Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
"Denk' nach, denk' nach, Allgund!
"Was du verheißen Noth.
"Die Wahrheit spricht dein Mund,
"Ich weiß, und brächt' es Tod."
Und konnte sie sich besinnen,
Verheißen hätte sie's nie;
So war sie halb von Sinnen,
Sie schwur, und wußte nicht wie.
II.
Und als das Morgengrau
In die Kemnate sich stahl:
Da hatte die werthe Frau
Geseufzt schon manches Mal;
Manch Mal gerungen die Hand,
Ganz heimlich wie ein Dieb;
Roth war ihrer Augen Rand,
Todtblaß ihr Antlitz lieb.
Drei Tage kredenzt' sie den Wein,
Und saß bei'm Mahle drei Tag',
Drei Nächte in steter Pein
In der Waldkapelle sie lag.
Wenn er die Wacht besorgt,
Der Thorwart sieht sie gehn,
Im Walde steht und horcht
Der Wilddieb dem Gestöhn'.
„Denk' nach, denk' nach, Allgund!
„Was du verheißen Noth.
„Die Wahrheit ſpricht dein Mund,
„Ich weiß, und brächt' es Tod.“
Und konnte ſie ſich beſinnen,
Verheißen hätte ſie's nie;
So war ſie halb von Sinnen,
Sie ſchwur, und wußte nicht wie.
II.
Und als das Morgengrau
In die Kemnate ſich ſtahl:
Da hatte die werthe Frau
Geſeufzt ſchon manches Mal;
Manch Mal gerungen die Hand,
Ganz heimlich wie ein Dieb;
Roth war ihrer Augen Rand,
Todtblaß ihr Antlitz lieb.
Drei Tage kredenzt' ſie den Wein,
Und ſaß bei'm Mahle drei Tag',
Drei Nächte in ſteter Pein
In der Waldkapelle ſie lag.
Wenn er die Wacht beſorgt,
Der Thorwart ſieht ſie gehn,
Im Walde ſteht und horcht
Der Wilddieb dem Geſtöhn'.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0281" n="267"/>
              <lg n="23">
                <l>&#x201E;Denk' nach, denk' nach, Allgund!</l><lb/>
                <l>&#x201E;Was du verheißen Noth.</l><lb/>
                <l>&#x201E;Die Wahrheit &#x017F;pricht dein Mund,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Ich weiß, und brächt' es Tod.&#x201C;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="24">
                <l>Und konnte &#x017F;ie &#x017F;ich be&#x017F;innen,</l><lb/>
                <l>Verheißen hätte &#x017F;ie's nie;</l><lb/>
                <l>So war &#x017F;ie halb von Sinnen,</l><lb/>
                <l>Sie &#x017F;chwur, und wußte nicht wie.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq #b">II</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Und als das Morgengrau</l><lb/>
                <l>In die Kemnate &#x017F;ich &#x017F;tahl:</l><lb/>
                <l>Da hatte die werthe Frau</l><lb/>
                <l>Ge&#x017F;eufzt &#x017F;chon manches Mal;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Manch Mal gerungen die Hand,</l><lb/>
                <l>Ganz heimlich wie ein Dieb;</l><lb/>
                <l>Roth war ihrer Augen Rand,</l><lb/>
                <l>Todtblaß ihr Antlitz lieb.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Drei Tage kredenzt' &#x017F;ie den Wein,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;aß bei'm Mahle drei Tag',</l><lb/>
                <l>Drei Nächte in &#x017F;teter Pein</l><lb/>
                <l>In der Waldkapelle &#x017F;ie lag.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Wenn er die Wacht be&#x017F;orgt,</l><lb/>
                <l>Der Thorwart &#x017F;ieht &#x017F;ie gehn,</l><lb/>
                <l>Im Walde &#x017F;teht und horcht</l><lb/>
                <l>Der Wilddieb dem Ge&#x017F;töhn'.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0281] „Denk' nach, denk' nach, Allgund! „Was du verheißen Noth. „Die Wahrheit ſpricht dein Mund, „Ich weiß, und brächt' es Tod.“ Und konnte ſie ſich beſinnen, Verheißen hätte ſie's nie; So war ſie halb von Sinnen, Sie ſchwur, und wußte nicht wie. II. Und als das Morgengrau In die Kemnate ſich ſtahl: Da hatte die werthe Frau Geſeufzt ſchon manches Mal; Manch Mal gerungen die Hand, Ganz heimlich wie ein Dieb; Roth war ihrer Augen Rand, Todtblaß ihr Antlitz lieb. Drei Tage kredenzt' ſie den Wein, Und ſaß bei'm Mahle drei Tag', Drei Nächte in ſteter Pein In der Waldkapelle ſie lag. Wenn er die Wacht beſorgt, Der Thorwart ſieht ſie gehn, Im Walde ſteht und horcht Der Wilddieb dem Geſtöhn'.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/281
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/281>, abgerufen am 19.04.2024.