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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Die dreyzehende Predigt/
de/ umb seines allerliebsten Sohnes unsers hochverdienten Heylan-
des Jesu Christi willen/ Amen!

EKsEGESIS.

MEine Geliebte im Herrn/ als die Jüden ver-
nommen/ daß der wahre Gotteshienst nicht auff blossen eus-
serlichen Eeremonien beruhete/ sondern innerliche Andacht
des Hertzens erforderte/ dahero das jenige/ was auff Levitische
Art/ und nach der Weise des alten Testaments heilig war/ das Ge-
meine nicht heiligte/ hingegen das Gemeine das Heilige selbst
entweihete und besudelte/ hetten sie leicht auff diese Gedancken ge-
rathen können: Jst dem also/ ie was hilfft uns denn unser Arbeit/
und warumb richten wir den Tempel wieder auff/ da es doch solcher
Gestalt nichts nützet? Diß alles lehret der Prophet gar sein/ und
deutet an/ daß/ ob wol die Religion in Mauren und Häuser bawen
nicht bestünde/ so were es doch des Herrn Befehl/ daß sie an die-
sem Orte zusammen kommen/ und des Gottesdiensts pflegen solten/
welches ihnen selbst zum besten also verordnet/ daß sie durch solche
Figur des irrdischen Tempels/ auff die geistliche/ himmlische und e-
wige Güter geweiset/ und geleitet würden. Solten demnach im
Baw fortfahren/ und sich daran nichts verhindern lassen. Daß
solches desto grössern Nachdruck haben/ und den Jüden das Hertz
rühren möchte/ redet der Mann Gottes gar beweglich von dieser
Sache/ und erinnert sie zu förderst/ was vor Vngemach/ und vor
Vnsegen sie durch ihre Nachlässigkeit ihnen hatten auff den Halß
gezogen/ auch wie sie noch darzu sich darbey gantz ungebührlich ver-
halten hetten.

I.
prophetica
Exhortatio.

Wird also vors Erste in unserm Text uns vorgestellet/ Pro-
phetica exhortatio,
eine Prophetische Ermahnung/ welche in fol-
genden Worten verfasset ist: Vnd nun schawet/ wie es euch
gegangen ist/ von diesem Tage an/ und zuvor/ ehe dann
ein Stein auff den andern gelegt ward am Tempel des
HERRN.


Es

Die dreyzehende Predigt/
de/ umb ſeines allerliebſten Sohnes unſers hochverdienten Heylan-
des Jeſu Chriſti willen/ Amen!

ΕΞΗΓΗΣΙΣ.

MEine Geliebte im Herrn/ als die Juͤden ver-
nommen/ daß der wahre Gotteshienſt nicht auff bloſſẽ euſ-
ſerlichen Eeremonien beruhete/ ſondern innerliche Andacht
des Hertzens erforderte/ dahero das jenige/ was auff Levitiſche
Art/ und nach der Weiſe des alten Teſtaments heilig war/ das Ge-
meine nicht heiligte/ hingegen das Gemeine das Heilige ſelbſt
entweihete und beſudelte/ hetten ſie leicht auff dieſe Gedancken ge-
rathen koͤnnen: Jſt dem alſo/ ie was hilfft uns denn unſer Arbeit/
und warumb richten wir den Tempel wieder auff/ da es doch ſolcher
Geſtalt nichts nuͤtzet? Diß alles lehret der Prophet gar ſein/ und
deutet an/ daß/ ob wol die Religion in Mauren und Haͤuſer bawen
nicht beſtuͤnde/ ſo were es doch des Herrn Befehl/ daß ſie an die-
ſem Orte zuſammen kommen/ und des Gottesdienſts pflegen ſolten/
welches ihnen ſelbſt zum beſten alſo verordnet/ daß ſie durch ſolche
Figur des irrdiſchen Tempels/ auff die geiſtliche/ himmliſche und e-
wige Guͤter geweiſet/ und geleitet wuͤrden. Solten demnach im
Baw fortfahren/ und ſich daran nichts verhindern laſſen. Daß
ſolches deſto groͤſſern Nachdruck haben/ und den Jüden das Hertz
ruͤhren moͤchte/ redet der Mann Gottes gar beweglich von dieſer
Sache/ und erinnert ſie zu foͤrderſt/ was vor Vngemach/ und vor
Vnſegen ſie durch ihre Nachläſſigkeit ihnen hatten auff den Halß
gezogen/ auch wie ſie noch darzu ſich darbey gantz ungebuͤhrlich ver-
halten hetten.

I.
prophetica
Exhortatio.

Wird alſo vors Erſte in unſerm Text uns vorgeſtellet/ Pro-
phetica exhortatio,
eine Prophetiſche Ermahnung/ welche in fol-
genden Worten verfaſſet iſt: Vnd nun ſchawet/ wie es euch
gegangen iſt/ von dieſem Tage an/ und zuvor/ ehe dann
ein Stein auff den andern gelegt ward am Tempel des
HERRN.


Es
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[234/0254] Die dreyzehende Predigt/ de/ umb ſeines allerliebſten Sohnes unſers hochverdienten Heylan- des Jeſu Chriſti willen/ Amen! ΕΞΗΓΗΣΙΣ. MEine Geliebte im Herrn/ als die Juͤden ver- nommen/ daß der wahre Gotteshienſt nicht auff bloſſẽ euſ- ſerlichen Eeremonien beruhete/ ſondern innerliche Andacht des Hertzens erforderte/ dahero das jenige/ was auff Levitiſche Art/ und nach der Weiſe des alten Teſtaments heilig war/ das Ge- meine nicht heiligte/ hingegen das Gemeine das Heilige ſelbſt entweihete und beſudelte/ hetten ſie leicht auff dieſe Gedancken ge- rathen koͤnnen: Jſt dem alſo/ ie was hilfft uns denn unſer Arbeit/ und warumb richten wir den Tempel wieder auff/ da es doch ſolcher Geſtalt nichts nuͤtzet? Diß alles lehret der Prophet gar ſein/ und deutet an/ daß/ ob wol die Religion in Mauren und Haͤuſer bawen nicht beſtuͤnde/ ſo were es doch des Herrn Befehl/ daß ſie an die- ſem Orte zuſammen kommen/ und des Gottesdienſts pflegen ſolten/ welches ihnen ſelbſt zum beſten alſo verordnet/ daß ſie durch ſolche Figur des irrdiſchen Tempels/ auff die geiſtliche/ himmliſche und e- wige Guͤter geweiſet/ und geleitet wuͤrden. Solten demnach im Baw fortfahren/ und ſich daran nichts verhindern laſſen. Daß ſolches deſto groͤſſern Nachdruck haben/ und den Jüden das Hertz ruͤhren moͤchte/ redet der Mann Gottes gar beweglich von dieſer Sache/ und erinnert ſie zu foͤrderſt/ was vor Vngemach/ und vor Vnſegen ſie durch ihre Nachläſſigkeit ihnen hatten auff den Halß gezogen/ auch wie ſie noch darzu ſich darbey gantz ungebuͤhrlich ver- halten hetten. Wird alſo vors Erſte in unſerm Text uns vorgeſtellet/ Pro- phetica exhortatio, eine Prophetiſche Ermahnung/ welche in fol- genden Worten verfaſſet iſt: Vnd nun ſchawet/ wie es euch gegangen iſt/ von dieſem Tage an/ und zuvor/ ehe dann ein Stein auff den andern gelegt ward am Tempel des HERRN. Es

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/254>, abgerufen am 29.03.2024.