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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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auf das Blachfeld zu werfen, diese, um die Macedonier nicht auf
das Land zu lassen oder sie in den Strom zurückzustoßen. Alexan-
ders weißen Helmbusch sah man im dichtesten Getümmel; in der
Wuth des Gefechtes zersplitterte sein Speer, er rief seinem Stall-
meister zu, ihm einen anderen zu reichen; auch dem war sein Speer
zerbrochen, so kämpfte der König mit dem umgekehrten Stumpf,
und machte sich freie Bahn. Aber kaum hatte ihm der Korinthier
Demaratus seinen eigenen Speer gereicht, so sprengte auch schon
ein neuer Schwarm erlesener Persischer Reuter auf ihn los, der
wilde Mithridates, ihr Führer, jagte weit voraus und auf Alexander
zu, sein Wurfspieß verwundete des Königs Schulter; ein Speerstoß
Alexanders streckte den Persischen Fürsten todt zu Boden; laut auf
schrieen beide Heere. In demselben Augenblick jagte des Gefallenen
Bruder, Rhösaces, auf Alexander los, und zerschmetterte mit einem
Hiebe dessen Helm, so daß der Säbel noch die Stirnhaut ritzte;
Alexander bohrte ihm den Speer durch den Harnisch bis tief in
die Brust, und Rhösaces stürzte rücklings vom Pferde. Zugleich
war der Lydische Satrap Spithridates an Alexander hinangesprengt,
schon hatte er über des Königs Nacken, ohne daß dieser es merkte,
seinen Säbel zum tödtlichen Schlage erhoben, da kam ihm der
schwarze Klitus zuvor, mit einem Hiebe trennte er des Barbaren
Arm vom Rumpfe und gab ihm den Todesstoß. Immer wilder
wurde der Kampf, die Perser fochten mit ungeheuerer Tapferkeit,
den Tod ihrer Fürsten zu rächen, während von den Macedoniern
immer neue Schaaren über den Fluß setzten, eindrangen, nieder-
metzelten; umsonst suchten die Feldherren Niphates, Petines und
Mithrobuzanes zu widerstehen, umsonst Pharnaces, des Darius
Schwager, und Arbupales, der Enkel des Artaxerxes, die sich schon
lösenden Massen zu halten; bald lagen sie erschlagen auf dem Felde;
das Centrum der Perser war völlig durchbrochen, die Flucht wurde
allgemein; etwa tausend, nach Anderen zweitausendfünfhundert Per-
ser waren geblieben, die übrigen flohen weit zersprengt vom Schlacht-
felde 27). Alexander verfolgte sie nicht weit, da noch die ganze

27) Sämmtliche Berichte stimmen in den Hauptsachen überein,
kleinere Abweichungen von Arrians Schilderung sind nicht von Be-
deutung. Plutarchs Angabe, daß die Söldner vergebens um Capitu-

auf das Blachfeld zu werfen, dieſe, um die Macedonier nicht auf
das Land zu laſſen oder ſie in den Strom zurückzuſtoßen. Alexan-
ders weißen Helmbuſch ſah man im dichteſten Getümmel; in der
Wuth des Gefechtes zerſplitterte ſein Speer, er rief ſeinem Stall-
meiſter zu, ihm einen anderen zu reichen; auch dem war ſein Speer
zerbrochen, ſo kämpfte der König mit dem umgekehrten Stumpf,
und machte ſich freie Bahn. Aber kaum hatte ihm der Korinthier
Demaratus ſeinen eigenen Speer gereicht, ſo ſprengte auch ſchon
ein neuer Schwarm erleſener Perſiſcher Reuter auf ihn los, der
wilde Mithridates, ihr Führer, jagte weit voraus und auf Alexander
zu, ſein Wurfſpieß verwundete des Königs Schulter; ein Speerſtoß
Alexanders ſtreckte den Perſiſchen Fürſten todt zu Boden; laut auf
ſchrieen beide Heere. In demſelben Augenblick jagte des Gefallenen
Bruder, Rhöſaces, auf Alexander los, und zerſchmetterte mit einem
Hiebe deſſen Helm, ſo daß der Säbel noch die Stirnhaut ritzte;
Alexander bohrte ihm den Speer durch den Harniſch bis tief in
die Bruſt, und Rhöſaces ſtürzte rücklings vom Pferde. Zugleich
war der Lydiſche Satrap Spithridates an Alexander hinangeſprengt,
ſchon hatte er über des Königs Nacken, ohne daß dieſer es merkte,
ſeinen Säbel zum tödtlichen Schlage erhoben, da kam ihm der
ſchwarze Klitus zuvor, mit einem Hiebe trennte er des Barbaren
Arm vom Rumpfe und gab ihm den Todesſtoß. Immer wilder
wurde der Kampf, die Perſer fochten mit ungeheuerer Tapferkeit,
den Tod ihrer Fürſten zu rächen, während von den Macedoniern
immer neue Schaaren über den Fluß ſetzten, eindrangen, nieder-
metzelten; umſonſt ſuchten die Feldherren Niphates, Petines und
Mithrobuzanes zu widerſtehen, umſonſt Pharnaces, des Darius
Schwager, und Arbupales, der Enkel des Artaxerxes, die ſich ſchon
löſenden Maſſen zu halten; bald lagen ſie erſchlagen auf dem Felde;
das Centrum der Perſer war völlig durchbrochen, die Flucht wurde
allgemein; etwa tauſend, nach Anderen zweitauſendfünfhundert Per-
ſer waren geblieben, die übrigen flohen weit zerſprengt vom Schlacht-
felde 27). Alexander verfolgte ſie nicht weit, da noch die ganze

27) Sämmtliche Berichte ſtimmen in den Hauptſachen überein,
kleinere Abweichungen von Arrians Schilderung ſind nicht von Be-
deutung. Plutarchs Angabe, daß die Söldner vergebens um Capitu-
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[114/0128] auf das Blachfeld zu werfen, dieſe, um die Macedonier nicht auf das Land zu laſſen oder ſie in den Strom zurückzuſtoßen. Alexan- ders weißen Helmbuſch ſah man im dichteſten Getümmel; in der Wuth des Gefechtes zerſplitterte ſein Speer, er rief ſeinem Stall- meiſter zu, ihm einen anderen zu reichen; auch dem war ſein Speer zerbrochen, ſo kämpfte der König mit dem umgekehrten Stumpf, und machte ſich freie Bahn. Aber kaum hatte ihm der Korinthier Demaratus ſeinen eigenen Speer gereicht, ſo ſprengte auch ſchon ein neuer Schwarm erleſener Perſiſcher Reuter auf ihn los, der wilde Mithridates, ihr Führer, jagte weit voraus und auf Alexander zu, ſein Wurfſpieß verwundete des Königs Schulter; ein Speerſtoß Alexanders ſtreckte den Perſiſchen Fürſten todt zu Boden; laut auf ſchrieen beide Heere. In demſelben Augenblick jagte des Gefallenen Bruder, Rhöſaces, auf Alexander los, und zerſchmetterte mit einem Hiebe deſſen Helm, ſo daß der Säbel noch die Stirnhaut ritzte; Alexander bohrte ihm den Speer durch den Harniſch bis tief in die Bruſt, und Rhöſaces ſtürzte rücklings vom Pferde. Zugleich war der Lydiſche Satrap Spithridates an Alexander hinangeſprengt, ſchon hatte er über des Königs Nacken, ohne daß dieſer es merkte, ſeinen Säbel zum tödtlichen Schlage erhoben, da kam ihm der ſchwarze Klitus zuvor, mit einem Hiebe trennte er des Barbaren Arm vom Rumpfe und gab ihm den Todesſtoß. Immer wilder wurde der Kampf, die Perſer fochten mit ungeheuerer Tapferkeit, den Tod ihrer Fürſten zu rächen, während von den Macedoniern immer neue Schaaren über den Fluß ſetzten, eindrangen, nieder- metzelten; umſonſt ſuchten die Feldherren Niphates, Petines und Mithrobuzanes zu widerſtehen, umſonſt Pharnaces, des Darius Schwager, und Arbupales, der Enkel des Artaxerxes, die ſich ſchon löſenden Maſſen zu halten; bald lagen ſie erſchlagen auf dem Felde; das Centrum der Perſer war völlig durchbrochen, die Flucht wurde allgemein; etwa tauſend, nach Anderen zweitauſendfünfhundert Per- ſer waren geblieben, die übrigen flohen weit zerſprengt vom Schlacht- felde 27). Alexander verfolgte ſie nicht weit, da noch die ganze 27) Sämmtliche Berichte ſtimmen in den Hauptſachen überein, kleinere Abweichungen von Arrians Schilderung ſind nicht von Be- deutung. Plutarchs Angabe, daß die Söldner vergebens um Capitu-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/128>, abgerufen am 29.03.2024.