Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Predigt.
als er sein Hochzeitlich Ehren- und Freuden-Fest celebrirt mit der
Philisterin zu Timnath/ und nach löblicher Lands-Art seinen Braut-
Gesellen ein tieffsinniges Rätzel fürgelegt/ mit Weitungs-Weise
angefügter Zusag/ er wolle/ wo sie es errathen/ ihnen schuldig seyn zu
lieffren 30. Hembder und Feyr-Kleyder/ darauff gesagt: Räther
lieber Räther rathet/ was ist das? Speiß gieng vom Fresser/
und Süssigkeit vom Starcken:
Als sie nun diesem Rätzel mit
vielem Kopffbrechen sieben Tag nachgesunnen/ und doch nichts ersinnen
können/ biß sie endlich durch die Braut die solution und Deutung her-
aus gelocket/ und daher auff den siebenden Tag Simson für die Augen
getretten und gesagt: Was ist stärcker dann der Löw/ was ist
süsser denn Honig?
Als wolten sie sagen/ du hast aus einem todten
Löwen-Aaß Honig gessen/ das bedeut es: So hat hierauff Simson sie
mit diesen Verweiß-Worten angesprochen: Wann ihr nicht hät-
tet mit meinem Kalb gepflüget/ ihr hättet mein Rätzel nicht
troffen/
das ist/ hättet ihr die Deutung nicht von meinem Weib her-
aus gelocket/ hätte sie es nicht verrathen/ ihr hättets nimmer errathen.
Jhr Tück/ euer Glück. Jn der H. Sprach stehet das Wort Charasch,
welches Lutherus gedolmetscht durch das teutsche Wort pflügen. Jst
ein Gleichnüß genommen von dem Acker-Werck/ gleichwie ein Baurs-
Mann ordinarie durch pflügen und ackern sein Brodt aus der Erden
heraus hauet/ oder wol extraordinarie im Acker einen Schatz findet/
sonderlich in den Orthen/ da grosse Schlachten geschehen; von dem kan
man sagen/ hätte er nicht gepflüget und ihm es lassen saur werden/ hätte
er nicht sein Kalb oder Ochsen angespannen/ so hätte er den Schatz nicht
gefunden: Also hättet ihr Philister nicht so lang an meinem Weib gear-
beitet/ [u]m die Bedeutung zuerforschen/ ihr hättet es aus eurem Kopff
nicht ersponnen.

Alles uns zur Lehr/ Exempel und Beyspiel/ wie wir auch die aenig-
mata Biblica
oder Biblische Rätzlen tractiren 1. Cor. 13/ 13. Wie wir den
Schatz im Acker ergraben Matth. 13. den Kern in der Schal heraus
bringen sollen. Christus unser Blut- Bräutigam/ da er auch sein Hoch-
zeit gleichsam am Creutz gehalten/ da ihn sein Mutter die jüdische Syna-
gog
mit Dornen gekrönet und am Creutz gethrönet/ da die stoltze Tochter
zu Zion ihm den Korb gegeben/ er die feindselige Philisterin/ das ist aus
dem Heydenthum eine Gespons erwehlet/ und sie mit seinem göttlichen
Blut erworben/ hat er auch ein aenigma reale ein thät- und würckliches
Rätzel der gantzen Welt fürgelegt in seinem Wasser- und Blut-Fluß/

also
F 3

Predigt.
als er ſein Hochzeitlich Ehren- und Freuden-Feſt celebrirt mit der
Philiſterin zu Timnath/ und nach loͤblicher Lands-Art ſeinen Braut-
Geſellen ein tieffſinniges Raͤtzel fuͤrgelegt/ mit Weitungs-Weiſe
angefuͤgter Zuſag/ er wolle/ wo ſie es errathen/ ihnen ſchuldig ſeyn zu
lieffren 30. Hembder und Feyr-Kleyder/ darauff geſagt: Raͤther
lieber Raͤther rathet/ was iſt das? Speiß gieng vom Freſſer/
und Suͤſſigkeit vom Starcken:
Als ſie nun dieſem Raͤtzel mit
vielem Kopffbrechen ſieben Tag nachgeſunnen/ und doch nichts erſinnen
koͤnnen/ biß ſie endlich durch die Braut die ſolution und Deutung her-
aus gelocket/ und daher auff den ſiebenden Tag Simſon fuͤr die Augen
getretten und geſagt: Was iſt ſtaͤrcker dann der Loͤw/ was iſt
ſuͤſſer denn Honig?
Als wolten ſie ſagen/ du haſt aus einem todten
Loͤwen-Aaß Honig geſſen/ das bedeut es: So hat hierauff Simſon ſie
mit dieſen Verweiß-Worten angeſprochen: Wann ihr nicht haͤt-
tet mit meinem Kalb gepfluͤget/ ihr haͤttet mein Raͤtzel nicht
troffen/
das iſt/ haͤttet ihr die Deutung nicht von meinem Weib her-
aus gelocket/ haͤtte ſie es nicht verrathen/ ihr haͤttets nimmer errathen.
Jhr Tuͤck/ euer Gluͤck. Jn der H. Sprach ſtehet das Wort Charaſch,
welches Lutherus gedolmetſcht durch das teutſche Wort pfluͤgen. Jſt
ein Gleichnuͤß genommen von dem Acker-Werck/ gleichwie ein Baurs-
Mann ordinariè durch pfluͤgen und ackern ſein Brodt aus der Erden
heraus hauet/ oder wol extraordinariè im Acker einen Schatz findet/
ſonderlich in den Orthen/ da groſſe Schlachten geſchehen; von dem kan
man ſagen/ haͤtte er nicht gepfluͤget und ihm es laſſen ſaur werden/ haͤtte
er nicht ſein Kalb oder Ochſen angeſpannen/ ſo haͤtte er den Schatz nicht
gefunden: Alſo haͤttet ihr Philiſter nicht ſo lang an meinem Weib gear-
beitet/ [u]m die Bedeutung zuerforſchen/ ihr haͤttet es aus eurem Kopff
nicht erſponnen.

Alles uns zur Lehr/ Exempel und Beyſpiel/ wie wir auch die ænig-
mata Biblica
oder Bibliſche Raͤtzlen tractiren 1. Cor. 13/ 13. Wie wir den
Schatz im Acker ergraben Matth. 13. den Kern in der Schal heraus
bringen ſollen. Chriſtus unſer Blut- Braͤutigam/ da er auch ſein Hoch-
zeit gleichſam am Creutz gehalten/ da ihn ſein Mutter die juͤdiſche Syna-
gog
mit Dornen gekroͤnet und am Creutz gethroͤnet/ da die ſtoltze Tochter
zu Zion ihm den Korb gegeben/ er die feindſelige Philiſterin/ das iſt aus
dem Heydenthum eine Geſpons erwehlet/ und ſie mit ſeinem goͤttlichen
Blut erworben/ hat er auch ein ænigma reale ein thaͤt- und wuͤrckliches
Raͤtzel der gantzen Welt fuͤrgelegt in ſeinem Waſſer- und Blut-Fluß/

alſo
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067" n="45"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/>
als er &#x017F;ein Hochzeitlich Ehren- und Freuden-Fe&#x017F;t <hi rendition="#aq">celebri</hi>rt mit der<lb/>
Phili&#x017F;terin zu Timnath/ und nach lo&#x0364;blicher Lands-Art &#x017F;einen Braut-<lb/>
Ge&#x017F;ellen ein tieff&#x017F;inniges Ra&#x0364;tzel fu&#x0364;rgelegt/ mit Weitungs-Wei&#x017F;e<lb/>
angefu&#x0364;gter Zu&#x017F;ag/ er wolle/ wo &#x017F;ie es errathen/ ihnen &#x017F;chuldig &#x017F;eyn zu<lb/>
lieffren 30. Hembder und Feyr-Kleyder/ darauff ge&#x017F;agt: Ra&#x0364;ther<lb/>
lieber Ra&#x0364;ther rathet/ was i&#x017F;t das? <hi rendition="#fr">Speiß gieng vom Fre&#x017F;&#x017F;er/<lb/>
und Su&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit vom Starcken:</hi> Als &#x017F;ie nun die&#x017F;em Ra&#x0364;tzel mit<lb/>
vielem Kopffbrechen &#x017F;ieben Tag nachge&#x017F;unnen/ und doch nichts er&#x017F;innen<lb/>
ko&#x0364;nnen/ biß &#x017F;ie endlich durch die Braut die <hi rendition="#aq">&#x017F;olution</hi> und Deutung her-<lb/>
aus gelocket/ und daher auff den &#x017F;iebenden Tag Sim&#x017F;on fu&#x0364;r die Augen<lb/>
getretten und ge&#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Was i&#x017F;t &#x017F;ta&#x0364;rcker dann der Lo&#x0364;w/ was i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er denn Honig?</hi> Als wolten &#x017F;ie &#x017F;agen/ du ha&#x017F;t aus einem todten<lb/>
Lo&#x0364;wen-Aaß Honig ge&#x017F;&#x017F;en/ das bedeut es: So hat hierauff Sim&#x017F;on &#x017F;ie<lb/>
mit die&#x017F;en Verweiß-Worten ange&#x017F;prochen: <hi rendition="#fr">Wann ihr nicht ha&#x0364;t-<lb/>
tet mit meinem Kalb gepflu&#x0364;get/ ihr ha&#x0364;ttet mein Ra&#x0364;tzel nicht<lb/>
troffen/</hi> das i&#x017F;t/ ha&#x0364;ttet ihr die Deutung nicht von meinem Weib her-<lb/>
aus gelocket/ ha&#x0364;tte &#x017F;ie es nicht verrathen/ ihr ha&#x0364;ttets nimmer errathen.<lb/>
Jhr Tu&#x0364;ck/ euer Glu&#x0364;ck. Jn der H. Sprach &#x017F;tehet das Wort <hi rendition="#aq">Chara&#x017F;ch,</hi><lb/>
welches <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> gedolmet&#x017F;cht durch das teut&#x017F;che Wort <hi rendition="#fr">pflu&#x0364;gen.</hi> J&#x017F;t<lb/>
ein Gleichnu&#x0364;ß genommen von dem Acker-Werck/ gleichwie ein Baurs-<lb/>
Mann <hi rendition="#aq">ordinariè</hi> durch pflu&#x0364;gen und ackern &#x017F;ein Brodt aus der Erden<lb/>
heraus hauet/ oder wol <hi rendition="#aq">extraordinariè</hi> im Acker einen Schatz findet/<lb/>
&#x017F;onderlich in den Orthen/ da gro&#x017F;&#x017F;e Schlachten ge&#x017F;chehen; von dem kan<lb/>
man &#x017F;agen/ ha&#x0364;tte er nicht gepflu&#x0364;get und ihm es la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;aur werden/ ha&#x0364;tte<lb/>
er nicht &#x017F;ein Kalb oder Och&#x017F;en ange&#x017F;pannen/ &#x017F;o ha&#x0364;tte er den Schatz nicht<lb/>
gefunden: Al&#x017F;o ha&#x0364;ttet ihr Phili&#x017F;ter nicht &#x017F;o lang an meinem Weib gear-<lb/>
beitet/ <supplied>u</supplied>m die Bedeutung zuerfor&#x017F;chen/ ihr ha&#x0364;ttet es aus eurem Kopff<lb/>
nicht er&#x017F;ponnen.</p><lb/>
        <p>Alles uns zur Lehr/ Exempel und Bey&#x017F;piel/ wie wir auch die <hi rendition="#aq">ænig-<lb/>
mata Biblica</hi> oder Bibli&#x017F;che Ra&#x0364;tzlen <hi rendition="#aq">tracti</hi>ren 1. Cor. 13/ 13. Wie wir den<lb/>
Schatz im Acker ergraben Matth. 13. den Kern in der Schal heraus<lb/>
bringen &#x017F;ollen. Chri&#x017F;tus un&#x017F;er Blut- Bra&#x0364;utigam/ da er auch &#x017F;ein Hoch-<lb/>
zeit gleich&#x017F;am am Creutz gehalten/ da ihn &#x017F;ein Mutter die ju&#x0364;di&#x017F;che <hi rendition="#aq">Syna-<lb/>
gog</hi> mit Dornen gekro&#x0364;net und am Creutz gethro&#x0364;net/ da die &#x017F;toltze Tochter<lb/>
zu Zion ihm den Korb gegeben/ er die feind&#x017F;elige Phili&#x017F;terin/ das i&#x017F;t aus<lb/>
dem Heydenthum eine Ge&#x017F;pons erwehlet/ und &#x017F;ie mit &#x017F;einem go&#x0364;ttlichen<lb/>
Blut erworben/ hat er auch ein <hi rendition="#aq">ænigma reale</hi> ein tha&#x0364;t- und wu&#x0364;rckliches<lb/>
Ra&#x0364;tzel der gantzen Welt fu&#x0364;rgelegt in &#x017F;einem Wa&#x017F;&#x017F;er- und Blut-Fluß/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><fw place="bottom" type="catch">al&#x017F;o</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0067] Predigt. als er ſein Hochzeitlich Ehren- und Freuden-Feſt celebrirt mit der Philiſterin zu Timnath/ und nach loͤblicher Lands-Art ſeinen Braut- Geſellen ein tieffſinniges Raͤtzel fuͤrgelegt/ mit Weitungs-Weiſe angefuͤgter Zuſag/ er wolle/ wo ſie es errathen/ ihnen ſchuldig ſeyn zu lieffren 30. Hembder und Feyr-Kleyder/ darauff geſagt: Raͤther lieber Raͤther rathet/ was iſt das? Speiß gieng vom Freſſer/ und Suͤſſigkeit vom Starcken: Als ſie nun dieſem Raͤtzel mit vielem Kopffbrechen ſieben Tag nachgeſunnen/ und doch nichts erſinnen koͤnnen/ biß ſie endlich durch die Braut die ſolution und Deutung her- aus gelocket/ und daher auff den ſiebenden Tag Simſon fuͤr die Augen getretten und geſagt: Was iſt ſtaͤrcker dann der Loͤw/ was iſt ſuͤſſer denn Honig? Als wolten ſie ſagen/ du haſt aus einem todten Loͤwen-Aaß Honig geſſen/ das bedeut es: So hat hierauff Simſon ſie mit dieſen Verweiß-Worten angeſprochen: Wann ihr nicht haͤt- tet mit meinem Kalb gepfluͤget/ ihr haͤttet mein Raͤtzel nicht troffen/ das iſt/ haͤttet ihr die Deutung nicht von meinem Weib her- aus gelocket/ haͤtte ſie es nicht verrathen/ ihr haͤttets nimmer errathen. Jhr Tuͤck/ euer Gluͤck. Jn der H. Sprach ſtehet das Wort Charaſch, welches Lutherus gedolmetſcht durch das teutſche Wort pfluͤgen. Jſt ein Gleichnuͤß genommen von dem Acker-Werck/ gleichwie ein Baurs- Mann ordinariè durch pfluͤgen und ackern ſein Brodt aus der Erden heraus hauet/ oder wol extraordinariè im Acker einen Schatz findet/ ſonderlich in den Orthen/ da groſſe Schlachten geſchehen; von dem kan man ſagen/ haͤtte er nicht gepfluͤget und ihm es laſſen ſaur werden/ haͤtte er nicht ſein Kalb oder Ochſen angeſpannen/ ſo haͤtte er den Schatz nicht gefunden: Alſo haͤttet ihr Philiſter nicht ſo lang an meinem Weib gear- beitet/ um die Bedeutung zuerforſchen/ ihr haͤttet es aus eurem Kopff nicht erſponnen. Alles uns zur Lehr/ Exempel und Beyſpiel/ wie wir auch die ænig- mata Biblica oder Bibliſche Raͤtzlen tractiren 1. Cor. 13/ 13. Wie wir den Schatz im Acker ergraben Matth. 13. den Kern in der Schal heraus bringen ſollen. Chriſtus unſer Blut- Braͤutigam/ da er auch ſein Hoch- zeit gleichſam am Creutz gehalten/ da ihn ſein Mutter die juͤdiſche Syna- gog mit Dornen gekroͤnet und am Creutz gethroͤnet/ da die ſtoltze Tochter zu Zion ihm den Korb gegeben/ er die feindſelige Philiſterin/ das iſt aus dem Heydenthum eine Geſpons erwehlet/ und ſie mit ſeinem goͤttlichen Blut erworben/ hat er auch ein ænigma reale ein thaͤt- und wuͤrckliches Raͤtzel der gantzen Welt fuͤrgelegt in ſeinem Waſſer- und Blut-Fluß/ alſo F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/67
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/67>, abgerufen am 25.04.2024.