Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Der mag in reifen Jahren stehn,
Da ihn erwachsne Kinder ehren,
Allein das kann den Pfarr' nicht stören,
Der ihn vor Zeiten klein gesehn.

Still wandelnd durch des Parkes Linden,
In deren Schutz das Veilchen blüht,
Der Alte muß es freundlich finden,
Daß man so gern ihn Freitags sieht;
Er weiß, dem Junker sind noch frisch
Die lieben längst entschwundnen Zeiten,
Und seines Lehrers schwache Seiten,
Ein Gläschen Wein, ein guter Fisch.
Schon tritt er in des Thores Halle;
Da, wie aus reifem Erbsenbeet
Der Spatzen Schaar, so hinterm Walle
Hervor es flattert, lacht und kräht;
Der kleinen Junker wilde Schaar,
Die still gelauscht im Mauerbogen,
Und nun den Pfarrer so betrogen,
So überrumpelt ganz und gar.
Das stürmt auf ihn von allen Seiten,
Das klammert überall sich an;
Fürwahr mühselig muß er schreiten
Der müde und geduld'ge Mann.
Jedoch er hat sie allzugern,
Die ihn so unbarmherzig plagen,
Und fast zu viel läßt er sie wagen,
Die junge Brut des jungen Herrn.

Der mag in reifen Jahren ſtehn,
Da ihn erwachſne Kinder ehren,
Allein das kann den Pfarr' nicht ſtören,
Der ihn vor Zeiten klein geſehn.

Still wandelnd durch des Parkes Linden,
In deren Schutz das Veilchen blüht,
Der Alte muß es freundlich finden,
Daß man ſo gern ihn Freitags ſieht;
Er weiß, dem Junker ſind noch friſch
Die lieben längſt entſchwundnen Zeiten,
Und ſeines Lehrers ſchwache Seiten,
Ein Gläschen Wein, ein guter Fiſch.
Schon tritt er in des Thores Halle;
Da, wie aus reifem Erbſenbeet
Der Spatzen Schaar, ſo hinterm Walle
Hervor es flattert, lacht und kräht;
Der kleinen Junker wilde Schaar,
Die ſtill gelauſcht im Mauerbogen,
Und nun den Pfarrer ſo betrogen,
So überrumpelt ganz und gar.
Das ſtürmt auf ihn von allen Seiten,
Das klammert überall ſich an;
Fürwahr mühſelig muß er ſchreiten
Der müde und geduld'ge Mann.
Jedoch er hat ſie allzugern,
Die ihn ſo unbarmherzig plagen,
Und faſt zu viel läßt er ſie wagen,
Die junge Brut des jungen Herrn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="3">
                <pb facs="#f0260" n="246"/>
                <l>Der mag in reifen Jahren &#x017F;tehn,</l><lb/>
                <l>Da ihn erwach&#x017F;ne Kinder ehren,</l><lb/>
                <l>Allein das kann den Pfarr' nicht &#x017F;tören,</l><lb/>
                <l>Der ihn vor Zeiten klein ge&#x017F;ehn.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Still wandelnd durch des Parkes Linden,</l><lb/>
                <l>In deren Schutz das Veilchen blüht,</l><lb/>
                <l>Der Alte muß es freundlich finden,</l><lb/>
                <l>Daß man &#x017F;o gern ihn Freitags &#x017F;ieht;</l><lb/>
                <l>Er weiß, dem Junker &#x017F;ind noch fri&#x017F;ch</l><lb/>
                <l>Die lieben läng&#x017F;t ent&#x017F;chwundnen Zeiten,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;eines Lehrers &#x017F;chwache Seiten,</l><lb/>
                <l>Ein Gläschen Wein, ein guter Fi&#x017F;ch.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="5">
                <l>Schon tritt er in des Thores Halle;</l><lb/>
                <l>Da, wie aus reifem Erb&#x017F;enbeet</l><lb/>
                <l>Der Spatzen Schaar, &#x017F;o hinterm Walle</l><lb/>
                <l>Hervor es flattert, lacht und kräht;</l><lb/>
                <l>Der kleinen Junker wilde Schaar,</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;till gelau&#x017F;cht im Mauerbogen,</l><lb/>
                <l>Und nun den Pfarrer &#x017F;o betrogen,</l><lb/>
                <l>So überrumpelt ganz und gar.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="6">
                <l>Das &#x017F;türmt auf ihn von allen Seiten,</l><lb/>
                <l>Das klammert überall &#x017F;ich an;</l><lb/>
                <l>Fürwahr müh&#x017F;elig muß er &#x017F;chreiten</l><lb/>
                <l>Der müde und geduld'ge Mann.</l><lb/>
                <l>Jedoch er hat &#x017F;ie allzugern,</l><lb/>
                <l>Die ihn &#x017F;o unbarmherzig plagen,</l><lb/>
                <l>Und fa&#x017F;t zu viel läßt er &#x017F;ie wagen,</l><lb/>
                <l>Die junge Brut des jungen Herrn.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0260] Der mag in reifen Jahren ſtehn, Da ihn erwachſne Kinder ehren, Allein das kann den Pfarr' nicht ſtören, Der ihn vor Zeiten klein geſehn. Still wandelnd durch des Parkes Linden, In deren Schutz das Veilchen blüht, Der Alte muß es freundlich finden, Daß man ſo gern ihn Freitags ſieht; Er weiß, dem Junker ſind noch friſch Die lieben längſt entſchwundnen Zeiten, Und ſeines Lehrers ſchwache Seiten, Ein Gläschen Wein, ein guter Fiſch. Schon tritt er in des Thores Halle; Da, wie aus reifem Erbſenbeet Der Spatzen Schaar, ſo hinterm Walle Hervor es flattert, lacht und kräht; Der kleinen Junker wilde Schaar, Die ſtill gelauſcht im Mauerbogen, Und nun den Pfarrer ſo betrogen, So überrumpelt ganz und gar. Das ſtürmt auf ihn von allen Seiten, Das klammert überall ſich an; Fürwahr mühſelig muß er ſchreiten Der müde und geduld'ge Mann. Jedoch er hat ſie allzugern, Die ihn ſo unbarmherzig plagen, Und faſt zu viel läßt er ſie wagen, Die junge Brut des jungen Herrn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/260
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/260>, abgerufen am 24.04.2024.