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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Acht und Viertzigste (Vierte)
Ps. 90, 9. 10.Pfort außzugehen/ sonderlich Moses Psal. 90. vergleichets einem Flug/
Spiel und Geschwätz/ einer Comoedi.

II. Vber die Böse des Lebens/ über sein vielfältiges Creutz und
Hertzeleid/ das er von und in der Welt erfahren müssen/ sonderlich seiner
Freunde Creutze; Creutz an seinem Bruder/ der ihn verjagt und verfolget:
Creutz an seinem Schwäher Laban/ der ihn geteuschet und tyrannisch
als einen Sclaven tractirt/ derselbe war ein umbkehrter Nabal/ ein Narr
in seinen Sack; Weiber-Creutz/ die sich gezancket und gezweyet; Kinder-
Creutz an Ruben dem Blutschänder; an Simeon und Levi den Mör-
dern; an Dina der gefälleten; und da er an dem eintzigen Joseph Freude
und Ergötzligkeit hat haben sollen/ da er im besten war/ bekommt er die bö-
seste Zeitung! andere Marter und Plagen zu geschweigen.

O wie wahr hastu Jacob! du lieber alter Greiß! Die Kinder/ so
bald sie an die Welt kommen/ stimmen mit zu/ was Jacob erfahren/ da-
von heulen die Kinder/ so bald sie dieser Welt ansichtig werden. Nie-
mand soll sagen: (schreibet Augustinus) Vnsere Väter/ Großväter und
Vorfahren haben gute Tage gehabt/ wir aber haben die böse Zeiten und
Tage! sintemal von dem an/ da Adam gefallen ist und aus dem Paradeiß
verstossen/ so sind niemahls andere als böse Zeiten gewest: Lasset uns nur
die Kinder fragen/ die geboren werden/ warumb sie ihr Leben mit weinen
anfangen/ da sie doch lachen könten? Was die Kinder heulen/ das singen
wir allzumahl: Von allem Vbel uns erlöß/ es sind die Zeit und
Tage böß!
böß in thun/ böß in leiden/ böß in der Erfahrung/ sonderlich
Apoc. 12,
12.
ietzt in dieser betrübten letzten Zeit/ da der Teufel gantz loß worden/ wütet
und tobet; Es sind greuliche Zeiten; wie davon längst zuvor St. Paulus
propheceyet.

Nun meine Liebste/ hoffen wir allein in diesem Leben auff Christum/
1. Cor. 15,
19.
so sind wir die elendesten unter allen Menschen! Viel ein edlers/ safftigers
und kernhaffters Leben ist das Leben/ welches der himmlische Vater bereitet
seinen Kindern/ der Sohn Gottes mit seinem Tod erworben/ dazu uns
der Heilige Geist beruffen und widergeboren. Welches die Bekenner zu
Nicea glauben und sprechen: Wir glauben ein Leben der zukunff-
tigen Welt!
Dessen Ruh/ Herrligkeit und Liebligkeit wir zu beschreiben
hiemit anfangen. Nach dem wir vernommen to~ ei esi, to pou, daß ein
ander Leben und wo es sey/ so folget das Leben selbst. Gott wolle uns
mit seiner Gnade hierzu beywohnen umb Jesu Christi
willen/ Amen.

Wann

Die Acht und Viertzigſte (Vierte)
Pſ. 90, 9. 10.Pfort außzugehen/ ſonderlich Moſes Pſal. 90. vergleichets einem Flug/
Spiel und Geſchwaͤtz/ einer Comœdi.

II. Vber die Boͤſe des Lebens/ uͤber ſein vielfaͤltiges Creutz und
Hertzeleid/ das er von und in der Welt erfahren muͤſſen/ ſonderlich ſeiner
Freunde Creutze; Creutz an ſeinem Bruder/ der ihn verjagt und verfolget:
Creutz an ſeinem Schwaͤher Laban/ der ihn geteuſchet und tyranniſch
als einen Sclaven tractirt/ derſelbe war ein umbkehrter Nabal/ ein Narr
in ſeinen Sack; Weiber-Creutz/ die ſich gezancket und gezweyet; Kinder-
Creutz an Ruben dem Blutſchaͤnder; an Simeon und Levi den Moͤr-
dern; an Dina der gefaͤlleten; und da er an dem eintzigen Joſeph Freude
und Ergoͤtzligkeit hat haben ſollen/ da er im beſten war/ bekommt er die boͤ-
ſeſte Zeitung! andere Marter und Plagen zu geſchweigen.

O wie wahr haſtu Jacob! du lieber alter Greiß! Die Kinder/ ſo
bald ſie an die Welt kommen/ ſtimmen mit zu/ was Jacob erfahren/ da-
von heulen die Kinder/ ſo bald ſie dieſer Welt anſichtig werden. Nie-
mand ſoll ſagen: (ſchreibet Auguſtinus) Vnſere Vaͤter/ Großvaͤter und
Vorfahren haben gute Tage gehabt/ wir aber haben die boͤſe Zeiten und
Tage! ſintemal von dem an/ da Adam gefallen iſt und aus dem Paradeiß
verſtoſſen/ ſo ſind niemahls andere als boͤſe Zeiten geweſt: Laſſet uns nur
die Kinder fragen/ die geboren werden/ warumb ſie ihr Leben mit weinen
anfangen/ da ſie doch lachen koͤnten? Was die Kinder heulen/ das ſingen
wir allzumahl: Von allem Vbel uns erloͤß/ es ſind die Zeit und
Tage boͤß!
boͤß in thun/ boͤß in leiden/ boͤß in der Erfahrung/ ſonderlich
Apoc. 12,
12.
ietzt in dieſer betruͤbten letzten Zeit/ da der Teufel gantz loß worden/ wuͤtet
und tobet; Es ſind greuliche Zeiten; wie davon laͤngſt zuvor St. Paulus
propheceyet.

Nun meine Liebſte/ hoffen wir allein in dieſem Leben auff Chriſtum/
1. Cor. 15,
19.
ſo ſind wir die elendeſten unter allen Menſchen! Viel ein edlers/ ſafftigers
und kernhaffters Leben iſt das Leben/ welches der himmliſche Vater bereitet
ſeinen Kindern/ der Sohn Gottes mit ſeinem Tod erworben/ dazu uns
der Heilige Geiſt beruffen und widergeboren. Welches die Bekenner zu
Nicea glauben und ſprechen: Wir glauben ein Leben der zukůnff-
tigen Welt!
Deſſen Ruh/ Herrligkeit und Liebligkeit wir zu beſchreiben
hiemit anfangen. Nach dem wir vernommen το῀ εἰ ἐςι, τὸ ποῦ, daß ein
ander Leben und wo es ſey/ ſo folget das Leben ſelbſt. Gott wolle uns
mit ſeiner Gnade hierzu beywohnen umb Jeſu Chriſti
willen/ Amen.

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[590/0622] Die Acht und Viertzigſte (Vierte) Pfort außzugehen/ ſonderlich Moſes Pſal. 90. vergleichets einem Flug/ Spiel und Geſchwaͤtz/ einer Comœdi. Pſ. 90, 9. 10. II. Vber die Boͤſe des Lebens/ uͤber ſein vielfaͤltiges Creutz und Hertzeleid/ das er von und in der Welt erfahren muͤſſen/ ſonderlich ſeiner Freunde Creutze; Creutz an ſeinem Bruder/ der ihn verjagt und verfolget: Creutz an ſeinem Schwaͤher Laban/ der ihn geteuſchet und tyranniſch als einen Sclaven tractirt/ derſelbe war ein umbkehrter Nabal/ ein Narr in ſeinen Sack; Weiber-Creutz/ die ſich gezancket und gezweyet; Kinder- Creutz an Ruben dem Blutſchaͤnder; an Simeon und Levi den Moͤr- dern; an Dina der gefaͤlleten; und da er an dem eintzigen Joſeph Freude und Ergoͤtzligkeit hat haben ſollen/ da er im beſten war/ bekommt er die boͤ- ſeſte Zeitung! andere Marter und Plagen zu geſchweigen. O wie wahr haſtu Jacob! du lieber alter Greiß! Die Kinder/ ſo bald ſie an die Welt kommen/ ſtimmen mit zu/ was Jacob erfahren/ da- von heulen die Kinder/ ſo bald ſie dieſer Welt anſichtig werden. Nie- mand ſoll ſagen: (ſchreibet Auguſtinus) Vnſere Vaͤter/ Großvaͤter und Vorfahren haben gute Tage gehabt/ wir aber haben die boͤſe Zeiten und Tage! ſintemal von dem an/ da Adam gefallen iſt und aus dem Paradeiß verſtoſſen/ ſo ſind niemahls andere als boͤſe Zeiten geweſt: Laſſet uns nur die Kinder fragen/ die geboren werden/ warumb ſie ihr Leben mit weinen anfangen/ da ſie doch lachen koͤnten? Was die Kinder heulen/ das ſingen wir allzumahl: Von allem Vbel uns erloͤß/ es ſind die Zeit und Tage boͤß! boͤß in thun/ boͤß in leiden/ boͤß in der Erfahrung/ ſonderlich ietzt in dieſer betruͤbten letzten Zeit/ da der Teufel gantz loß worden/ wuͤtet und tobet; Es ſind greuliche Zeiten; wie davon laͤngſt zuvor St. Paulus propheceyet. Apoc. 12, 12. Nun meine Liebſte/ hoffen wir allein in dieſem Leben auff Chriſtum/ ſo ſind wir die elendeſten unter allen Menſchen! Viel ein edlers/ ſafftigers und kernhaffters Leben iſt das Leben/ welches der himmliſche Vater bereitet ſeinen Kindern/ der Sohn Gottes mit ſeinem Tod erworben/ dazu uns der Heilige Geiſt beruffen und widergeboren. Welches die Bekenner zu Nicea glauben und ſprechen: Wir glauben ein Leben der zukůnff- tigen Welt! Deſſen Ruh/ Herrligkeit und Liebligkeit wir zu beſchreiben hiemit anfangen. Nach dem wir vernommen το῀ εἰ ἐςι, τὸ ποῦ, daß ein ander Leben und wo es ſey/ ſo folget das Leben ſelbſt. Gott wolle uns mit ſeiner Gnade hierzu beywohnen umb Jeſu Chriſti willen/ Amen. 1. Cor. 15, 19. Wann

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/622>, abgerufen am 29.03.2024.