Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

Bild:
<< vorherige Seite

Wohlthaten seines Vaters, der das Land von dem Joche der Pheräi-
schen Tyrannen befreit und durch die Wiederherstellung der uralten
Tetrarchien des Aleuas 42) für immer vor Aufständen und Tyrannei
gesichert habe; er verlangte nichts, als was sie freiwillig seinem
Vater gegeben hätten, nämlich die Hegemonie, das Aufgebot der
Ritterschaft zum Kriegsdienst und die Erhebung der Hafen- und
Marktzölle 43); er versprach, die einzelnen Familien und Landschaf-
ten, wie sein Vater, in ihren Rechten und Freiheiten zu lassen und
zu schützen, in den Perserkriegen ihren Rittern den vollen Antheil
an der Kriegsbeute zu geben, die Landschaft Phthiotis aber, die
Heimath ihres gemeinsamen Ahnherrn Achilles, durch Steuerfreiheit
zu ehren 44). Die Thessalier eilten, so günstige und ehrenvolle
Bedingungen anzunehmen, durch gemeinsamen Beschluß Alexander
in den Rechten seines Vaters zu bestätigen, endlich, wenn es Noth
thäte, mit Alexander zur Unterdrückung der Unruhen gen Hellas
zu ziehen 44b). Zugleich wurde mit den anwohnenden Bergvöl-
kern Friede und Freundschaft geschlossen, und Alexander konnte un-
gehindert nach den Thermopylen vorrücken.

Die schnelle Einnahme und Beruhigung Thessaliens hatte den
Griechischen Staaten nicht Zeit gelassen, sich gehörig zu rüsten und
die wichtigen Pässe des Oetagebirges zu besetzen; auf der anderen
Seite lag es nicht in Alexanders Plänen, durch gewaltsame Maaß-
regeln einem Widerstande, der als das Werk von Partheien angese-
hen werden mußte, Vorwand und Bedeutung zu geben. Die Grie-
chen, erschreckt durch die Nähe der Macedonischen Heeresmacht, be-
eilten sich den Schein des Friedens anzunehmen, und weil demnach
die früheren Verhältnisse, wie sie von Philipp gegründet waren,
noch bestanden, so berief Alexander als Vorstand der Hellenischen

42) Theopomp. apd. Harpocrt. voce tetrarkhia.
43) Demosth.
Olynth. I. p.
15. mit Ulpian.
44) Flavius Philostr. in heroicis.
44b) Aeschin. adv. Ctes. p. 436. Alexander scheint wie sein Vater die
Parthei der Aleuaden begünstigt zu haben; cf. Buttmann l. c. p. 207.
Die letzten Aleuaden, die in der Geschichte vorkommen, sind nicht, wie
Buttmann meint, Medius zu Alexanders und Thorax zu Antigonus
Zeit, sondern noch viel später werden Echekrates und dessen Sohn
Antigonus (Liv. XL. 54.) genannt.

Wohlthaten ſeines Vaters, der das Land von dem Joche der Pheräi-
ſchen Tyrannen befreit und durch die Wiederherſtellung der uralten
Tetrarchien des Aleuas 42) für immer vor Aufſtänden und Tyrannei
geſichert habe; er verlangte nichts, als was ſie freiwillig ſeinem
Vater gegeben hätten, nämlich die Hegemonie, das Aufgebot der
Ritterſchaft zum Kriegsdienſt und die Erhebung der Hafen- und
Marktzölle 43); er verſprach, die einzelnen Familien und Landſchaf-
ten, wie ſein Vater, in ihren Rechten und Freiheiten zu laſſen und
zu ſchützen, in den Perſerkriegen ihren Rittern den vollen Antheil
an der Kriegsbeute zu geben, die Landſchaft Phthiotis aber, die
Heimath ihres gemeinſamen Ahnherrn Achilles, durch Steuerfreiheit
zu ehren 44). Die Theſſalier eilten, ſo günſtige und ehrenvolle
Bedingungen anzunehmen, durch gemeinſamen Beſchluß Alexander
in den Rechten ſeines Vaters zu beſtätigen, endlich, wenn es Noth
thäte, mit Alexander zur Unterdrückung der Unruhen gen Hellas
zu ziehen 44b). Zugleich wurde mit den anwohnenden Bergvöl-
kern Friede und Freundſchaft geſchloſſen, und Alexander konnte un-
gehindert nach den Thermopylen vorrücken.

Die ſchnelle Einnahme und Beruhigung Theſſaliens hatte den
Griechiſchen Staaten nicht Zeit gelaſſen, ſich gehörig zu rüſten und
die wichtigen Päſſe des Oetagebirges zu beſetzen; auf der anderen
Seite lag es nicht in Alexanders Plänen, durch gewaltſame Maaß-
regeln einem Widerſtande, der als das Werk von Partheien angeſe-
hen werden mußte, Vorwand und Bedeutung zu geben. Die Grie-
chen, erſchreckt durch die Nähe der Macedoniſchen Heeresmacht, be-
eilten ſich den Schein des Friedens anzunehmen, und weil demnach
die früheren Verhältniſſe, wie ſie von Philipp gegründet waren,
noch beſtanden, ſo berief Alexander als Vorſtand der Helleniſchen

42) Theopomp. apd. Harpocrt. voce τετϱαϱχία.
43) Demosth.
Olynth. I. p.
15. mit Ulpian.
44) Flavius Philostr. in heroicis.
44b) Aeschin. adv. Ctes. p. 436. Alexander ſcheint wie ſein Vater die
Parthei der Aleuaden begünſtigt zu haben; cf. Buttmann l. c. p. 207.
Die letzten Aleuaden, die in der Geſchichte vorkommen, ſind nicht, wie
Buttmann meint, Medius zu Alexanders und Thorax zu Antigonus
Zeit, ſondern noch viel ſpäter werden Echekrates und deſſen Sohn
Antigonus (Liv. XL. 54.) genannt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0073" n="59"/>
Wohlthaten &#x017F;eines Vaters, der das Land von dem Joche der Pheräi-<lb/>
&#x017F;chen Tyrannen befreit und durch die Wiederher&#x017F;tellung der uralten<lb/>
Tetrarchien des Aleuas <note place="foot" n="42)"><hi rendition="#aq">Theopomp. apd. Harpocrt. voce</hi> &#x03C4;&#x03B5;&#x03C4;&#x03F1;&#x03B1;&#x03F1;&#x03C7;&#x03AF;&#x03B1;.</note> für immer vor Auf&#x017F;tänden und Tyrannei<lb/>
ge&#x017F;ichert habe; er verlangte nichts, als was &#x017F;ie freiwillig &#x017F;einem<lb/>
Vater gegeben hätten, nämlich die Hegemonie, das Aufgebot der<lb/>
Ritter&#x017F;chaft zum Kriegsdien&#x017F;t und die Erhebung der Hafen- und<lb/>
Marktzölle <note place="foot" n="43)"><hi rendition="#aq">Demosth.<lb/>
Olynth. I. p.</hi> 15. mit Ulpian.</note>; er ver&#x017F;prach, die einzelnen Familien und Land&#x017F;chaf-<lb/>
ten, wie &#x017F;ein Vater, in ihren Rechten und Freiheiten zu la&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
zu &#x017F;chützen, in den Per&#x017F;erkriegen ihren Rittern den vollen Antheil<lb/>
an der Kriegsbeute zu geben, die Land&#x017F;chaft Phthiotis aber, die<lb/>
Heimath ihres gemein&#x017F;amen Ahnherrn Achilles, durch Steuerfreiheit<lb/>
zu ehren <note place="foot" n="44)"><hi rendition="#aq">Flavius Philostr. in heroicis.</hi></note>. Die The&#x017F;&#x017F;alier eilten, &#x017F;o gün&#x017F;tige und ehrenvolle<lb/>
Bedingungen anzunehmen, durch gemein&#x017F;amen Be&#x017F;chluß Alexander<lb/>
in den Rechten &#x017F;eines Vaters zu be&#x017F;tätigen, endlich, wenn es Noth<lb/>
thäte, mit Alexander zur Unterdrückung der Unruhen gen Hellas<lb/>
zu ziehen <note place="foot" n="44b)"><hi rendition="#aq">Aeschin. adv. Ctes. p.</hi> 436. Alexander &#x017F;cheint wie &#x017F;ein Vater die<lb/>
Parthei der Aleuaden begün&#x017F;tigt zu haben; <hi rendition="#aq">cf.</hi> Buttmann <hi rendition="#aq">l. c. p.</hi> 207.<lb/>
Die letzten Aleuaden, die in der Ge&#x017F;chichte vorkommen, &#x017F;ind nicht, wie<lb/>
Buttmann meint, Medius zu Alexanders und Thorax zu Antigonus<lb/>
Zeit, &#x017F;ondern noch viel &#x017F;päter werden Echekrates und de&#x017F;&#x017F;en Sohn<lb/>
Antigonus (<hi rendition="#aq">Liv. XL.</hi> 54.) genannt.</note>. Zugleich wurde mit den anwohnenden Bergvöl-<lb/>
kern Friede und Freund&#x017F;chaft ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und Alexander konnte un-<lb/>
gehindert nach den Thermopylen vorrücken.</p><lb/>
          <p>Die &#x017F;chnelle Einnahme und Beruhigung The&#x017F;&#x017F;aliens hatte den<lb/>
Griechi&#x017F;chen Staaten nicht Zeit gela&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich gehörig zu rü&#x017F;ten und<lb/>
die wichtigen Pä&#x017F;&#x017F;e des Oetagebirges zu be&#x017F;etzen; auf der anderen<lb/>
Seite lag es nicht in Alexanders Plänen, durch gewalt&#x017F;ame Maaß-<lb/>
regeln einem Wider&#x017F;tande, der als das Werk von Partheien ange&#x017F;e-<lb/>
hen werden mußte, Vorwand und Bedeutung zu geben. Die Grie-<lb/>
chen, er&#x017F;chreckt durch die Nähe der Macedoni&#x017F;chen Heeresmacht, be-<lb/>
eilten &#x017F;ich den Schein des Friedens anzunehmen, und weil demnach<lb/>
die früheren Verhältni&#x017F;&#x017F;e, wie &#x017F;ie von Philipp gegründet waren,<lb/>
noch be&#x017F;tanden, &#x017F;o berief Alexander als Vor&#x017F;tand der Helleni&#x017F;chen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0073] Wohlthaten ſeines Vaters, der das Land von dem Joche der Pheräi- ſchen Tyrannen befreit und durch die Wiederherſtellung der uralten Tetrarchien des Aleuas 42) für immer vor Aufſtänden und Tyrannei geſichert habe; er verlangte nichts, als was ſie freiwillig ſeinem Vater gegeben hätten, nämlich die Hegemonie, das Aufgebot der Ritterſchaft zum Kriegsdienſt und die Erhebung der Hafen- und Marktzölle 43); er verſprach, die einzelnen Familien und Landſchaf- ten, wie ſein Vater, in ihren Rechten und Freiheiten zu laſſen und zu ſchützen, in den Perſerkriegen ihren Rittern den vollen Antheil an der Kriegsbeute zu geben, die Landſchaft Phthiotis aber, die Heimath ihres gemeinſamen Ahnherrn Achilles, durch Steuerfreiheit zu ehren 44). Die Theſſalier eilten, ſo günſtige und ehrenvolle Bedingungen anzunehmen, durch gemeinſamen Beſchluß Alexander in den Rechten ſeines Vaters zu beſtätigen, endlich, wenn es Noth thäte, mit Alexander zur Unterdrückung der Unruhen gen Hellas zu ziehen 44b). Zugleich wurde mit den anwohnenden Bergvöl- kern Friede und Freundſchaft geſchloſſen, und Alexander konnte un- gehindert nach den Thermopylen vorrücken. Die ſchnelle Einnahme und Beruhigung Theſſaliens hatte den Griechiſchen Staaten nicht Zeit gelaſſen, ſich gehörig zu rüſten und die wichtigen Päſſe des Oetagebirges zu beſetzen; auf der anderen Seite lag es nicht in Alexanders Plänen, durch gewaltſame Maaß- regeln einem Widerſtande, der als das Werk von Partheien angeſe- hen werden mußte, Vorwand und Bedeutung zu geben. Die Grie- chen, erſchreckt durch die Nähe der Macedoniſchen Heeresmacht, be- eilten ſich den Schein des Friedens anzunehmen, und weil demnach die früheren Verhältniſſe, wie ſie von Philipp gegründet waren, noch beſtanden, ſo berief Alexander als Vorſtand der Helleniſchen 42) Theopomp. apd. Harpocrt. voce τετϱαϱχία. 43) Demosth. Olynth. I. p. 15. mit Ulpian. 44) Flavius Philostr. in heroicis. 44b) Aeschin. adv. Ctes. p. 436. Alexander ſcheint wie ſein Vater die Parthei der Aleuaden begünſtigt zu haben; cf. Buttmann l. c. p. 207. Die letzten Aleuaden, die in der Geſchichte vorkommen, ſind nicht, wie Buttmann meint, Medius zu Alexanders und Thorax zu Antigonus Zeit, ſondern noch viel ſpäter werden Echekrates und deſſen Sohn Antigonus (Liv. XL. 54.) genannt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/73
Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/73>, abgerufen am 18.04.2024.