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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Acht und Viertzigste (Vierte)
Es ist genug/ sagt er: So nimm nun HErr meine Seele von
Phil. 1, 33.
Sen. ep.
72.
mir; Paulus wündschet die analusin, daß er möchte auffgelöset
werden.
Was Seneca schreibet/ das wündschet ein ieder Christ täglich:
Quando continget omnibus oppressis affectibus, hanc vocem emittere:
vici!
Wann wird man doch mit Warheit sagen können: Jch habe alle
meine affecten und Begierde überwunden! Hoffen und harren macht
manchen zum Narren; Wer seiner Hoffnung nicht will betrogen werden/
und dort in stoltzer Ruhe leben/ der muß auch Eliae Geist/ Saulus Glau-
ben haben; will er ein ruhig ewiges Leben erlangen/ muß er hie führen ein
Gen. 5.göttlich Leben wie Enoch.

Hie sind zwey extrema, und Wege/ Sicherheit und einsames Leben; der
Tit. 1, 6.eine schlägt zu weit auf die Rechte/ führt ein viehisches/ heydnisches/ ja teufli-
sches Leben/ lebet in Schwelgerey; aber er lebet sich zu tode: Der ander
auff die Lincke; sihet daß jenes nicht wohl ablauffet/ dannenhero liebt er
Closter-Leben/ Einsidler- und einsames Leben/ oder heuchlerisches Leben;
lässet sich bedüncken/ das sey ein ruhig Leben mit niemand sich schleppen/
immer auffm Küssen sitzen/ grosser Haußhaltung sich begeben/ unter deß
keine Liebe gegen dem Nächsten üben/ etc. Es muß ein Christ führen ein
Tit. 2,solch Leben/ das da verläugnet das ungöttliche Leben; Ein Gott-gelobtes
und gewissenhafftes Leben/ ein fromm und eiferig Leben im Ampt und Be-
ruff; ein gerecht und leutseelig Leben; ein mässiges Leben; Summa ein
recht Abrahams-Leben. Sic itur ad astra, Das ist der Weg zum Him-
mel! Seelige Toden/ die allbereit zur Ruhe kommen/ und unter dem Al-
tar ruhen; Vnsere Vorfahren sind sicher in ihrer Seeligkeit/ aber umb
die unsere sorgfältig; sie sind davon als die aus der Schlacht entrunnen;
Wie ein Vogel des Stricks kommt ab/ ist unser Seel ent-
gangen/ Strick ist entzwey und wir sind frey!
sie singen schon
Ps. 116, 7. 8.ihr Triumph-Lied aus dem 116. Psalm: Sey nun wider zu frieden
meine Seele/ dann der HErr thut dir guts. Du hast/ O
HErr/ meine Seele aus dem Tode gerissen/ meine Augen von
den Thränen/ meinen Fuß vom gleiten: Jch will wandlen
für dem HErrn im Lande der Lebendigen/
mit welchen Worten
sich der heilige Märtyrer Babylas foll getröstet haben in der Marter/ nach
dem er zuvor begehrt/ man wolte seine eiserne Ketten/ daran er geschmiedet
gewesen/ mit ihm begraben/ sie werden/ sprechend/ mir viel schöner
anstehen für den Augen meines HErrn Jesu Christi/ als dem

Joseph

Die Acht und Viertzigſte (Vierte)
Es iſt genug/ ſagt er: So nimm nun HErr meine Seele von
Phil. 1, 33.
Sen. ep.
72.
mir; Paulus wuͤndſchet die ἀνάλυσιν, daß er moͤchte auffgeloͤſet
werden.
Was Seneca ſchreibet/ das wuͤndſchet ein ieder Chriſt taͤglich:
Quando continget omnibus oppreſſis affectibus, hanc vocem emittere:
vici!
Wann wird man doch mit Warheit ſagen koͤnnen: Jch habe alle
meine affecten und Begierde uͤberwunden! Hoffen und harren macht
manchen zum Narren; Wer ſeiner Hoffnung nicht will betrogen werden/
und dort in ſtoltzer Ruhe leben/ der muß auch Eliæ Geiſt/ Saulus Glau-
ben haben; will er ein ruhig ewiges Leben erlangen/ muß er hie fuͤhren ein
Gen. 5.goͤttlich Leben wie Enoch.

Hie ſind zwey extrema, und Wege/ Sicherheit und einſames Leben; der
Tit. 1, 6.eine ſchlaͤgt zu weit auf die Rechte/ fuͤhrt ein viehiſches/ heydniſches/ ja teufli-
ſches Leben/ lebet in Schwelgerey; aber er lebet ſich zu tode: Der ander
auff die Lincke; ſihet daß jenes nicht wohl ablauffet/ dannenhero liebt er
Cloſter-Leben/ Einſidler- und einſames Leben/ oder heuchleriſches Leben;
laͤſſet ſich beduͤncken/ das ſey ein ruhig Leben mit niemand ſich ſchleppen/
immer auffm Kuͤſſen ſitzen/ groſſer Haußhaltung ſich begeben/ unter deß
keine Liebe gegen dem Naͤchſten uͤben/ ꝛc. Es muß ein Chriſt fuͤhren ein
Tit. 2,ſolch Leben/ das da verlaͤugnet das ungoͤttliche Leben; Ein Gott-gelobtes
und gewiſſenhafftes Leben/ ein fromm und eiferig Leben im Ampt und Be-
ruff; ein gerecht und leutſeelig Leben; ein maͤſſiges Leben; Summa ein
recht Abrahams-Leben. Sic itur ad aſtra, Das iſt der Weg zum Him-
mel! Seelige Toden/ die allbereit zur Ruhe kommen/ und unter dem Al-
tar ruhen; Vnſere Vorfahren ſind ſicher in ihrer Seeligkeit/ aber umb
die unſere ſorgfaͤltig; ſie ſind davon als die aus der Schlacht entrunnen;
Wie ein Vogel des Stricks kommt ab/ iſt unſer Seel ent-
gangen/ Strick iſt entzwey und wir ſind frey!
ſie ſingen ſchon
Pſ. 116, 7. 8.ihr Triumph-Lied aus dem 116. Pſalm: Sey nun wider zu frieden
meine Seele/ dann der HErr thut dir guts. Du haſt/ O
HErr/ meine Seele aus dem Tode geriſſen/ meine Augen von
den Thraͤnen/ meinen Fuß vom gleiten: Jch will wandlen
fuͤr dem HErrn im Lande der Lebendigen/
mit welchen Worten
ſich der heilige Maͤrtyrer Babylas foll getroͤſtet haben in der Marter/ nach
dem er zuvor begehrt/ man wolte ſeine eiſerne Ketten/ daran er geſchmiedet
geweſen/ mit ihm begraben/ ſie werden/ ſprechend/ mir viel ſchöner
anſtehen fuͤr den Augen meines HErrn Jeſu Chriſti/ als dem

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[598/0630] Die Acht und Viertzigſte (Vierte) Es iſt genug/ ſagt er: So nimm nun HErr meine Seele von mir; Paulus wuͤndſchet die ἀνάλυσιν, daß er moͤchte auffgeloͤſet werden. Was Seneca ſchreibet/ das wuͤndſchet ein ieder Chriſt taͤglich: Quando continget omnibus oppreſſis affectibus, hanc vocem emittere: vici! Wann wird man doch mit Warheit ſagen koͤnnen: Jch habe alle meine affecten und Begierde uͤberwunden! Hoffen und harren macht manchen zum Narren; Wer ſeiner Hoffnung nicht will betrogen werden/ und dort in ſtoltzer Ruhe leben/ der muß auch Eliæ Geiſt/ Saulus Glau- ben haben; will er ein ruhig ewiges Leben erlangen/ muß er hie fuͤhren ein goͤttlich Leben wie Enoch. Phil. 1, 33. Sen. ep. 72. Gen. 5. Hie ſind zwey extrema, und Wege/ Sicherheit und einſames Leben; der eine ſchlaͤgt zu weit auf die Rechte/ fuͤhrt ein viehiſches/ heydniſches/ ja teufli- ſches Leben/ lebet in Schwelgerey; aber er lebet ſich zu tode: Der ander auff die Lincke; ſihet daß jenes nicht wohl ablauffet/ dannenhero liebt er Cloſter-Leben/ Einſidler- und einſames Leben/ oder heuchleriſches Leben; laͤſſet ſich beduͤncken/ das ſey ein ruhig Leben mit niemand ſich ſchleppen/ immer auffm Kuͤſſen ſitzen/ groſſer Haußhaltung ſich begeben/ unter deß keine Liebe gegen dem Naͤchſten uͤben/ ꝛc. Es muß ein Chriſt fuͤhren ein ſolch Leben/ das da verlaͤugnet das ungoͤttliche Leben; Ein Gott-gelobtes und gewiſſenhafftes Leben/ ein fromm und eiferig Leben im Ampt und Be- ruff; ein gerecht und leutſeelig Leben; ein maͤſſiges Leben; Summa ein recht Abrahams-Leben. Sic itur ad aſtra, Das iſt der Weg zum Him- mel! Seelige Toden/ die allbereit zur Ruhe kommen/ und unter dem Al- tar ruhen; Vnſere Vorfahren ſind ſicher in ihrer Seeligkeit/ aber umb die unſere ſorgfaͤltig; ſie ſind davon als die aus der Schlacht entrunnen; Wie ein Vogel des Stricks kommt ab/ iſt unſer Seel ent- gangen/ Strick iſt entzwey und wir ſind frey! ſie ſingen ſchon ihr Triumph-Lied aus dem 116. Pſalm: Sey nun wider zu frieden meine Seele/ dann der HErr thut dir guts. Du haſt/ O HErr/ meine Seele aus dem Tode geriſſen/ meine Augen von den Thraͤnen/ meinen Fuß vom gleiten: Jch will wandlen fuͤr dem HErrn im Lande der Lebendigen/ mit welchen Worten ſich der heilige Maͤrtyrer Babylas foll getroͤſtet haben in der Marter/ nach dem er zuvor begehrt/ man wolte ſeine eiſerne Ketten/ daran er geſchmiedet geweſen/ mit ihm begraben/ ſie werden/ ſprechend/ mir viel ſchöner anſtehen fuͤr den Augen meines HErrn Jeſu Chriſti/ als dem Joſeph Tit. 1, 6. Tit. 2, Pſ. 116, 7. 8.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/630>, abgerufen am 28.03.2024.