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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Er steckt' ihn an den Hut, und strickte fort,
Sein weißer Kittel zuckte wie ein Weihel.
Im Moose lag ein Buch; ich hob es auf --
"Bertuchs Naturgeschichte"; les't ihr das? --
Da zog ein Lächeln seine Lippen auf:
Der lügt mal, Herr! doch das ist just der Spaß!
Von Schlangen, Bären, die in Stein verwandelt,
Als, wie Genesis sagt, die Schleusen offen;
Wär's nicht zur Kurzweil, wär es schlecht gehandelt:
Man weiß ja doch, daß alles Vieh versoffen.
Ich reichte ihm die Schieferplatte: "schau,
Das war ein Thier." Da zwinkert er die Brau,
Und hat mir lange pfiffig nachgelacht --
Daß ich verrückt sey, hätt' er nicht gedacht! --


Er ſteckt' ihn an den Hut, und ſtrickte fort,
Sein weißer Kittel zuckte wie ein Weihel.
Im Mooſe lag ein Buch; ich hob es auf —
„Bertuchs Naturgeſchichte“; leſ't ihr das? —
Da zog ein Lächeln ſeine Lippen auf:
Der lügt mal, Herr! doch das iſt juſt der Spaß!
Von Schlangen, Bären, die in Stein verwandelt,
Als, wie Geneſis ſagt, die Schleuſen offen;
Wär's nicht zur Kurzweil, wär es ſchlecht gehandelt:
Man weiß ja doch, daß alles Vieh verſoffen.
Ich reichte ihm die Schieferplatte: „ſchau,
Das war ein Thier.“ Da zwinkert er die Brau,
Und hat mir lange pfiffig nachgelacht —
Daß ich verrückt ſey, hätt' er nicht gedacht! —


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[63/0077] Er ſteckt' ihn an den Hut, und ſtrickte fort, Sein weißer Kittel zuckte wie ein Weihel. Im Mooſe lag ein Buch; ich hob es auf — „Bertuchs Naturgeſchichte“; leſ't ihr das? — Da zog ein Lächeln ſeine Lippen auf: Der lügt mal, Herr! doch das iſt juſt der Spaß! Von Schlangen, Bären, die in Stein verwandelt, Als, wie Geneſis ſagt, die Schleuſen offen; Wär's nicht zur Kurzweil, wär es ſchlecht gehandelt: Man weiß ja doch, daß alles Vieh verſoffen. Ich reichte ihm die Schieferplatte: „ſchau, Das war ein Thier.“ Da zwinkert er die Brau, Und hat mir lange pfiffig nachgelacht — Daß ich verrückt ſey, hätt' er nicht gedacht! —

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/77>, abgerufen am 28.03.2024.