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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

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regelmäßigen Anwend. der fürstl Einkünfte.
würden aus dem Hause laufen, dieweil ihnen nicht
so viel übrig geblieben, daß sie ihre Nahrungs-
Geschäfte unter einander treiben, und sich ernäh-
ren könnten, und ich würde meines Einkommens
beraubt werden, und ob ich gleich solches Geld al-
les bey einander hätte, so würde ich doch damit al-
len Zufällen des Unglücks so ängstlich unterworfen
seyn, daß ich, wie ein Spieler, keinen
Augenblick versichert wäre, daß mich nicht die äu-
serste Armuth überfallen möchte. Wer siehet nun
nicht, daß ich mit diesem Beyspiele das Jnteresse,
welches ein Fürst von seinem Lande hat, habe ab-
mahlen wollen; denn man stelle damit eine Ver-
gleichung an, so wird man finden, daß ich nicht
unrecht geredet habe. Gesetzt, ein Land hätte 100.
Millionen baares Geld, und dieses Land wäre also
gelegen, daß es mit fremden Völkern entweder
gar keinen Handel, oder nur einen Handel mit
Verlust hätte; welches also zu verstehen ist, daß
dieses Land zum Beyspiele 2. Millionen werth
Wein, Wolle, Vieh, Kupfer, oder andere Dinge,
welche im Lande wachsen, oder gemacht werden, an
fremde Völker verkaufte, aber 4. Millionen werth
Waaren wieder hingegen ins Land brächte, so wäre
dieses ein Handel mit Verlust, weil die übrigen 2.
Millionen, welche nicht mit unsern ausgeführten
Waaren können getauscht werden, mit baarem Gel-
de müssen bezahlet werden, ein solches Land, sage
ich, besäße ein Fürst, welcher von diesem Lande jähr-
lich 30. Millionen Einkünfte hätte; wenn nun die-
ser Fürst seine Wirthschaft also einrichtete, daß er
nicht mehr denn 15. Millionen jährlich verzehrte,
so würde mancher für gar gewiß und nützlich ach-
ten, daß er die übrigen 15. Millionen in seinen
Schatz zu einem Spaarpfenning beylegen sollte,
durch welches Mittel er in 20. Jahren 300. Mil-

lionen
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regelmaͤßigen Anwend. der fuͤrſtl Einkuͤnfte.
wuͤrden aus dem Hauſe laufen, dieweil ihnen nicht
ſo viel uͤbrig geblieben, daß ſie ihre Nahrungs-
Geſchaͤfte unter einander treiben, und ſich ernaͤh-
ren koͤnnten, und ich wuͤrde meines Einkommens
beraubt werden, und ob ich gleich ſolches Geld al-
les bey einander haͤtte, ſo wuͤrde ich doch damit al-
len Zufaͤllen des Ungluͤcks ſo aͤngſtlich unterworfen
ſeyn, daß ich, wie ein Spieler, keinen
Augenblick verſichert waͤre, daß mich nicht die aͤu-
ſerſte Armuth uͤberfallen moͤchte. Wer ſiehet nun
nicht, daß ich mit dieſem Beyſpiele das Jntereſſe,
welches ein Fuͤrſt von ſeinem Lande hat, habe ab-
mahlen wollen; denn man ſtelle damit eine Ver-
gleichung an, ſo wird man finden, daß ich nicht
unrecht geredet habe. Geſetzt, ein Land haͤtte 100.
Millionen baares Geld, und dieſes Land waͤre alſo
gelegen, daß es mit fremden Voͤlkern entweder
gar keinen Handel, oder nur einen Handel mit
Verluſt haͤtte; welches alſo zu verſtehen iſt, daß
dieſes Land zum Beyſpiele 2. Millionen werth
Wein, Wolle, Vieh, Kupfer, oder andere Dinge,
welche im Lande wachſen, oder gemacht werden, an
fremde Voͤlker verkaufte, aber 4. Millionen werth
Waaren wieder hingegen ins Land braͤchte, ſo waͤre
dieſes ein Handel mit Verluſt, weil die uͤbrigen 2.
Millionen, welche nicht mit unſern ausgefuͤhrten
Waaren koͤnnen getauſcht werden, mit baarem Gel-
de muͤſſen bezahlet werden, ein ſolches Land, ſage
ich, beſaͤße ein Fuͤrſt, welcher von dieſem Lande jaͤhr-
lich 30. Millionen Einkuͤnfte haͤtte; wenn nun die-
ſer Fuͤrſt ſeine Wirthſchaft alſo einrichtete, daß er
nicht mehr denn 15. Millionen jaͤhrlich verzehrte,
ſo wuͤrde mancher fuͤr gar gewiß und nuͤtzlich ach-
ten, daß er die uͤbrigen 15. Millionen in ſeinen
Schatz zu einem Spaarpfenning beylegen ſollte,
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[659/0679] regelmaͤßigen Anwend. der fuͤrſtl Einkuͤnfte. wuͤrden aus dem Hauſe laufen, dieweil ihnen nicht ſo viel uͤbrig geblieben, daß ſie ihre Nahrungs- Geſchaͤfte unter einander treiben, und ſich ernaͤh- ren koͤnnten, und ich wuͤrde meines Einkommens beraubt werden, und ob ich gleich ſolches Geld al- les bey einander haͤtte, ſo wuͤrde ich doch damit al- len Zufaͤllen des Ungluͤcks ſo aͤngſtlich unterworfen ſeyn, daß ich, wie ein Spieler, keinen Augenblick verſichert waͤre, daß mich nicht die aͤu- ſerſte Armuth uͤberfallen moͤchte. Wer ſiehet nun nicht, daß ich mit dieſem Beyſpiele das Jntereſſe, welches ein Fuͤrſt von ſeinem Lande hat, habe ab- mahlen wollen; denn man ſtelle damit eine Ver- gleichung an, ſo wird man finden, daß ich nicht unrecht geredet habe. Geſetzt, ein Land haͤtte 100. Millionen baares Geld, und dieſes Land waͤre alſo gelegen, daß es mit fremden Voͤlkern entweder gar keinen Handel, oder nur einen Handel mit Verluſt haͤtte; welches alſo zu verſtehen iſt, daß dieſes Land zum Beyſpiele 2. Millionen werth Wein, Wolle, Vieh, Kupfer, oder andere Dinge, welche im Lande wachſen, oder gemacht werden, an fremde Voͤlker verkaufte, aber 4. Millionen werth Waaren wieder hingegen ins Land braͤchte, ſo waͤre dieſes ein Handel mit Verluſt, weil die uͤbrigen 2. Millionen, welche nicht mit unſern ausgefuͤhrten Waaren koͤnnen getauſcht werden, mit baarem Gel- de muͤſſen bezahlet werden, ein ſolches Land, ſage ich, beſaͤße ein Fuͤrſt, welcher von dieſem Lande jaͤhr- lich 30. Millionen Einkuͤnfte haͤtte; wenn nun die- ſer Fuͤrſt ſeine Wirthſchaft alſo einrichtete, daß er nicht mehr denn 15. Millionen jaͤhrlich verzehrte, ſo wuͤrde mancher fuͤr gar gewiß und nuͤtzlich ach- ten, daß er die uͤbrigen 15. Millionen in ſeinen Schatz zu einem Spaarpfenning beylegen ſollte, durch welches Mittel er in 20. Jahren 300. Mil- lionen T t 2

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Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 659. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/679>, abgerufen am 19.04.2024.