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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 15. Schluszbemerkungen über die Droseraceen.
sind, ihnen durch den Regen zugeführtes Ammoniak zu absorbiren.
Es ist überdies noch wahrscheinlich, dasz die Drüsen einiger der oben
genannten Pflanzen animale Substanz aus den Insecten erlangen, welche
sich gelegentlich in der klebrigen Flüssigkeit fangen.

Schluszbemerkungen über die Droseraceen.

Die sechs bekannten Gattungen, welche diese Familie bilden, sind
nun in Bezug auf unsern vorliegenden Gegenstand beschrieben wor-
den, so weit meine Mittel es gestattet haben. Sie fangen alle Insec-
ten. Dies wird bei Drosophyllum, Roridula und Byblis allein durch
die von ihren Drüsen abgesonderte klebrige Flüssigkeit bewirkt,
bei Drosera durch dasselbe Mittel zusammen mit den Bewegungen
der Tentakeln, bei Dionaea und Aldrovanda durch das Schlieszen der
Blattlappen. In diesen beiden letztgenannten Gattungen ersetzt rapide
Bewegung den Verlust des klebrigen Secrets. In allen Fällen ist es
aber irgend ein Theil des Blattes, welcher sich bewegt. Bei Aldro-
vanda
scheinen es allein die basalen Theile zu sein, welche sich zu-
sammenziehn und die breiten, dünnen Ränder der Blattlappen mit
sich ziehn. Bei Dionaea krümmt sich der ganze Lappen, mit Aus-
nahme der randständigen Verlängerungen oder Speichen, einwärts,
obschon der hauptsächliche Sitz der Bewegung in der Nähe der
Mittelrippe liegt. Bei Drosera liegt der hauptsächliche Sitz im un-
teren Theile der Tentakeln, welche, der Homologie nach, als Ver-
längerungen des Blattes angesehen werden können; aber häufig rollt
sich auch die ganze Scheibe einwärts und verwandelt das Blatt in
einen temporären Magen.

Es läszt sich kaum bezweifeln, dasz alle zu diesen sechs Gat-
tungen gehörenden Pflanzen das Vermögen haben, mit Hülfe ihres
Secrets, welches eine Säure und zusammen damit ein seiner Natur

Durchmesser maszen) wurde nun ausgewählt und die Oberfläche aller Blätter zu-
sammen mit ihren Stielen (ohne Einschlusz der Blüthenstengel) mittelst eines
Planimeters als 39,285 Quadratzoll grosz ermittelt, so dasz der Flächeninhalt bei-
der Oberflächen 78,75 Quadratzoll betrug. Es musz hiernach die Pflanze (mit
Ausschlusz der Blüthenstengel, die staunenerregende Zahl von 2,568,099 drüsiger
Haare getragen haben. Die Haare wurden spät im Herbste gezählt; und im fol-
genden Frühjahre (Mai) fand sich, dasz die Blätter einiger andern Pflanzen der-
selben Sammlung von ein Viertel bis ein Drittel breiter und länger als früher
waren, so dasz auch ohne Zweifel die drüsigen Haare an Zahl zugenommen hatten
und wahrscheinlich nun weit über drei Millionen betrugen.
Darwin, Insectenfressende Pflanzen. (VIII.) 21

Cap. 15. Schluszbemerkungen über die Droseraceen.
sind, ihnen durch den Regen zugeführtes Ammoniak zu absorbiren.
Es ist überdies noch wahrscheinlich, dasz die Drüsen einiger der oben
genannten Pflanzen animale Substanz aus den Insecten erlangen, welche
sich gelegentlich in der klebrigen Flüssigkeit fangen.

Schluszbemerkungen über die Droseraceen.

Die sechs bekannten Gattungen, welche diese Familie bilden, sind
nun in Bezug auf unsern vorliegenden Gegenstand beschrieben wor-
den, so weit meine Mittel es gestattet haben. Sie fangen alle Insec-
ten. Dies wird bei Drosophyllum, Roridula und Byblis allein durch
die von ihren Drüsen abgesonderte klebrige Flüssigkeit bewirkt,
bei Drosera durch dasselbe Mittel zusammen mit den Bewegungen
der Tentakeln, bei Dionaea und Aldrovanda durch das Schlieszen der
Blattlappen. In diesen beiden letztgenannten Gattungen ersetzt rapide
Bewegung den Verlust des klebrigen Secrets. In allen Fällen ist es
aber irgend ein Theil des Blattes, welcher sich bewegt. Bei Aldro-
vanda
scheinen es allein die basalen Theile zu sein, welche sich zu-
sammenziehn und die breiten, dünnen Ränder der Blattlappen mit
sich ziehn. Bei Dionaea krümmt sich der ganze Lappen, mit Aus-
nahme der randständigen Verlängerungen oder Speichen, einwärts,
obschon der hauptsächliche Sitz der Bewegung in der Nähe der
Mittelrippe liegt. Bei Drosera liegt der hauptsächliche Sitz im un-
teren Theile der Tentakeln, welche, der Homologie nach, als Ver-
längerungen des Blattes angesehen werden können; aber häufig rollt
sich auch die ganze Scheibe einwärts und verwandelt das Blatt in
einen temporären Magen.

Es läszt sich kaum bezweifeln, dasz alle zu diesen sechs Gat-
tungen gehörenden Pflanzen das Vermögen haben, mit Hülfe ihres
Secrets, welches eine Säure und zusammen damit ein seiner Natur

Durchmesser maszen) wurde nun ausgewählt und die Oberfläche aller Blätter zu-
sammen mit ihren Stielen (ohne Einschlusz der Blüthenstengel) mittelst eines
Planimeters als 39,285 Quadratzoll grosz ermittelt, so dasz der Flächeninhalt bei-
der Oberflächen 78,75 Quadratzoll betrug. Es musz hiernach die Pflanze (mit
Ausschlusz der Blüthenstengel, die staunenerregende Zahl von 2,568,099 drüsiger
Haare getragen haben. Die Haare wurden spät im Herbste gezählt; und im fol-
genden Frühjahre (Mai) fand sich, dasz die Blätter einiger andern Pflanzen der-
selben Sammlung von ein Viertel bis ein Drittel breiter und länger als früher
waren, so dasz auch ohne Zweifel die drüsigen Haare an Zahl zugenommen hatten
und wahrscheinlich nun weit über drei Millionen betrugen.
Darwin, Insectenfressende Pflanzen. (VIII.) 21
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[321/0335] Cap. 15. Schluszbemerkungen über die Droseraceen. sind, ihnen durch den Regen zugeführtes Ammoniak zu absorbiren. Es ist überdies noch wahrscheinlich, dasz die Drüsen einiger der oben genannten Pflanzen animale Substanz aus den Insecten erlangen, welche sich gelegentlich in der klebrigen Flüssigkeit fangen. Schluszbemerkungen über die Droseraceen. Die sechs bekannten Gattungen, welche diese Familie bilden, sind nun in Bezug auf unsern vorliegenden Gegenstand beschrieben wor- den, so weit meine Mittel es gestattet haben. Sie fangen alle Insec- ten. Dies wird bei Drosophyllum, Roridula und Byblis allein durch die von ihren Drüsen abgesonderte klebrige Flüssigkeit bewirkt, bei Drosera durch dasselbe Mittel zusammen mit den Bewegungen der Tentakeln, bei Dionaea und Aldrovanda durch das Schlieszen der Blattlappen. In diesen beiden letztgenannten Gattungen ersetzt rapide Bewegung den Verlust des klebrigen Secrets. In allen Fällen ist es aber irgend ein Theil des Blattes, welcher sich bewegt. Bei Aldro- vanda scheinen es allein die basalen Theile zu sein, welche sich zu- sammenziehn und die breiten, dünnen Ränder der Blattlappen mit sich ziehn. Bei Dionaea krümmt sich der ganze Lappen, mit Aus- nahme der randständigen Verlängerungen oder Speichen, einwärts, obschon der hauptsächliche Sitz der Bewegung in der Nähe der Mittelrippe liegt. Bei Drosera liegt der hauptsächliche Sitz im un- teren Theile der Tentakeln, welche, der Homologie nach, als Ver- längerungen des Blattes angesehen werden können; aber häufig rollt sich auch die ganze Scheibe einwärts und verwandelt das Blatt in einen temporären Magen. Es läszt sich kaum bezweifeln, dasz alle zu diesen sechs Gat- tungen gehörenden Pflanzen das Vermögen haben, mit Hülfe ihres Secrets, welches eine Säure und zusammen damit ein seiner Natur 5 5 Durchmesser maszen) wurde nun ausgewählt und die Oberfläche aller Blätter zu- sammen mit ihren Stielen (ohne Einschlusz der Blüthenstengel) mittelst eines Planimeters als 39,285 Quadratzoll grosz ermittelt, so dasz der Flächeninhalt bei- der Oberflächen 78,75 Quadratzoll betrug. Es musz hiernach die Pflanze (mit Ausschlusz der Blüthenstengel, die staunenerregende Zahl von 2,568,099 drüsiger Haare getragen haben. Die Haare wurden spät im Herbste gezählt; und im fol- genden Frühjahre (Mai) fand sich, dasz die Blätter einiger andern Pflanzen der- selben Sammlung von ein Viertel bis ein Drittel breiter und länger als früher waren, so dasz auch ohne Zweifel die drüsigen Haare an Zahl zugenommen hatten und wahrscheinlich nun weit über drei Millionen betrugen. Darwin, Insectenfressende Pflanzen. (VIII.) 21

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/335>, abgerufen am 19.04.2024.