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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
Schauspiel/ da die Personen eine Weil auff dem theatro agiren/ spre-
chen/ handlen/ endlich wider abtretten/ und das theatrum quittiren und
leer lassen: Also gehe es auch im menschlichen Leben her/ da finden sich un-
terschiedliche actus: Die Kindheit/ die Jugend/ das männliche/ das hohe
Alter/ da ein ieder seine Stell/ König/ Bauren/ Herren und Knechte zu
versehen haben. Jst eben das/ was auch Epictetus in Enchir. cap. 20.
schreibet: Memento te esse actorem fabulae, Bedencke/ daß du eine Co-
moedi agiren helffest/ und nimm deine Person in acht! und Seneca ep. 77.
Audite juvenes, audite queruli senes; quomodo fabula sit vitae: non
quam diu, sed quam bene acta sit refert.
Höret ihr Jünglinge/ höret ihr
Alten/ euer Leben ist eine Comoedi! Es liget nicht daran/ ob einer lange/
sondern ob er wohl agirt habe? & ibid. tantum bonam clausulam impo-
ne,
mache nur einen guten Schluß und Ende. Ja es lässet Gott der
Heilige Geist selbst ihm dieses Gleichnüß belieben/ Psal. 90. da er unserPs. 90, 9.
Leben nennet hegeh, ein Geschwätz/ verstehe ein theatrisch Geschwätz/
Wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz.

II. Nach der comparation begehrt er auch das Vr-
theil von der gehaltenen
Comoediae, dann so gehets her bey einer
Comoedi: Der Actor suchet Ehre bey den Zuschauern/ redet sie würcklich
an und sagt: Wie hats euch gefallen? da dann die Spectatores von den Per-
sonen/ Habiten/ Auffzügen/ Gesprächen/ Gebärden judiciren/ einem den
Preiß geben/ den andern verachten: Also begehret auch Augustus zu wis-
sen/ wie er regiert/ gekrieget/ das Römische Reich in flor gebracht? Wir
Christen trachten auch nach dem judicio und Lob/ aber achten mit St.
Paulo den blossen Zungen-Lufft nicht/ sondern warten auff das judicium
Agonothetae & Comoediarchae,
auff das Lob des obersten Spiel-Her-
ren
Christi;

III. Judicii effectum, Die That so auff den Lob-
Spruch gefolget;
Plaudite, dote kroton, sagt Augustus, date plau-
sum,
Frolocket/ klopffet in die Hände für Freuden/ wann ich meine Käy-
serliche Person recht vertretten! Das ist der Heyden höchster Trost; Wir
Christen wissen bessers/ nemlich plaudite nicht nur humanum, nicht nur
das menschliche klopffen und frolocken/ so da ist der gute Nachschall und
Nachklopff einer ehrlichen parentation, Leich-Predigt/ etc. sondern plau-
sum bonae conscientiae,
den Lob-Schall eines guten Gewissens/ in wel-
chem das angenehme und freudige Echo erschallet/ wann ein wahrer

Christ
R r r 2

Predigt.
Schauſpiel/ da die Perſonen eine Weil auff dem theatro agiren/ ſpre-
chen/ handlen/ endlich wider abtretten/ und das theatrum quittiren und
leer laſſen: Alſo gehe es auch im menſchlichen Leben her/ da finden ſich un-
terſchiedliche actus: Die Kindheit/ die Jugend/ das maͤnnliche/ das hohe
Alter/ da ein ieder ſeine Stell/ Koͤnig/ Bauren/ Herren und Knechte zu
verſehen haben. Jſt eben das/ was auch Epictetus in Enchir. cap. 20.
ſchreibet: Memento te eſſe actorem fabulæ, Bedencke/ daß du eine Co-
mœdi agiren helffeſt/ und nimm deine Perſon in acht! und Seneca ep. 77.
Audite juvenes, audite queruli ſenes; quomodo fabula ſit vitæ: non
quam diu, ſed quam bene acta ſit refert.
Hoͤret ihr Juͤnglinge/ hoͤret ihr
Alten/ euer Leben iſt eine Comœdi! Es liget nicht daran/ ob einer lange/
ſondern ob er wohl agirt habe? & ibid. tantùm bonam clauſulam impo-
ne,
mache nur einen guten Schluß und Ende. Ja es laͤſſet Gott der
Heilige Geiſt ſelbſt ihm dieſes Gleichnuͤß belieben/ Pſal. 90. da er unſerPſ. 90, 9.
Leben nennet hegeh, ein Geſchwaͤtz/ verſtehe ein theatriſch Geſchwaͤtz/
Wir bringen unſere Jahre zu wie ein Geſchwaͤtz.

II. Nach der comparation begehrt er auch das Vr-
theil von der gehaltenen
Comœdiæ, dann ſo gehets her bey einer
Comœdi: Der Actor ſuchet Ehre bey den Zuſchauern/ redet ſie wuͤrcklich
an und ſagt: Wie hats euch gefallen? da dañ die Spectatores von den Per-
ſonen/ Habiten/ Auffzuͤgen/ Geſpraͤchen/ Gebaͤrden judiciren/ einem den
Preiß geben/ den andern verachten: Alſo begehret auch Auguſtus zu wiſ-
ſen/ wie er regiert/ gekrieget/ das Roͤmiſche Reich in flor gebracht? Wir
Chriſten trachten auch nach dem judicio und Lob/ aber achten mit St.
Paulo den bloſſen Zungen-Lufft nicht/ ſondern warten auff das judicium
Agonothetæ & Comœdiarchæ,
auff das Lob des oberſten Spiel-Her-
ren
Chriſti;

III. Judicii effectum, Die That ſo auff den Lob-
Spruch gefolget;
Plaudite, δότε κρότον, ſagt Auguſtus, date plau-
ſum,
Frolocket/ klopffet in die Haͤnde fuͤr Freuden/ wann ich meine Kaͤy-
ſerliche Perſon recht vertretten! Das iſt der Heyden hoͤchſter Troſt; Wir
Chriſten wiſſen beſſers/ nemlich plaudite nicht nur humanum, nicht nur
das menſchliche klopffen und frolocken/ ſo da iſt der gute Nachſchall und
Nachklopff einer ehrlichen parentation, Leich-Predigt/ ꝛc. ſondern plau-
ſum bonæ conſcientiæ,
den Lob-Schall eines guten Gewiſſens/ in wel-
chem das angenehme und freudige Echo erſchallet/ wann ein wahrer

Chriſt
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[499/0531] Predigt. Schauſpiel/ da die Perſonen eine Weil auff dem theatro agiren/ ſpre- chen/ handlen/ endlich wider abtretten/ und das theatrum quittiren und leer laſſen: Alſo gehe es auch im menſchlichen Leben her/ da finden ſich un- terſchiedliche actus: Die Kindheit/ die Jugend/ das maͤnnliche/ das hohe Alter/ da ein ieder ſeine Stell/ Koͤnig/ Bauren/ Herren und Knechte zu verſehen haben. Jſt eben das/ was auch Epictetus in Enchir. cap. 20. ſchreibet: Memento te eſſe actorem fabulæ, Bedencke/ daß du eine Co- mœdi agiren helffeſt/ und nimm deine Perſon in acht! und Seneca ep. 77. Audite juvenes, audite queruli ſenes; quomodo fabula ſit vitæ: non quam diu, ſed quam bene acta ſit refert. Hoͤret ihr Juͤnglinge/ hoͤret ihr Alten/ euer Leben iſt eine Comœdi! Es liget nicht daran/ ob einer lange/ ſondern ob er wohl agirt habe? & ibid. tantùm bonam clauſulam impo- ne, mache nur einen guten Schluß und Ende. Ja es laͤſſet Gott der Heilige Geiſt ſelbſt ihm dieſes Gleichnuͤß belieben/ Pſal. 90. da er unſer Leben nennet hegeh, ein Geſchwaͤtz/ verſtehe ein theatriſch Geſchwaͤtz/ Wir bringen unſere Jahre zu wie ein Geſchwaͤtz. Pſ. 90, 9. II. Nach der comparation begehrt er auch das Vr- theil von der gehaltenen Comœdiæ, dann ſo gehets her bey einer Comœdi: Der Actor ſuchet Ehre bey den Zuſchauern/ redet ſie wuͤrcklich an und ſagt: Wie hats euch gefallen? da dañ die Spectatores von den Per- ſonen/ Habiten/ Auffzuͤgen/ Geſpraͤchen/ Gebaͤrden judiciren/ einem den Preiß geben/ den andern verachten: Alſo begehret auch Auguſtus zu wiſ- ſen/ wie er regiert/ gekrieget/ das Roͤmiſche Reich in flor gebracht? Wir Chriſten trachten auch nach dem judicio und Lob/ aber achten mit St. Paulo den bloſſen Zungen-Lufft nicht/ ſondern warten auff das judicium Agonothetæ & Comœdiarchæ, auff das Lob des oberſten Spiel-Her- ren Chriſti; III. Judicii effectum, Die That ſo auff den Lob- Spruch gefolget; Plaudite, δότε κρότον, ſagt Auguſtus, date plau- ſum, Frolocket/ klopffet in die Haͤnde fuͤr Freuden/ wann ich meine Kaͤy- ſerliche Perſon recht vertretten! Das iſt der Heyden hoͤchſter Troſt; Wir Chriſten wiſſen beſſers/ nemlich plaudite nicht nur humanum, nicht nur das menſchliche klopffen und frolocken/ ſo da iſt der gute Nachſchall und Nachklopff einer ehrlichen parentation, Leich-Predigt/ ꝛc. ſondern plau- ſum bonæ conſcientiæ, den Lob-Schall eines guten Gewiſſens/ in wel- chem das angenehme und freudige Echo erſchallet/ wann ein wahrer Chriſt R r r 2

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/531>, abgerufen am 24.04.2024.