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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Achte Predigt
so ist kein Zweiffel/ es wird wol gerathen. Also in gegenwärtigen Frie-
dens-Tractaten geben sich auch drey Consulenten an; der jenige schöne
Gesell/ der auch am Persianischen Hoff beyräthig/ und am Königlichen
Hoff in Persenland einer der vornemsten Räthe gewesen/ Dan. 10. Die-
ser Hoff-Teuffel lebet noch/ seine mörderische Löwen-Klauen seind since-
rationes,
betrügliche Hoffnung/ Blutdurstigkeit/ und allerhand Extre-
mi
täten. Der Vernunfft Rath ist/ so sie zu Athen vom Thrasybulo
studiert/ die amneseia, und Vergessenheit aller Injurien; Der dritte Rath
ist der beste/ nemlich Buß und Gebet/ die Bekehrung zu GOtt/ und sehn-
liche hertzliche Seufftzer zu GOtt um den lieben/ edlen und guldenen Frie-
den. Nun GOtt erleuchte unsere Augen/ daß wir ja nicht ohne den
Mund des Herrn rathschlagen/ und sein Wort allezeit unfern Rath-
geber seyn lassen. Dem aber der überschwenglich thun kan/ über alles
das wir bitten oder verstehen/ nach der Krafft/ die in uns würcket/ dem sey
Ehre in der Gemein/ die in Christo JEsu ist/ nun und zu allen Zeiten/
von Ewigkeit zu Ewigkeit/ Amen.



Die Achte Predigt/
Von dem Selbs-Gericht oder Selbs-Verdam-
nuß des verlohrnen Sohns/ wie er in sich
geschlagen.

GEliebte im HErrn. Es hat/ gleich wie in H. Schrifft
also auch bey Kirchen-Lehrern und profan Scribenten
das menschliche Gewissen/ das unbegreifflich grosse Ge-
heimnuß/ viel und unterschiedliche Nahmen/ dessen Art und
Natur etlicher massen außzuspäen und zu erkennen. Jns
gemein wird es genennet DEI Theatrum, GOttes
Schau-Platz/ darauff Er/ als ein Hertzenkündiger/ gar genaue Achtung
gibet/ und sichet was für Geschichten da gespielet werden: Lumen mentis,
des Gemüths Liecht/ durch welches nicht allein offenbar wird/ was
verborgen ligt/ sondern auch der Weg gezeiget/ was zu thun. Ante pec-
catum,
vor dem Sünden-Fall wurde das Gewissen genennet Legis
praeco,
des Gesetzes Herold/ animae paedagogus, ein Zuchtmeister

der

Die Achte Predigt
ſo iſt kein Zweiffel/ es wird wol gerathen. Alſo in gegenwaͤrtigen Frie-
dens-Tractaten geben ſich auch drey Conſulenten an; der jenige ſchoͤne
Geſell/ der auch am Perſianiſchen Hoff beyraͤthig/ und am Koͤniglichen
Hoff in Perſenland einer der vornemſten Raͤthe geweſen/ Dan. 10. Die-
ſer Hoff-Teuffel lebet noch/ ſeine moͤrderiſche Loͤwen-Klauen ſeind ſince-
rationes,
betruͤgliche Hoffnung/ Blutdurſtigkeit/ und allerhand Extre-
mi
taͤten. Der Vernunfft Rath iſt/ ſo ſie zu Athen vom Thraſybulo
ſtudiert/ die ἀμνηςεία, und Vergeſſenheit aller Injurien; Der dritte Rath
iſt der beſte/ nemlich Buß und Gebet/ die Bekehrung zu GOtt/ und ſehn-
liche hertzliche Seufftzer zu GOtt um den lieben/ edlen und guldenen Frie-
den. Nun GOtt erleuchte unſere Augen/ daß wir ja nicht ohne den
Mund des Herrn rathſchlagen/ und ſein Wort allezeit unfern Rath-
geber ſeyn laſſen. Dem aber der uͤberſchwenglich thun kan/ uͤber alles
das wir bitten oder verſtehen/ nach der Krafft/ die in uns wuͤrcket/ dem ſey
Ehre in der Gemein/ die in Chriſto JEſu iſt/ nun und zu allen Zeiten/
von Ewigkeit zu Ewigkeit/ Amen.



Die Achte Predigt/
Von dem Selbs-Gericht oder Selbs-Verdam-
nuß des verlohrnen Sohns/ wie er in ſich
geſchlagen.

GEliebte im HErꝛn. Es hat/ gleich wie in H. Schrifft
alſo auch bey Kirchen-Lehrern und profan Scribenten
das menſchliche Gewiſſen/ das unbegreifflich groſſe Ge-
heimnuß/ viel und unterſchiedliche Nahmen/ deſſen Art und
Natur etlicher maſſen außzuſpaͤen und zu erkennen. Jns
gemein wird es genennet DEI Theatrum, GOttes
Schau-Platz/ darauff Er/ als ein Hertzenkuͤndiger/ gar genaue Achtung
gibet/ und ſichet was fuͤr Geſchichten da geſpielet werden: Lumen mentis,
des Gemuͤths Liecht/ durch welches nicht allein offenbar wird/ was
verborgen ligt/ ſondern auch der Weg gezeiget/ was zu thun. Ante pec-
catum,
vor dem Suͤnden-Fall wurde das Gewiſſen genennet Legis
præco,
des Geſetzes Herold/ animæ pædagogus, ein Zuchtmeiſter

der
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[60/0078] Die Achte Predigt ſo iſt kein Zweiffel/ es wird wol gerathen. Alſo in gegenwaͤrtigen Frie- dens-Tractaten geben ſich auch drey Conſulenten an; der jenige ſchoͤne Geſell/ der auch am Perſianiſchen Hoff beyraͤthig/ und am Koͤniglichen Hoff in Perſenland einer der vornemſten Raͤthe geweſen/ Dan. 10. Die- ſer Hoff-Teuffel lebet noch/ ſeine moͤrderiſche Loͤwen-Klauen ſeind ſince- rationes, betruͤgliche Hoffnung/ Blutdurſtigkeit/ und allerhand Extre- mitaͤten. Der Vernunfft Rath iſt/ ſo ſie zu Athen vom Thraſybulo ſtudiert/ die ἀμνηςεία, und Vergeſſenheit aller Injurien; Der dritte Rath iſt der beſte/ nemlich Buß und Gebet/ die Bekehrung zu GOtt/ und ſehn- liche hertzliche Seufftzer zu GOtt um den lieben/ edlen und guldenen Frie- den. Nun GOtt erleuchte unſere Augen/ daß wir ja nicht ohne den Mund des Herrn rathſchlagen/ und ſein Wort allezeit unfern Rath- geber ſeyn laſſen. Dem aber der uͤberſchwenglich thun kan/ uͤber alles das wir bitten oder verſtehen/ nach der Krafft/ die in uns wuͤrcket/ dem ſey Ehre in der Gemein/ die in Chriſto JEſu iſt/ nun und zu allen Zeiten/ von Ewigkeit zu Ewigkeit/ Amen. Die Achte Predigt/ Von dem Selbs-Gericht oder Selbs-Verdam- nuß des verlohrnen Sohns/ wie er in ſich geſchlagen. GEliebte im HErꝛn. Es hat/ gleich wie in H. Schrifft alſo auch bey Kirchen-Lehrern und profan Scribenten das menſchliche Gewiſſen/ das unbegreifflich groſſe Ge- heimnuß/ viel und unterſchiedliche Nahmen/ deſſen Art und Natur etlicher maſſen außzuſpaͤen und zu erkennen. Jns gemein wird es genennet DEI Theatrum, GOttes Schau-Platz/ darauff Er/ als ein Hertzenkuͤndiger/ gar genaue Achtung gibet/ und ſichet was fuͤr Geſchichten da geſpielet werden: Lumen mentis, des Gemuͤths Liecht/ durch welches nicht allein offenbar wird/ was verborgen ligt/ ſondern auch der Weg gezeiget/ was zu thun. Ante pec- catum, vor dem Suͤnden-Fall wurde das Gewiſſen genennet Legis præco, des Geſetzes Herold/ animæ pædagogus, ein Zuchtmeiſter der

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/78>, abgerufen am 25.04.2024.