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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Noth.
Was redet ihr so viel von Angst und Noth,
In eurem tadellosen Treiben?
Ihr frommen Leute, schlagt die Sorge todt,
Sie will ja doch nicht bei euch bleiben!
Doch wo die Noth, um die das Mitleid weint,
Nur wie der Tropfen an des Trinkers Hand,
Indeß die dunkle Fluth, die Keiner meint,
Verborgen steht bis an der Seele Rand --
Ihr frommen Leute wollt' die Sorge kennen,
Und habt doch nie die Schuld gesehn!
Doch sie, sie dürfen schon das Leben nennen
Und seine grauenvollen Höhn;
Hinauf schallt's wie Gesang und Loben,
Und um die Blumen spielt der Strahl,
Die Menschen wohnen still im Thal,
Die dunklen Geyer horsten droben.

Noth.
Was redet ihr ſo viel von Angſt und Noth,
In eurem tadelloſen Treiben?
Ihr frommen Leute, ſchlagt die Sorge todt,
Sie will ja doch nicht bei euch bleiben!
Doch wo die Noth, um die das Mitleid weint,
Nur wie der Tropfen an des Trinkers Hand,
Indeß die dunkle Fluth, die Keiner meint,
Verborgen ſteht bis an der Seele Rand —
Ihr frommen Leute wollt' die Sorge kennen,
Und habt doch nie die Schuld geſehn!
Doch ſie, ſie dürfen ſchon das Leben nennen
Und ſeine grauenvollen Höhn;
Hinauf ſchallt's wie Geſang und Loben,
Und um die Blumen ſpielt der Strahl,
Die Menſchen wohnen ſtill im Thal,
Die dunklen Geyer horſten droben.

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[152/0166] Noth. Was redet ihr ſo viel von Angſt und Noth, In eurem tadelloſen Treiben? Ihr frommen Leute, ſchlagt die Sorge todt, Sie will ja doch nicht bei euch bleiben! Doch wo die Noth, um die das Mitleid weint, Nur wie der Tropfen an des Trinkers Hand, Indeß die dunkle Fluth, die Keiner meint, Verborgen ſteht bis an der Seele Rand — Ihr frommen Leute wollt' die Sorge kennen, Und habt doch nie die Schuld geſehn! Doch ſie, ſie dürfen ſchon das Leben nennen Und ſeine grauenvollen Höhn; Hinauf ſchallt's wie Geſang und Loben, Und um die Blumen ſpielt der Strahl, Die Menſchen wohnen ſtill im Thal, Die dunklen Geyer horſten droben.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/166>, abgerufen am 16.04.2024.