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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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Nachträge.

I.

In Beziehung auf die ästhetische Form und Wirkung des katholischen
Cultus, worüber oben S. 8 und in der Beilage B. die Rede war,
kann ich aus letzter Lektüre noch Folgendes anführen.

Diderot*) erzählt: "Ich habe einen protestantischen Maler ge-
kannt, der mir oft gestand: er habe nie den Papst in der St. Peters-
kirche zu Rom den Gottesdienst feiern gesehen, ohne katholisch zu werden."

Nicolas glaubt den platonischen Satz, daß das Schöne der Ab-
glanz des Wahren sei, in Anwendung bringen zu dürfen. "Dieser
Spruch," sagt er, "scheint eigends dazu erfunden zu sein, um eine
scharfe und klare Bezeichnung des katholischen Cultus zu bilden." Es
weist derselbe auch auf das Dogma vom fleischgewordenen Worte hin,
womit schon ebenso das Princip der sinnlichen Vermittlung und Er-
scheinung des Göttlichen für den Menschen ausgesprochen sei.**) Das
ist ein treffendes Wort, das man wohl bedenken und beherzigen sollte.
Wer den katholischen Cultus verwirft, der verneint und erschüttert, so
wenig Bewußtsein er davon haben mag, dem Princip, der Grundan-
schauung und dogmatischen Basis nach das ganze Christenthum.

*) Essais sur la peinture.
**) S. dessen Studien über das Christen-
thum, Paderborn 1857. III. S. 475. 479.
Nachträge.

I.

In Beziehung auf die äſthetiſche Form und Wirkung des katholiſchen
Cultus, worüber oben S. 8 und in der Beilage B. die Rede war,
kann ich aus letzter Lektüre noch Folgendes anführen.

Diderot*) erzählt: „Ich habe einen proteſtantiſchen Maler ge-
kannt, der mir oft geſtand: er habe nie den Papſt in der St. Peters-
kirche zu Rom den Gottesdienſt feiern geſehen, ohne katholiſch zu werden.“

Nicolas glaubt den platoniſchen Satz, daß das Schöne der Ab-
glanz des Wahren ſei, in Anwendung bringen zu dürfen. „Dieſer
Spruch,“ ſagt er, „ſcheint eigends dazu erfunden zu ſein, um eine
ſcharfe und klare Bezeichnung des katholiſchen Cultus zu bilden.“ Es
weiſt derſelbe auch auf das Dogma vom fleiſchgewordenen Worte hin,
womit ſchon ebenſo das Princip der ſinnlichen Vermittlung und Er-
ſcheinung des Göttlichen für den Menſchen ausgeſprochen ſei.**) Das
iſt ein treffendes Wort, das man wohl bedenken und beherzigen ſollte.
Wer den katholiſchen Cultus verwirft, der verneint und erſchüttert, ſo
wenig Bewußtſein er davon haben mag, dem Princip, der Grundan-
ſchauung und dogmatiſchen Baſis nach das ganze Chriſtenthum.

*) Essais sur la peinture.
**) S. deſſen Studien über das Chriſten-
thum, Paderborn 1857. III. S. 475. 479.
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[[121]/0143] Nachträge. I. In Beziehung auf die äſthetiſche Form und Wirkung des katholiſchen Cultus, worüber oben S. 8 und in der Beilage B. die Rede war, kann ich aus letzter Lektüre noch Folgendes anführen. Diderot *) erzählt: „Ich habe einen proteſtantiſchen Maler ge- kannt, der mir oft geſtand: er habe nie den Papſt in der St. Peters- kirche zu Rom den Gottesdienſt feiern geſehen, ohne katholiſch zu werden.“ Nicolas glaubt den platoniſchen Satz, daß das Schöne der Ab- glanz des Wahren ſei, in Anwendung bringen zu dürfen. „Dieſer Spruch,“ ſagt er, „ſcheint eigends dazu erfunden zu ſein, um eine ſcharfe und klare Bezeichnung des katholiſchen Cultus zu bilden.“ Es weiſt derſelbe auch auf das Dogma vom fleiſchgewordenen Worte hin, womit ſchon ebenſo das Princip der ſinnlichen Vermittlung und Er- ſcheinung des Göttlichen für den Menſchen ausgeſprochen ſei. **) Das iſt ein treffendes Wort, das man wohl bedenken und beherzigen ſollte. Wer den katholiſchen Cultus verwirft, der verneint und erſchüttert, ſo wenig Bewußtſein er davon haben mag, dem Princip, der Grundan- ſchauung und dogmatiſchen Baſis nach das ganze Chriſtenthum. *) Essais sur la peinture. **) S. deſſen Studien über das Chriſten- thum, Paderborn 1857. III. S. 475. 479.

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. [121]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/143>, abgerufen am 25.04.2024.