle ſind. Auß ſolcher antiperiſtaſi entſtehet
auch deß Morgens der Reiff/ nicht allein vor/ ſondern auch mit vnnd nach der
Sonnen Auffgang/ an denen Orten nemlich/ die von der Sonnen nicht koͤnnen
beleuchtet werden.

VI.
Ob im rechten Norden vnter dem Polo, alſo auch vnterm
Suͤd Polo, der Erdboden koͤnne fuͤr groſſer Kaͤlte
bewohnet werden?

ES iſt von den Alten Coſmographis der Erdboden in fuͤnff Kreiße oder
Zonas abgetheilet. Der erſte Kreiß oder Zona iſt das theil deß Erdbodens/
welchs zwiſchen beiden Tropicis, Cancri vnd Capricorni, rings vmb gelegen
vnd in der mitten vom Æquinoctial oder der Mittel Lini ringsvmb geſpalten
wird. vnd dieſe Zona wird genant Torrida: darumb das die Sonne daſelbſt
von aller hoͤhe herunter leuchtende die Lufft vnnd Erde durch uͤbermaͤßige Hitze
gleichſamb außdorret. Nach dieſer Zona folgt zu jeglicher ſeiten deß Erdbodens
eine andere/ die ſich in die breite erſtreckt von den Tropicis biß an die Circulos
Polares.
Dieſelben beiden Zonæ werden Temperatæ genant/ darumb das in
denſelben die Sonne ſo hoch nicht auffſteiget/ ſondern mit mittelmaͤſſiger abge-
wechſelter Hoͤhe ein bequemes temperament der Hitz vnd Kaͤlte vervrſachet.
Jn ſolcher Temperirter Kreiße einem/ nemlich in ſeptentrionali, der von der
Zona torrida Nordwerts gelegen/ wohnen auch wir vnd alle die in Europa vnd
weiter hinauff biß an die Polus hoͤhe von 66½ grad leben. Endlich was hinder
dieſen Zonis temperatis zirckelfoͤrmlich vmb beide Polos liegend uͤbrig iſt/ das
wird beiderſeits Zona frigida genant/ darumb das daſelbſt die Soñe im Som-
mer zum hoͤchſten (admiſsâ etiam refractione 1½ gr.) nur 25 grad hoch ſtei-
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Jahr wehret/ daher in denſelben Kreißen eine grimmige Kaͤlt vervrſacht wird/

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Zitationshilfe: Crüger, Peter: Cupediæ Astrosophicæ. Breslau, 1631, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/crueger_cupediae_1631/213>, abgerufen am 29.03.2024.