Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Drosera rotundifolia. Cap. 6.
kommenen Chlorophyll-Körner zu unterscheiden; einige waren verschrumpft,
von gelblich-grüner Färbung und hatten sich in der Mitte der Zellen an-
gesammelt; andere waren zerfallen und bildeten eine gelbliche Masse
gleichfalls in der Mitte der Zellen. Andererseits waren in den, von feuch-
ter Baumwolle umgebenen Schnittchen die Chlorophyll-Körner grün und
so vollkommen wie je. Mein Sohn legte auch einige Schnitte in künst-
lichen Magensaft; und dieser wirkte auf dieselben in nahezu derselben
Art und Weise ein, wie das Secret. Wir haben gesehen, dasz Stückchen
von frischen Kohl- und Spinat-Blättern es bewirken, dasz sich die Ten-
takeln einbiegen und dasz die Drüsen reichliches saures Secret ergieszen;
es läszt sich nur wenig daran zweifeln, dasz es das die Chlorophyll-
Körner bildende und die Zellwände auskleidende Protoplasma ist, wel-
ches die Blätter reizt.

Fett und Öl. -- Würfel von beinahe reinem, nicht gekochtem Fett,
auf verschiedene Blätter gelegt, erhielten nicht im geringsten abgerundete
Kanten. Wir haben auch gesehen, dasz die Fettkügelchen in der Milch
nicht verdaut werden. Ebensowenig bewirkt Olivenöl, auf die Scheiben
von Blättern getropft, irgend welche Einbiegung; wenn aber die Blätter
in Olivenöl eingetaucht werden, werden sie stark eingebogen; auf diesen
Gegenstand habe ich aber noch zurückzukommen. Ölige Substanzen wer-
den vom Magensaft der Thiere nicht verdaut.

Stärkmehl. -- Im Ganzen ziemlich grosze Stückchen Stärkmehl
bewirkten gut ausgesprochene Einbiegung; die Blätter breiteten sich nicht
vor dem vierten Tage wieder aus. Ich habe aber keinen Zweifel, dasz
dies eine Folge der fortdauernden Reizung der Drüsen war, da das Stärk-
mehl fortfuhr, das Secret aufzusaugen. Die Stückchen waren nicht im
mindesten an Grösze reducirt; wir wissen auch, dasz in eine Stärke-
Emulsion eingetauchte Blätter durchaus nicht afficirt werden. Ich brauche
kaum zu sagen, dasz Stärkmehl vom Magensafte der Thiere nicht ver-
daut wird.

Wirkung des Secrets auf lebende Samen.

Es sollen hier die Resultate einiger Experimente an lebenden, durch
Zufall ausgewählten Samen mitgetheilt werden, obschon sie sich nur in-
direct auf den uns hier vorliegenden Gegenstand der Verdauung beziehen.

Sieben Kohlsamen des vorhergehenden Jahres wurden auf eine gleiche
Zahl von Blättern gelegt. Einige dieser Blätter wurden mäszig, die
gröszere Zahl aber nur unbedeutend eingebogen, und die meisten breite-
ten sich am dritten Tage wieder aus. Eines blieb indessen bis zum vierten
und ein andres bis zum fünften eingeschlagen. Es waren daher diese
Blätter durch die Samen etwas mehr gereizt als durch unorganische Kör-
per von derselben Grösze. Nachdem sie sich wieder ausgebreitet hatten,
wurden die Samen in günstige Bedingungen auf feuchten Sand gebracht;
andere Samen aus derselben Menge wurden zu derselben Zeit in derselben
Weise probirt, und es stellte sich dabei heraus, dasz sie gut keimten.
Von den sieben Samen, welche der Einwirkung des Secrets ausgesetzt ge-
wesen waren, keimten nur drei; einer der drei Sämlinge starb bald ab,
da die Spitze des Würzelchens vom Anfang an verwelkt und die Ränder

Drosera rotundifolia. Cap. 6.
kommenen Chlorophyll-Körner zu unterscheiden; einige waren verschrumpft,
von gelblich-grüner Färbung und hatten sich in der Mitte der Zellen an-
gesammelt; andere waren zerfallen und bildeten eine gelbliche Masse
gleichfalls in der Mitte der Zellen. Andererseits waren in den, von feuch-
ter Baumwolle umgebenen Schnittchen die Chlorophyll-Körner grün und
so vollkommen wie je. Mein Sohn legte auch einige Schnitte in künst-
lichen Magensaft; und dieser wirkte auf dieselben in nahezu derselben
Art und Weise ein, wie das Secret. Wir haben gesehen, dasz Stückchen
von frischen Kohl- und Spinat-Blättern es bewirken, dasz sich die Ten-
takeln einbiegen und dasz die Drüsen reichliches saures Secret ergieszen;
es läszt sich nur wenig daran zweifeln, dasz es das die Chlorophyll-
Körner bildende und die Zellwände auskleidende Protoplasma ist, wel-
ches die Blätter reizt.

Fett und Öl. — Würfel von beinahe reinem, nicht gekochtem Fett,
auf verschiedene Blätter gelegt, erhielten nicht im geringsten abgerundete
Kanten. Wir haben auch gesehen, dasz die Fettkügelchen in der Milch
nicht verdaut werden. Ebensowenig bewirkt Olivenöl, auf die Scheiben
von Blättern getropft, irgend welche Einbiegung; wenn aber die Blätter
in Olivenöl eingetaucht werden, werden sie stark eingebogen; auf diesen
Gegenstand habe ich aber noch zurückzukommen. Ölige Substanzen wer-
den vom Magensaft der Thiere nicht verdaut.

Stärkmehl. — Im Ganzen ziemlich grosze Stückchen Stärkmehl
bewirkten gut ausgesprochene Einbiegung; die Blätter breiteten sich nicht
vor dem vierten Tage wieder aus. Ich habe aber keinen Zweifel, dasz
dies eine Folge der fortdauernden Reizung der Drüsen war, da das Stärk-
mehl fortfuhr, das Secret aufzusaugen. Die Stückchen waren nicht im
mindesten an Grösze reducirt; wir wissen auch, dasz in eine Stärke-
Emulsion eingetauchte Blätter durchaus nicht afficirt werden. Ich brauche
kaum zu sagen, dasz Stärkmehl vom Magensafte der Thiere nicht ver-
daut wird.

Wirkung des Secrets auf lebende Samen.

Es sollen hier die Resultate einiger Experimente an lebenden, durch
Zufall ausgewählten Samen mitgetheilt werden, obschon sie sich nur in-
direct auf den uns hier vorliegenden Gegenstand der Verdauung beziehen.

Sieben Kohlsamen des vorhergehenden Jahres wurden auf eine gleiche
Zahl von Blättern gelegt. Einige dieser Blätter wurden mäszig, die
gröszere Zahl aber nur unbedeutend eingebogen, und die meisten breite-
ten sich am dritten Tage wieder aus. Eines blieb indessen bis zum vierten
und ein andres bis zum fünften eingeschlagen. Es waren daher diese
Blätter durch die Samen etwas mehr gereizt als durch unorganische Kör-
per von derselben Grösze. Nachdem sie sich wieder ausgebreitet hatten,
wurden die Samen in günstige Bedingungen auf feuchten Sand gebracht;
andere Samen aus derselben Menge wurden zu derselben Zeit in derselben
Weise probirt, und es stellte sich dabei heraus, dasz sie gut keimten.
Von den sieben Samen, welche der Einwirkung des Secrets ausgesetzt ge-
wesen waren, keimten nur drei; einer der drei Sämlinge starb bald ab,
da die Spitze des Würzelchens vom Anfang an verwelkt und die Ränder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0126" n="112"/><fw place="top" type="header">Drosera rotundifolia. Cap. 6.</fw><lb/>
kommenen Chlorophyll-Körner zu unterscheiden; einige waren verschrumpft,<lb/>
von gelblich-grüner Färbung und hatten sich in der Mitte der Zellen an-<lb/>
gesammelt; andere waren zerfallen und bildeten eine gelbliche Masse<lb/>
gleichfalls in der Mitte der Zellen. Andererseits waren in den, von feuch-<lb/>
ter Baumwolle umgebenen Schnittchen die Chlorophyll-Körner grün und<lb/>
so vollkommen wie je. Mein Sohn legte auch einige Schnitte in künst-<lb/>
lichen Magensaft; und dieser wirkte auf dieselben in nahezu derselben<lb/>
Art und Weise ein, wie das Secret. Wir haben gesehen, dasz Stückchen<lb/>
von frischen Kohl- und Spinat-Blättern es bewirken, dasz sich die Ten-<lb/>
takeln einbiegen und dasz die Drüsen reichliches saures Secret ergieszen;<lb/>
es läszt sich nur wenig daran zweifeln, dasz es das die Chlorophyll-<lb/>
Körner bildende und die Zellwände auskleidende Protoplasma ist, wel-<lb/>
ches die Blätter reizt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Fett und Öl.</hi> &#x2014; Würfel von beinahe reinem, nicht gekochtem Fett,<lb/>
auf verschiedene Blätter gelegt, erhielten nicht im geringsten abgerundete<lb/>
Kanten. Wir haben auch gesehen, dasz die Fettkügelchen in der Milch<lb/>
nicht verdaut werden. Ebensowenig bewirkt Olivenöl, auf die Scheiben<lb/>
von Blättern getropft, irgend welche Einbiegung; wenn aber die Blätter<lb/>
in Olivenöl eingetaucht werden, werden sie stark eingebogen; auf diesen<lb/>
Gegenstand habe ich aber noch zurückzukommen. Ölige Substanzen wer-<lb/>
den vom Magensaft der Thiere nicht verdaut.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Stärkmehl.</hi> &#x2014; Im Ganzen ziemlich grosze Stückchen Stärkmehl<lb/>
bewirkten gut ausgesprochene Einbiegung; die Blätter breiteten sich nicht<lb/>
vor dem vierten Tage wieder aus. Ich habe aber keinen Zweifel, dasz<lb/>
dies eine Folge der fortdauernden Reizung der Drüsen war, da das Stärk-<lb/>
mehl fortfuhr, das Secret aufzusaugen. Die Stückchen waren nicht im<lb/>
mindesten an Grösze reducirt; wir wissen auch, dasz in eine Stärke-<lb/>
Emulsion eingetauchte Blätter durchaus nicht afficirt werden. Ich brauche<lb/>
kaum zu sagen, dasz Stärkmehl vom Magensafte der Thiere nicht ver-<lb/>
daut wird.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Wirkung des Secrets auf lebende Samen.</hi> </head><lb/>
          <p>Es sollen hier die Resultate einiger Experimente an lebenden, durch<lb/>
Zufall ausgewählten Samen mitgetheilt werden, obschon sie sich nur in-<lb/>
direct auf den uns hier vorliegenden Gegenstand der Verdauung beziehen.</p><lb/>
          <p>Sieben Kohlsamen des vorhergehenden Jahres wurden auf eine gleiche<lb/>
Zahl von Blättern gelegt. Einige dieser Blätter wurden mäszig, die<lb/>
gröszere Zahl aber nur unbedeutend eingebogen, und die meisten breite-<lb/>
ten sich am dritten Tage wieder aus. Eines blieb indessen bis zum vierten<lb/>
und ein andres bis zum fünften eingeschlagen. Es waren daher diese<lb/>
Blätter durch die Samen etwas mehr gereizt als durch unorganische Kör-<lb/>
per von derselben Grösze. Nachdem sie sich wieder ausgebreitet hatten,<lb/>
wurden die Samen in günstige Bedingungen auf feuchten Sand gebracht;<lb/>
andere Samen aus derselben Menge wurden zu derselben Zeit in derselben<lb/>
Weise probirt, und es stellte sich dabei heraus, dasz sie gut keimten.<lb/>
Von den sieben Samen, welche der Einwirkung des Secrets ausgesetzt ge-<lb/>
wesen waren, keimten nur drei; einer der drei Sämlinge starb bald ab,<lb/>
da die Spitze des Würzelchens vom Anfang an verwelkt und die Ränder<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0126] Drosera rotundifolia. Cap. 6. kommenen Chlorophyll-Körner zu unterscheiden; einige waren verschrumpft, von gelblich-grüner Färbung und hatten sich in der Mitte der Zellen an- gesammelt; andere waren zerfallen und bildeten eine gelbliche Masse gleichfalls in der Mitte der Zellen. Andererseits waren in den, von feuch- ter Baumwolle umgebenen Schnittchen die Chlorophyll-Körner grün und so vollkommen wie je. Mein Sohn legte auch einige Schnitte in künst- lichen Magensaft; und dieser wirkte auf dieselben in nahezu derselben Art und Weise ein, wie das Secret. Wir haben gesehen, dasz Stückchen von frischen Kohl- und Spinat-Blättern es bewirken, dasz sich die Ten- takeln einbiegen und dasz die Drüsen reichliches saures Secret ergieszen; es läszt sich nur wenig daran zweifeln, dasz es das die Chlorophyll- Körner bildende und die Zellwände auskleidende Protoplasma ist, wel- ches die Blätter reizt. Fett und Öl. — Würfel von beinahe reinem, nicht gekochtem Fett, auf verschiedene Blätter gelegt, erhielten nicht im geringsten abgerundete Kanten. Wir haben auch gesehen, dasz die Fettkügelchen in der Milch nicht verdaut werden. Ebensowenig bewirkt Olivenöl, auf die Scheiben von Blättern getropft, irgend welche Einbiegung; wenn aber die Blätter in Olivenöl eingetaucht werden, werden sie stark eingebogen; auf diesen Gegenstand habe ich aber noch zurückzukommen. Ölige Substanzen wer- den vom Magensaft der Thiere nicht verdaut. Stärkmehl. — Im Ganzen ziemlich grosze Stückchen Stärkmehl bewirkten gut ausgesprochene Einbiegung; die Blätter breiteten sich nicht vor dem vierten Tage wieder aus. Ich habe aber keinen Zweifel, dasz dies eine Folge der fortdauernden Reizung der Drüsen war, da das Stärk- mehl fortfuhr, das Secret aufzusaugen. Die Stückchen waren nicht im mindesten an Grösze reducirt; wir wissen auch, dasz in eine Stärke- Emulsion eingetauchte Blätter durchaus nicht afficirt werden. Ich brauche kaum zu sagen, dasz Stärkmehl vom Magensafte der Thiere nicht ver- daut wird. Wirkung des Secrets auf lebende Samen. Es sollen hier die Resultate einiger Experimente an lebenden, durch Zufall ausgewählten Samen mitgetheilt werden, obschon sie sich nur in- direct auf den uns hier vorliegenden Gegenstand der Verdauung beziehen. Sieben Kohlsamen des vorhergehenden Jahres wurden auf eine gleiche Zahl von Blättern gelegt. Einige dieser Blätter wurden mäszig, die gröszere Zahl aber nur unbedeutend eingebogen, und die meisten breite- ten sich am dritten Tage wieder aus. Eines blieb indessen bis zum vierten und ein andres bis zum fünften eingeschlagen. Es waren daher diese Blätter durch die Samen etwas mehr gereizt als durch unorganische Kör- per von derselben Grösze. Nachdem sie sich wieder ausgebreitet hatten, wurden die Samen in günstige Bedingungen auf feuchten Sand gebracht; andere Samen aus derselben Menge wurden zu derselben Zeit in derselben Weise probirt, und es stellte sich dabei heraus, dasz sie gut keimten. Von den sieben Samen, welche der Einwirkung des Secrets ausgesetzt ge- wesen waren, keimten nur drei; einer der drei Sämlinge starb bald ab, da die Spitze des Würzelchens vom Anfang an verwelkt und die Ränder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/126
Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/126>, abgerufen am 28.03.2024.