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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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Der Dichter.

Ihr, die beim frohen Mahle lacht,
Euch eure Blumen zieht in Scherben,
Und was an Gut euch zugedacht,
Euch wohlbehaglich laßt vererben,
Ihr starrt dem Dichter in's Gesicht,
Verwundert, daß er Rosen bricht
Von Disteln, aus dem Quell der Augen
Korall' und Perle weiß zu saugen;
Daß er den Blitz herniederlangt,
Um seine Lampe zu entzünden,
Im Wettertoben, wenn euch bangt,
Den rechten Odem weiß zu finden;
Ihr starrt ihn an mit halbem Neid,
Den Geistes-Crösus seiner Zeit,
Und wißt es nicht, mit welchen Qualen
Er seine Schätze muß bezahlen.
Der Dichter.

Ihr, die beim frohen Mahle lacht,
Euch eure Blumen zieht in Scherben,
Und was an Gut euch zugedacht,
Euch wohlbehaglich laßt vererben,
Ihr ſtarrt dem Dichter in’s Geſicht,
Verwundert, daß er Roſen bricht
Von Diſteln, aus dem Quell der Augen
Korall’ und Perle weiß zu ſaugen;
Daß er den Blitz herniederlangt,
Um ſeine Lampe zu entzünden,
Im Wettertoben, wenn euch bangt,
Den rechten Odem weiß zu finden;
Ihr ſtarrt ihn an mit halbem Neid,
Den Geiſtes-Cröſus ſeiner Zeit,
Und wißt es nicht, mit welchen Qualen
Er ſeine Schätze muß bezahlen.
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[43/0059] Der Dichter. Ihr, die beim frohen Mahle lacht, Euch eure Blumen zieht in Scherben, Und was an Gut euch zugedacht, Euch wohlbehaglich laßt vererben, Ihr ſtarrt dem Dichter in’s Geſicht, Verwundert, daß er Roſen bricht Von Diſteln, aus dem Quell der Augen Korall’ und Perle weiß zu ſaugen; Daß er den Blitz herniederlangt, Um ſeine Lampe zu entzünden, Im Wettertoben, wenn euch bangt, Den rechten Odem weiß zu finden; Ihr ſtarrt ihn an mit halbem Neid, Den Geiſtes-Cröſus ſeiner Zeit, Und wißt es nicht, mit welchen Qualen Er ſeine Schätze muß bezahlen.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/59>, abgerufen am 25.04.2024.