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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Predigt.


Die Andere Predigt/
Von
Maria/ der Schwester Marthä/
als der Beklagten.

GEliebte in Christo. Warlich ich sage euch/ wo
diß Evangelium geprediget wird in der gantzen
Welt/ da wird man auch sagen zu ihrem Ge-
dächtnuß/ was sie gethan hat.
So spricht die War-
heit selbs/ Christus JEsus Matth. 26, 13.

Aute gune, dieses Weib/ die Maria/ Lazari und Marthä leibliche
Schwester/ die Maria/ nicht auß Galiläa zu Magdala bürtig/ die reiche/
gutthätige Nehrerin des HErrn Christi/ sonst Maria Magdalena ge-
nannt/ weniger die grosse Sünderin und weyland grosse/ aber nachge-
hends bußfertige Ertz-Hur/ Luc. 7. die Christo/ dem keuschen Jungfrauen
Sohn/ die Füsse mit ihren Thränen genetzet/ und mit den Haaren ihres
Haupts getrücknet/ geküsset und gesalbet. Wie zwar von Alters her
diese lugenhafftige und lästerliche Sag in dem Römischen Babylon
(und wolte Gott nicht auch in unsern Kirchen und Cantzeln!) erschol-
len/ und vorgegeben worden/ die Sünderin Luc. 7. Maria Magdalena
und diese Salberin/ und Lazari Schwester/ seyen nicht drey/ sondern nur
ein Weib und eine Person gewesen. Massen sich Baronius unterstehet
in seinen Annalibus und Kirchen-Chronic solches mit aller Macht zuer-
härten. anno 32. n. 17. O ungeschwungene unverschamte Schand-
Lugen! O schnöde Lästerung! damit beydes die fromme und Gottselige
Magdalena und auch Maria Lazari Schwester geschmähet und geschän-
det/ und so viel hundert Jahr ohne Grund/ für offentliche/ verruffene/
wiewol bußfertige Schand-Dirnen außgeschrien worden/ das heißt die
Heilige GOttes feyren und in Ehren halten!

De Maria Magdalena (verba sunt judicio sissimi nostri Chemnitii,
Harm. Evang. cap. 58. p. m. 996.) vulgarissima est opinio, ipsam
fuisse peccatricem, quam Christus capite praecedenti in gratiam
receperat, cuique peccata sua dimiserat. Imo aliqui faciunt quo-

que
Neunter Theil. L l l
Predigt.


Die Andere Predigt/
Von
Maria/ der Schweſter Marthaͤ/
als der Beklagten.

GEliebte in Chriſto. Warlich ich ſage euch/ wo
diß Evangelium geprediget wird in der gantzen
Welt/ da wird man auch ſagen zu ihrem Ge-
daͤchtnuß/ was ſie gethan hat.
So ſpricht die War-
heit ſelbs/ Chriſtus JEſus Matth. 26, 13.

Ἅυτη γυνὴ, dieſes Weib/ die Maria/ Lazari und Marthaͤ leibliche
Schweſter/ die Maria/ nicht auß Galilaͤa zu Magdala buͤrtig/ die reiche/
gutthaͤtige Nehrerin des HErꝛn Chriſti/ ſonſt Maria Magdalena ge-
nannt/ weniger die groſſe Suͤnderin und weyland groſſe/ aber nachge-
hends bußfertige Ertz-Hur/ Luc. 7. die Chriſto/ dem keuſchen Jungfrauen
Sohn/ die Fuͤſſe mit ihren Thraͤnen genetzet/ und mit den Haaren ihres
Haupts getruͤcknet/ gekuͤſſet und geſalbet. Wie zwar von Alters her
dieſe lugenhafftige und laͤſterliche Sag in dem Roͤmiſchen Babylon
(und wolte Gott nicht auch in unſern Kirchen und Cantzeln!) erſchol-
len/ und vorgegeben worden/ die Suͤnderin Luc. 7. Maria Magdalena
und dieſe Salberin/ und Lazari Schweſter/ ſeyen nicht drey/ ſondern nur
ein Weib und eine Perſon geweſen. Maſſen ſich Baronius unterſtehet
in ſeinen Annalibus und Kirchen-Chronic ſolches mit aller Macht zuer-
haͤrten. anno 32. n. 17. O ungeſchwungene unverſchamte Schand-
Lugen! O ſchnoͤde Laͤſterung! damit beydes die fromme und Gottſelige
Magdalena und auch Maria Lazari Schweſter geſchmaͤhet und geſchaͤn-
det/ und ſo viel hundert Jahr ohne Grund/ fuͤr offentliche/ verruffene/
wiewol bußfertige Schand-Dirnen außgeſchrien worden/ das heißt die
Heilige GOttes feyren und in Ehren halten!

De Maria Magdalena (verba ſunt judicio ſiſſimi noſtri Chemnitii,
Harm. Evang. cap. 58. p. m. 996.) vulgariſſima eſt opinio, ipſam
fuiſſe peccatricem, quam Chriſtus capite præcedenti in gratiam
receperat, cuique peccata ſua dimiſerat. Imò aliqui faciunt quo-

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[449/0469] Predigt. Die Andere Predigt/ Von Maria/ der Schweſter Marthaͤ/ als der Beklagten. GEliebte in Chriſto. Warlich ich ſage euch/ wo diß Evangelium geprediget wird in der gantzen Welt/ da wird man auch ſagen zu ihrem Ge- daͤchtnuß/ was ſie gethan hat. So ſpricht die War- heit ſelbs/ Chriſtus JEſus Matth. 26, 13. Ἅυτη γυνὴ, dieſes Weib/ die Maria/ Lazari und Marthaͤ leibliche Schweſter/ die Maria/ nicht auß Galilaͤa zu Magdala buͤrtig/ die reiche/ gutthaͤtige Nehrerin des HErꝛn Chriſti/ ſonſt Maria Magdalena ge- nannt/ weniger die groſſe Suͤnderin und weyland groſſe/ aber nachge- hends bußfertige Ertz-Hur/ Luc. 7. die Chriſto/ dem keuſchen Jungfrauen Sohn/ die Fuͤſſe mit ihren Thraͤnen genetzet/ und mit den Haaren ihres Haupts getruͤcknet/ gekuͤſſet und geſalbet. Wie zwar von Alters her dieſe lugenhafftige und laͤſterliche Sag in dem Roͤmiſchen Babylon (und wolte Gott nicht auch in unſern Kirchen und Cantzeln!) erſchol- len/ und vorgegeben worden/ die Suͤnderin Luc. 7. Maria Magdalena und dieſe Salberin/ und Lazari Schweſter/ ſeyen nicht drey/ ſondern nur ein Weib und eine Perſon geweſen. Maſſen ſich Baronius unterſtehet in ſeinen Annalibus und Kirchen-Chronic ſolches mit aller Macht zuer- haͤrten. anno 32. n. 17. O ungeſchwungene unverſchamte Schand- Lugen! O ſchnoͤde Laͤſterung! damit beydes die fromme und Gottſelige Magdalena und auch Maria Lazari Schweſter geſchmaͤhet und geſchaͤn- det/ und ſo viel hundert Jahr ohne Grund/ fuͤr offentliche/ verruffene/ wiewol bußfertige Schand-Dirnen außgeſchrien worden/ das heißt die Heilige GOttes feyren und in Ehren halten! De Maria Magdalena (verba ſunt judicio ſiſſimi noſtri Chemnitii, Harm. Evang. cap. 58. p. m. 996.) vulgariſſima eſt opinio, ipſam fuiſſe peccatricem, quam Chriſtus capite præcedenti in gratiam receperat, cuique peccata ſua dimiſerat. Imò aliqui faciunt quo- que Neunter Theil. L l l

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/469>, abgerufen am 25.04.2024.