Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

von der Sicherheit des Staats.
so kostet es mehrere Mühe, eine geschickte Strafe zu
erfinden. Gefängniß-Strafe macht Müßiggänger.
Er muß arbeiten. Das lehret ihm wirthschaften, und
die Policey kann diese Arbeiten zum Nutzen des
Staats regieren.

§. 217.

Wenn man ferner alles genau untersuchet, wasDurch Zer-
nichtung der
Weitläuftig-
keit der Pro-
cesse.

vorgehet, so wird man es merken, daß die Gründe,
welche die Processe weitläuftig machen, diese sind.
Der erste, daß man so viele Neben-Dinge beybrin-
get, die nicht zur Haupt-Sache gehören. Der an-
dere,
daß man ungestraft alles im Gerichte läugnen
kann. Der dritte, daß man die Freyheit hat, mehr
zu fodern, als was man beweisen kann. Der vierte,
daß man die Freyheit hat, bald diesen, bald einen an-
dern Termin weiter hinaus zu setzen. Der fünfte,
die Menge und die Undeutlichkeit der Gesetze, daher
bald dieses, bald jenes scheinbare Gründe zur Ausflucht
giebt.

§. 218.

Jn dieser Betrachtung gründet die Policey fol-Wie diese
möglich.

gende Vorschläge:

Einmahl: Wenn der Kläger im Processe Dinge
vorbringet, die nicht zur Sache gehören, so soll
er sogleich sein Recht verliehren, und thut es der
Beklagte, so soll er sogleich zur Bezahlung der
Schulden verdammet seyn.
Fürs andere: Wenn der Kläger bey dem Pro-
cesse etwas läugnet, was ihm mit der Zeit
bewiesen wird, so soll sein Recht ins Gericht
verfallen seyn, und thut es der Beklagte, so soll
er mit der Strafe, die §. 216. ist bestimmet
worden, zweyfach beleget werden.
Fürs

von der Sicherheit des Staats.
ſo koſtet es mehrere Muͤhe, eine geſchickte Strafe zu
erfinden. Gefaͤngniß-Strafe macht Muͤßiggaͤnger.
Er muß arbeiten. Das lehret ihm wirthſchaften, und
die Policey kann dieſe Arbeiten zum Nutzen des
Staats regieren.

§. 217.

Wenn man ferner alles genau unterſuchet, wasDurch Zer-
nichtung der
Weitlaͤuftig-
keit der Pro-
ceſſe.

vorgehet, ſo wird man es merken, daß die Gruͤnde,
welche die Proceſſe weitlaͤuftig machen, dieſe ſind.
Der erſte, daß man ſo viele Neben-Dinge beybrin-
get, die nicht zur Haupt-Sache gehoͤren. Der an-
dere,
daß man ungeſtraft alles im Gerichte laͤugnen
kann. Der dritte, daß man die Freyheit hat, mehr
zu fodern, als was man beweiſen kann. Der vierte,
daß man die Freyheit hat, bald dieſen, bald einen an-
dern Termin weiter hinaus zu ſetzen. Der fuͤnfte,
die Menge und die Undeutlichkeit der Geſetze, daher
bald dieſes, bald jenes ſcheinbare Gruͤnde zur Ausflucht
giebt.

§. 218.

Jn dieſer Betrachtung gruͤndet die Policey fol-Wie dieſe
moͤglich.

gende Vorſchlaͤge:

Einmahl: Wenn der Klaͤger im Proceſſe Dinge
vorbringet, die nicht zur Sache gehoͤren, ſo ſoll
er ſogleich ſein Recht verliehren, und thut es der
Beklagte, ſo ſoll er ſogleich zur Bezahlung der
Schulden verdammet ſeyn.
Fuͤrs andere: Wenn der Klaͤger bey dem Pro-
ceſſe etwas laͤugnet, was ihm mit der Zeit
bewieſen wird, ſo ſoll ſein Recht ins Gericht
verfallen ſeyn, und thut es der Beklagte, ſo ſoll
er mit der Strafe, die §. 216. iſt beſtimmet
worden, zweyfach beleget werden.
Fuͤrs
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0527" n="507"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der Sicherheit des Staats.</hi></fw><lb/>
&#x017F;o ko&#x017F;tet es mehrere Mu&#x0364;he, eine ge&#x017F;chickte Strafe zu<lb/>
erfinden. Gefa&#x0364;ngniß-Strafe macht Mu&#x0364;ßigga&#x0364;nger.<lb/>
Er muß arbeiten. Das lehret ihm wirth&#x017F;chaften, und<lb/>
die Policey kann die&#x017F;e Arbeiten zum Nutzen des<lb/>
Staats regieren.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 217.</head><lb/>
              <p>Wenn man ferner alles genau unter&#x017F;uchet, was<note place="right">Durch Zer-<lb/>
nichtung der<lb/>
Weitla&#x0364;uftig-<lb/>
keit der Pro-<lb/>
ce&#x017F;&#x017F;e.</note><lb/>
vorgehet, &#x017F;o wird man es merken, daß die Gru&#x0364;nde,<lb/>
welche die Proce&#x017F;&#x017F;e weitla&#x0364;uftig machen, die&#x017F;e &#x017F;ind.<lb/><hi rendition="#fr">Der er&#x017F;te,</hi> daß man &#x017F;o viele Neben-Dinge beybrin-<lb/>
get, die nicht zur Haupt-Sache geho&#x0364;ren. <hi rendition="#fr">Der an-<lb/>
dere,</hi> daß man unge&#x017F;traft alles im Gerichte la&#x0364;ugnen<lb/>
kann. <hi rendition="#fr">Der dritte,</hi> daß man die Freyheit hat, mehr<lb/>
zu fodern, als was man bewei&#x017F;en kann. <hi rendition="#fr">Der vierte,</hi><lb/>
daß man die Freyheit hat, bald die&#x017F;en, bald einen an-<lb/>
dern Termin weiter hinaus zu &#x017F;etzen. <hi rendition="#fr">Der fu&#x0364;nfte,</hi><lb/>
die Menge und die Undeutlichkeit der Ge&#x017F;etze, daher<lb/>
bald die&#x017F;es, bald jenes &#x017F;cheinbare Gru&#x0364;nde zur Ausflucht<lb/>
giebt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 218.</head><lb/>
              <p>Jn die&#x017F;er Betrachtung gru&#x0364;ndet die Policey fol-<note place="right">Wie die&#x017F;e<lb/>
mo&#x0364;glich.</note><lb/>
gende Vor&#x017F;chla&#x0364;ge:</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#fr">Einmahl:</hi> Wenn der Kla&#x0364;ger im Proce&#x017F;&#x017F;e Dinge<lb/>
vorbringet, die nicht zur Sache geho&#x0364;ren, &#x017F;o &#x017F;oll<lb/>
er &#x017F;ogleich &#x017F;ein Recht verliehren, und thut es der<lb/>
Beklagte, &#x017F;o &#x017F;oll er &#x017F;ogleich zur Bezahlung der<lb/>
Schulden verdammet &#x017F;eyn.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#fr">Fu&#x0364;rs andere:</hi> Wenn der Kla&#x0364;ger bey dem Pro-<lb/>
ce&#x017F;&#x017F;e etwas la&#x0364;ugnet, was ihm mit der Zeit<lb/>
bewie&#x017F;en wird, &#x017F;o &#x017F;oll &#x017F;ein Recht ins Gericht<lb/>
verfallen &#x017F;eyn, und thut es der Beklagte, &#x017F;o &#x017F;oll<lb/>
er mit der Strafe, die §. 216. i&#x017F;t be&#x017F;timmet<lb/>
worden, zweyfach beleget werden.</item>
              </list><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Fu&#x0364;rs</hi> </fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[507/0527] von der Sicherheit des Staats. ſo koſtet es mehrere Muͤhe, eine geſchickte Strafe zu erfinden. Gefaͤngniß-Strafe macht Muͤßiggaͤnger. Er muß arbeiten. Das lehret ihm wirthſchaften, und die Policey kann dieſe Arbeiten zum Nutzen des Staats regieren. §. 217. Wenn man ferner alles genau unterſuchet, was vorgehet, ſo wird man es merken, daß die Gruͤnde, welche die Proceſſe weitlaͤuftig machen, dieſe ſind. Der erſte, daß man ſo viele Neben-Dinge beybrin- get, die nicht zur Haupt-Sache gehoͤren. Der an- dere, daß man ungeſtraft alles im Gerichte laͤugnen kann. Der dritte, daß man die Freyheit hat, mehr zu fodern, als was man beweiſen kann. Der vierte, daß man die Freyheit hat, bald dieſen, bald einen an- dern Termin weiter hinaus zu ſetzen. Der fuͤnfte, die Menge und die Undeutlichkeit der Geſetze, daher bald dieſes, bald jenes ſcheinbare Gruͤnde zur Ausflucht giebt. Durch Zer- nichtung der Weitlaͤuftig- keit der Pro- ceſſe. §. 218. Jn dieſer Betrachtung gruͤndet die Policey fol- gende Vorſchlaͤge: Wie dieſe moͤglich. Einmahl: Wenn der Klaͤger im Proceſſe Dinge vorbringet, die nicht zur Sache gehoͤren, ſo ſoll er ſogleich ſein Recht verliehren, und thut es der Beklagte, ſo ſoll er ſogleich zur Bezahlung der Schulden verdammet ſeyn. Fuͤrs andere: Wenn der Klaͤger bey dem Pro- ceſſe etwas laͤugnet, was ihm mit der Zeit bewieſen wird, ſo ſoll ſein Recht ins Gericht verfallen ſeyn, und thut es der Beklagte, ſo ſoll er mit der Strafe, die §. 216. iſt beſtimmet worden, zweyfach beleget werden. Fuͤrs

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/527
Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/527>, abgerufen am 25.04.2024.