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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Drosera rotundifolia. Cap. 6.
Vergröszerung untersucht; es liesz sich indessen nichts erkennen als
ein wenig Schmutz und eine ziemlich bedeutende Anzahl von Stärk-
mehlkörnern, welche von der Salzsäure nicht aufgelöst worden waren.
Einige der Drüsen waren ziemlich blasz. Wir erkennen hieraus, dasz
mit schwacher Salzsäure behandelter Leim kein so kräftiger und kein
so anhaltender Reiz ist wie frischer Leim, auch die Drüsen nicht be-
deutend verletzt; und wir erkennen ferner, dasz er von dem Secrete
schnell und vollständig verdaut werden kann.

Globulin oder Crystallin. -- Dr. Moore war so gut, mir diese
Substanz aus der Linse des Auges darzustellen; sie bestand ans harten,
farblosen, durchscheinenden Bruchstücken. Es wird angegeben14, Globulin
soll "in Wasser aufschwellen und sich lösen, für den gröszten Theil eine
"gummiartige Flüssigkeit bildend"; dies trat aber mit den erwähnten
Bruchstücken nicht ein, trotzdem sie vier Tage lang in Wasser liegen
gelassen wurden. Verschiedene Stückchen, einige mit Wasser, andere mit
schwacher Salzsäure befeuchtet, noch andere einen oder zwei Tage lang
in Wasser gelassen, wurden auf neunzehn Blätter gelegt. Die meisten
dieser Blätter, besonders diejenigen mit den in Wasser gelegenen Stück-
chen wurden in wenig Stunden stark eingebogen. Die gröszere Zahl
breitete sich nach drei oder vier Tagen wieder aus; aber drei Blätter
blieben noch einen, zwei oder drei weitere Tage lang eingebogen. Es
musz demnach etwas reizende Substanz absorbirt worden sein; die Frag-
mente aber, obschon sie vielleicht in einem bedeutenderen Grade erweicht
waren als die eine gleich lange Zeit in Wasser gelassenen, behielten
alle ihre Winkel so scharf wie je. Da das Globulin eine albuminöse
Substanz ist, so war ich über das Resultat erstaunt; da meine Absicht
die war, die Wirkungsweise des Drosera-Secrets mit der des Magensaftes
zu vergleichen, so bat ich Dr. Burdon Sanderson, mit dem von mir be-
nutzten Globulin Versuche zu machen. Er theilt mir mit, dasz es "der
"Wirkung einer Flüssigkeit ausgesetzt wurde, welche 0,2 Procent Salz-
"säure und ungefähr 1 Procent Glycerinextract eines Hundemagens ent-
"hielt. Es wurde dann ermittelt, dasz diese Flüssigkeit im Stande war,
"1,31 ihres Gewichts ungekochten Fibrins in 1 Stunde zu verdauen, wäh-
"rend im Verlauf dieser Stunde nur 0,141 des obigen Globulin gelöst
"wurde. In beiden Fällen wurde ein Überschusz der verdaut werden
"sollenden Substanz der Flüssigkeit zugesetzt15." Wir sehen hieraus,
dasz innerhalb einer und derselben Zeit dem Gewicht nach weniger als
ein Neuntel der aufgelösten Fibrinmenge vom Globulin aufgelöst wurde;

14 Watts, Diction. of Chemistry. Vol. II, p. 874.
15 Ich will noch hinzufügen, dasz Dr. Sanderson noch etwas frisches Glo-
bulin nach der Schmidt'schen Methode darstellte; hiervon wurde in derselben
Zeit, nämlich in einer Stunde 0,865 aufgelöst; es war daher bei weitem löslicher
als das, was ich gebraucht hatte, obschon immerhin weniger löslich als Fibrin,
von dem, wie wir gesehen hahen, 1,31 aufgelöst wurde. Ich wünschte, ich hätte
auf diese Weise dargestelltes Globulin bei der Drosera versucht.

Drosera rotundifolia. Cap. 6.
Vergröszerung untersucht; es liesz sich indessen nichts erkennen als
ein wenig Schmutz und eine ziemlich bedeutende Anzahl von Stärk-
mehlkörnern, welche von der Salzsäure nicht aufgelöst worden waren.
Einige der Drüsen waren ziemlich blasz. Wir erkennen hieraus, dasz
mit schwacher Salzsäure behandelter Leim kein so kräftiger und kein
so anhaltender Reiz ist wie frischer Leim, auch die Drüsen nicht be-
deutend verletzt; und wir erkennen ferner, dasz er von dem Secrete
schnell und vollständig verdaut werden kann.

Globulin oder Crystallin. — Dr. Moore war so gut, mir diese
Substanz aus der Linse des Auges darzustellen; sie bestand ans harten,
farblosen, durchscheinenden Bruchstücken. Es wird angegeben14, Globulin
soll »in Wasser aufschwellen und sich lösen, für den gröszten Theil eine
„gummiartige Flüssigkeit bildend«; dies trat aber mit den erwähnten
Bruchstücken nicht ein, trotzdem sie vier Tage lang in Wasser liegen
gelassen wurden. Verschiedene Stückchen, einige mit Wasser, andere mit
schwacher Salzsäure befeuchtet, noch andere einen oder zwei Tage lang
in Wasser gelassen, wurden auf neunzehn Blätter gelegt. Die meisten
dieser Blätter, besonders diejenigen mit den in Wasser gelegenen Stück-
chen wurden in wenig Stunden stark eingebogen. Die gröszere Zahl
breitete sich nach drei oder vier Tagen wieder aus; aber drei Blätter
blieben noch einen, zwei oder drei weitere Tage lang eingebogen. Es
musz demnach etwas reizende Substanz absorbirt worden sein; die Frag-
mente aber, obschon sie vielleicht in einem bedeutenderen Grade erweicht
waren als die eine gleich lange Zeit in Wasser gelassenen, behielten
alle ihre Winkel so scharf wie je. Da das Globulin eine albuminöse
Substanz ist, so war ich über das Resultat erstaunt; da meine Absicht
die war, die Wirkungsweise des Drosera-Secrets mit der des Magensaftes
zu vergleichen, so bat ich Dr. Burdon Sanderson, mit dem von mir be-
nutzten Globulin Versuche zu machen. Er theilt mir mit, dasz es »der
„Wirkung einer Flüssigkeit ausgesetzt wurde, welche 0,2 Procent Salz-
„säure und ungefähr 1 Procent Glycerinextract eines Hundemagens ent-
„hielt. Es wurde dann ermittelt, dasz diese Flüssigkeit im Stande war,
„1,31 ihres Gewichts ungekochten Fibrins in 1 Stunde zu verdauen, wäh-
„rend im Verlauf dieser Stunde nur 0,141 des obigen Globulin gelöst
„wurde. In beiden Fällen wurde ein Überschusz der verdaut werden
„sollenden Substanz der Flüssigkeit zugesetzt15.« Wir sehen hieraus,
dasz innerhalb einer und derselben Zeit dem Gewicht nach weniger als
ein Neuntel der aufgelösten Fibrinmenge vom Globulin aufgelöst wurde;

14 Watts, Diction. of Chemistry. Vol. II, p. 874.
15 Ich will noch hinzufügen, dasz Dr. Sanderson noch etwas frisches Glo-
bulin nach der Schmidt’schen Methode darstellte; hiervon wurde in derselben
Zeit, nämlich in einer Stunde 0,865 aufgelöst; es war daher bei weitem löslicher
als das, was ich gebraucht hatte, obschon immerhin weniger löslich als Fibrin,
von dem, wie wir gesehen hahen, 1,31 aufgelöst wurde. Ich wünschte, ich hätte
auf diese Weise dargestelltes Globulin bei der Drosera versucht.
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[106/0120] Drosera rotundifolia. Cap. 6. Vergröszerung untersucht; es liesz sich indessen nichts erkennen als ein wenig Schmutz und eine ziemlich bedeutende Anzahl von Stärk- mehlkörnern, welche von der Salzsäure nicht aufgelöst worden waren. Einige der Drüsen waren ziemlich blasz. Wir erkennen hieraus, dasz mit schwacher Salzsäure behandelter Leim kein so kräftiger und kein so anhaltender Reiz ist wie frischer Leim, auch die Drüsen nicht be- deutend verletzt; und wir erkennen ferner, dasz er von dem Secrete schnell und vollständig verdaut werden kann. Globulin oder Crystallin. — Dr. Moore war so gut, mir diese Substanz aus der Linse des Auges darzustellen; sie bestand ans harten, farblosen, durchscheinenden Bruchstücken. Es wird angegeben 14, Globulin soll »in Wasser aufschwellen und sich lösen, für den gröszten Theil eine „gummiartige Flüssigkeit bildend«; dies trat aber mit den erwähnten Bruchstücken nicht ein, trotzdem sie vier Tage lang in Wasser liegen gelassen wurden. Verschiedene Stückchen, einige mit Wasser, andere mit schwacher Salzsäure befeuchtet, noch andere einen oder zwei Tage lang in Wasser gelassen, wurden auf neunzehn Blätter gelegt. Die meisten dieser Blätter, besonders diejenigen mit den in Wasser gelegenen Stück- chen wurden in wenig Stunden stark eingebogen. Die gröszere Zahl breitete sich nach drei oder vier Tagen wieder aus; aber drei Blätter blieben noch einen, zwei oder drei weitere Tage lang eingebogen. Es musz demnach etwas reizende Substanz absorbirt worden sein; die Frag- mente aber, obschon sie vielleicht in einem bedeutenderen Grade erweicht waren als die eine gleich lange Zeit in Wasser gelassenen, behielten alle ihre Winkel so scharf wie je. Da das Globulin eine albuminöse Substanz ist, so war ich über das Resultat erstaunt; da meine Absicht die war, die Wirkungsweise des Drosera-Secrets mit der des Magensaftes zu vergleichen, so bat ich Dr. Burdon Sanderson, mit dem von mir be- nutzten Globulin Versuche zu machen. Er theilt mir mit, dasz es »der „Wirkung einer Flüssigkeit ausgesetzt wurde, welche 0,2 Procent Salz- „säure und ungefähr 1 Procent Glycerinextract eines Hundemagens ent- „hielt. Es wurde dann ermittelt, dasz diese Flüssigkeit im Stande war, „1,31 ihres Gewichts ungekochten Fibrins in 1 Stunde zu verdauen, wäh- „rend im Verlauf dieser Stunde nur 0,141 des obigen Globulin gelöst „wurde. In beiden Fällen wurde ein Überschusz der verdaut werden „sollenden Substanz der Flüssigkeit zugesetzt 15.« Wir sehen hieraus, dasz innerhalb einer und derselben Zeit dem Gewicht nach weniger als ein Neuntel der aufgelösten Fibrinmenge vom Globulin aufgelöst wurde; 14 Watts, Diction. of Chemistry. Vol. II, p. 874. 15 Ich will noch hinzufügen, dasz Dr. Sanderson noch etwas frisches Glo- bulin nach der Schmidt’schen Methode darstellte; hiervon wurde in derselben Zeit, nämlich in einer Stunde 0,865 aufgelöst; es war daher bei weitem löslicher als das, was ich gebraucht hatte, obschon immerhin weniger löslich als Fibrin, von dem, wie wir gesehen hahen, 1,31 aufgelöst wurde. Ich wünschte, ich hätte auf diese Weise dargestelltes Globulin bei der Drosera versucht.

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/120>, abgerufen am 29.03.2024.