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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Die andere Predigt/
waren in dem Eigen Nutz egantz ersoffen/ darzu so war dis ihr Be-
helff/ daß sie vorwendeten/ es were die Zeit noch nicht kommen/ da
man könte/ oder soite das Haus des HERRN auffrichten.

Wider dieselbigen wird in dem verlesenen Text geprediget/ zu
Propositio.
Haggaeum
folia ficaus
Judaeis de-
trabentem.
dessen Erklärung wir uns nunmtehr wenden. Lasset uns demnoch
in der Furcht des Herrn anschawen und betrachten/ Haggaeum
folia ficaus Judaeis detrahentem:
Den Propheten Haggai/
wie er diese Feigenbletter von denen Jüden wegnimmet/
und auff ihr Einwenden antwortet.
Davon wollen wir
kürtzlich reden.

Ewre Christliche Liebe bereite Hertzen und Ohren zu fleissiger
und beharrlicher Auffmerckung. GOTT aber stehe uns bey mit
seiner Gnade/ umb unsers hochverdienten Heylandes Jesv
Chrjsti willen/ Amen.

EKsEGESIS.

MEine Geliebte im Herrn: Es ligt viel daran/ was einer
für ein Ankommen hat/ wenn er ein as wil auff die Bahn
bringen/ und wird bald nachgefraget/ ob er für sich selbst/
oder für einen andern rede; Hat ein ander ihn abgeferti-
get/ so ist zu wissen/ wer derselbige sey/ und muß der Abgefertigte sei-
ne Person (wie man zu sagen pflegt) legirimiren, sonst wird er abge-
weiset/ und bestehet offters sehr übel. Gehet die Sache einen hohen
Potentaten an/ so ist zumal damit nicht zu schertzen: wolte an dessel-
bigen stat/ und in seinem Namen iemand etwas ohne Befehl han-
deln/ würde ers nicht treffen/ sondern sich muthwillig in grosse Vn-
gelegenheit bringen/ und ein schlechtes gratial davon tragen. So
nun für der Welt dieses alles so genaw wird in acht genommen/ wie
vielmehr ist es für GOtt dem Herrn zu beobachten/ für dessen
Worthalter sich niemand sol ausgeben/ er sey denn rechtmessiger
Weise zu diesem Ampt beruffen und bestellet. Wie dieses ins ge-
mein wahr ist/ also findet es insonderheit statt in solchem Fall/ da ei-

net

Die andere Predigt/
waren in dem Eigen Nutz egantz erſoffen/ darzu ſo war dis ihr Be-
helff/ daß ſie vorwendeten/ es were die Zeit noch nicht kommen/ da
man koͤnte/ oder ſoite das Haus des HERRN auffrichten.

Wider dieſelbigen wird in dem verleſenen Text geprediget/ zu
Propoſitio.
Haggæum
folia ficûs
Judæis de-
trabentem.
deſſen Erklaͤrung wir uns nunmtehr wenden. Laſſet uns demnoch
in der Furcht des Herrn anſchawen und betrachten/ Haggæum
folia ficûs Judæis detrahentem:
Den Propheten Haggai/
wie er dieſe Feigenbletter von denen Juͤden wegnimmet/
und auff ihr Einwenden antwortet.
Davon wollen wir
kuͤrtzlich reden.

Ewre Chriſtliche Liebe bereite Hertzen und Ohren zu fleiſſiger
und beharrlicher Auffmerckung. GOTT aber ſtehe uns bey mit
ſeiner Gnade/ umb unſers hochverdienten Heylandes Jeſv
Chrjſti willen/ Amen.

ΕΞΗΓΗΣΙΣ.

MEine Geliebte im Herrn: Es ligt viel daran/ was einer
fuͤr ein Ankommen hat/ wenn er ein as wil auff die Bahn
bringen/ und wird bald nachgefraget/ ob er fuͤr ſich ſelbſt/
oder fuͤr einen andern rede; Hat ein ander ihn abgeferti-
get/ ſo iſt zu wiſſen/ wer derſelbige ſey/ und muß der Abgefertigte ſei-
ne Perſon (wie man zu ſagen pflegt) legirimiren, ſonſt wird er abge-
weiſet/ und beſtehet offters ſehr uͤbel. Gehet die Sache einen hohen
Potentaten an/ ſo iſt zumal damit nicht zu ſchertzen: wolte an deſſel-
bigen ſtat/ und in ſeinem Namen iemand etwas ohne Befehl han-
deln/ wuͤrde ers nicht treffen/ ſondern ſich muthwillig in groſſe Vn-
gelegenheit bringen/ und ein ſchlechtes gratial davon tragen. So
nun fuͤr der Welt dieſes alles ſo genaw wird in acht genommen/ wie
vielmehr iſt es fuͤr GOtt dem Herrn zu beobachten/ fuͤr deſſen
Worthalter ſich niemand ſol ausgeben/ er ſey denn rechtmeſſiger
Weiſe zu dieſem Ampt beruffen und beſtellet. Wie dieſes ins ge-
mein wahr iſt/ alſo findet es inſonderheit ſtatt in ſolchem Fall/ da ei-

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[30/0050] Die andere Predigt/ waren in dem Eigen Nutz egantz erſoffen/ darzu ſo war dis ihr Be- helff/ daß ſie vorwendeten/ es were die Zeit noch nicht kommen/ da man koͤnte/ oder ſoite das Haus des HERRN auffrichten. Wider dieſelbigen wird in dem verleſenen Text geprediget/ zu deſſen Erklaͤrung wir uns nunmtehr wenden. Laſſet uns demnoch in der Furcht des Herrn anſchawen und betrachten/ Haggæum folia ficûs Judæis detrahentem: Den Propheten Haggai/ wie er dieſe Feigenbletter von denen Juͤden wegnimmet/ und auff ihr Einwenden antwortet. Davon wollen wir kuͤrtzlich reden. Propoſitio. Haggæum folia ficûs Judæis de- trabentem. Ewre Chriſtliche Liebe bereite Hertzen und Ohren zu fleiſſiger und beharrlicher Auffmerckung. GOTT aber ſtehe uns bey mit ſeiner Gnade/ umb unſers hochverdienten Heylandes Jeſv Chrjſti willen/ Amen. ΕΞΗΓΗΣΙΣ. MEine Geliebte im Herrn: Es ligt viel daran/ was einer fuͤr ein Ankommen hat/ wenn er ein as wil auff die Bahn bringen/ und wird bald nachgefraget/ ob er fuͤr ſich ſelbſt/ oder fuͤr einen andern rede; Hat ein ander ihn abgeferti- get/ ſo iſt zu wiſſen/ wer derſelbige ſey/ und muß der Abgefertigte ſei- ne Perſon (wie man zu ſagen pflegt) legirimiren, ſonſt wird er abge- weiſet/ und beſtehet offters ſehr uͤbel. Gehet die Sache einen hohen Potentaten an/ ſo iſt zumal damit nicht zu ſchertzen: wolte an deſſel- bigen ſtat/ und in ſeinem Namen iemand etwas ohne Befehl han- deln/ wuͤrde ers nicht treffen/ ſondern ſich muthwillig in groſſe Vn- gelegenheit bringen/ und ein ſchlechtes gratial davon tragen. So nun fuͤr der Welt dieſes alles ſo genaw wird in acht genommen/ wie vielmehr iſt es fuͤr GOtt dem Herrn zu beobachten/ fuͤr deſſen Worthalter ſich niemand ſol ausgeben/ er ſey denn rechtmeſſiger Weiſe zu dieſem Ampt beruffen und beſtellet. Wie dieſes ins ge- mein wahr iſt/ alſo findet es inſonderheit ſtatt in ſolchem Fall/ da ei- net

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/50>, abgerufen am 28.03.2024.