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Du Bois-Reymond, Emil Heinrich: Über die Grenzen des Naturerkennens. Leipzig, 1872.

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Meine Herren!

Wie es einen Welteroberer der alten Zeit an einem
Rasttag inmitten seiner Siegeszüge verlangen konnte, die
Grenzen der unübersehbaren seiner Herrschaft unterwor¬
fenen Länderstrecken genauer festgestellt zu sehen, um
hier ein noch nicht zinspflichtig gemachtes Volk zum
Tribut heranzuziehen, dort in der Wasserwüste ein sei¬
nen Reiterschaaren unüberwindliches Naturhinderniss, und
die wahre Schranke seiner Macht zu erkennen: so wird
es für die Weltbesiegerin unserer Tage, die Naturwissen¬
schaft, kein unangemessenes Beginnen sein, wenn sie bei
festlicher Gelegenheit von der Arbeit ruhend die wahren
Grenzen ihres unermesslichen Reiches einmal klar sich
vorzuzeichnen versucht. Für um so gerechtfertigter halte
ich dies Unternehmen, als ich glaube, dass über die
Grenzen des Naturerkennens zwei Irrthümer sehr ver¬
breitet sind, und als ich es für möglich halte, einer
solchen Betrachtung, trotz ihrer scheinbaren Trivialität,

I
Meine Herren!

Wie es einen Welteroberer der alten Zeit an einem
Rasttag inmitten seiner Siegeszüge verlangen konnte, die
Grenzen der unübersehbaren seiner Herrschaft unterwor¬
fenen Länderstrecken genauer festgestellt zu sehen, um
hier ein noch nicht zinspflichtig gemachtes Volk zum
Tribut heranzuziehen, dort in der Wasserwüste ein sei¬
nen Reiterschaaren unüberwindliches Naturhinderniss, und
die wahre Schranke seiner Macht zu erkennen: so wird
es für die Weltbesiegerin unserer Tage, die Naturwissen¬
schaft, kein unangemessenes Beginnen sein, wenn sie bei
festlicher Gelegenheit von der Arbeit ruhend die wahren
Grenzen ihres unermesslichen Reiches einmal klar sich
vorzuzeichnen versucht. Für um so gerechtfertigter halte
ich dies Unternehmen, als ich glaube, dass über die
Grenzen des Naturerkennens zwei Irrthümer sehr ver¬
breitet sind, und als ich es für möglich halte, einer
solchen Betrachtung, trotz ihrer scheinbaren Trivialität,

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[0009] Meine Herren! Wie es einen Welteroberer der alten Zeit an einem Rasttag inmitten seiner Siegeszüge verlangen konnte, die Grenzen der unübersehbaren seiner Herrschaft unterwor¬ fenen Länderstrecken genauer festgestellt zu sehen, um hier ein noch nicht zinspflichtig gemachtes Volk zum Tribut heranzuziehen, dort in der Wasserwüste ein sei¬ nen Reiterschaaren unüberwindliches Naturhinderniss, und die wahre Schranke seiner Macht zu erkennen: so wird es für die Weltbesiegerin unserer Tage, die Naturwissen¬ schaft, kein unangemessenes Beginnen sein, wenn sie bei festlicher Gelegenheit von der Arbeit ruhend die wahren Grenzen ihres unermesslichen Reiches einmal klar sich vorzuzeichnen versucht. Für um so gerechtfertigter halte ich dies Unternehmen, als ich glaube, dass über die Grenzen des Naturerkennens zwei Irrthümer sehr ver¬ breitet sind, und als ich es für möglich halte, einer solchen Betrachtung, trotz ihrer scheinbaren Trivialität, I

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Zitationshilfe: Du Bois-Reymond, Emil Heinrich: Über die Grenzen des Naturerkennens. Leipzig, 1872, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dubois_naturerkennen_1872/9>, abgerufen am 28.03.2024.