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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Nahmst in der Nacht die Zelte mir
Und nahmst mir die Kameele."
O Sonne, birg die Stralen!

"Wie einen Leichnam ließest mich,
Wie Mumien, verdorrte,
Wie ein verschmachtetes Kameel,
Wie ein Gethier der Wüste!
Und gab dir doch das reiche Gut,
Die zwanzigtausend Kori."
O Sonne, birg die Stralen!
"So fluch' ich denn zu sieben Mal,
Und tausend Mal verfluch' ich:
Daß dich verschlingen mag das Meer,
Dein brennend Haus dich tödten!
Daß breche dein Gebein der Leu,
Dein Blut der Tiger lecke!
Der Beduine plündre dich,
Preis gebe dich der Wüste,
Daß in dem Sande du versiechst,
Verschmachtend -- hülflos -- irrend!"
O Sonne, birg die Stralen!

Nahmſt in der Nacht die Zelte mir
Und nahmſt mir die Kameele.“
O Sonne, birg die Stralen!

„Wie einen Leichnam ließeſt mich,
Wie Mumien, verdorrte,
Wie ein verſchmachtetes Kameel,
Wie ein Gethier der Wüſte!
Und gab dir doch das reiche Gut,
Die zwanzigtauſend Kori.“
O Sonne, birg die Stralen!
„So fluch' ich denn zu ſieben Mal,
Und tauſend Mal verfluch' ich:
Daß dich verſchlingen mag das Meer,
Dein brennend Haus dich tödten!
Daß breche dein Gebein der Leu,
Dein Blut der Tiger lecke!
Der Beduine plündre dich,
Preis gebe dich der Wüſte,
Daß in dem Sande du verſiechſt,
Verſchmachtend — hülflos — irrend!“
O Sonne, birg die Stralen!

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[356/0370] Nahmſt in der Nacht die Zelte mir Und nahmſt mir die Kameele.“ O Sonne, birg die Stralen! „Wie einen Leichnam ließeſt mich, Wie Mumien, verdorrte, Wie ein verſchmachtetes Kameel, Wie ein Gethier der Wüſte! Und gab dir doch das reiche Gut, Die zwanzigtauſend Kori.“ O Sonne, birg die Stralen! „So fluch' ich denn zu ſieben Mal, Und tauſend Mal verfluch' ich: Daß dich verſchlingen mag das Meer, Dein brennend Haus dich tödten! Daß breche dein Gebein der Leu, Dein Blut der Tiger lecke! Der Beduine plündre dich, Preis gebe dich der Wüſte, Daß in dem Sande du verſiechſt, Verſchmachtend — hülflos — irrend!“ O Sonne, birg die Stralen!

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/370>, abgerufen am 20.04.2024.