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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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ein Spiegel göttlicher Gerechtigkeit.
O! welch schrekliches Verderben, wird man in der
Welt gewahr,
Da die Unschuld ausgestorben, und die Bosheit
offenbar;
Da das Unkraut kaum gesät, bracht es gleich der
Bosheit Früchte,
Als es zu der Erndte reif machte es in Zorn zu-
nichte.
Wenn man mit betrübten Blikken, diese Vorder-
welt beschaut,
Die des weisen Schöpfers Güte, uns zum Para-
dies erbaut,
So sieht man, wie nach dem Fall, sich die Tugend
auch verlohren,
Da der ganz verdorbne Mensch, Menschen seiner
Art gebohren.
Das Geschlechte ward vermehret, Sünd und Bos-
heit häuften sich,
Da das Gift sich ausgebreitet, das der alten Schlan-
gen Stich
Jn den ersten Stam geflöst, welches denn in allen
Zweigen
Sich auch muste nach der Zeit, wie es durchge-
drungen zeigen.
Wie der Baum so sind die Früchte: Und daß dieses
leider wahr
Wies sich bei dem Lauf der Zeiten, an dem Men-
schen offenbahr:
Und das Aug das alles sieht, sahe die verdorbnen
Seelen
Wie sie aus verkehrter Lust, stat des Guten Bö-
ses wählen.
Dieser Zunder böser Lüste, brach in Geilheits Flam-
men aus,
Wo
ein Spiegel goͤttlicher Gerechtigkeit.
O! welch ſchrekliches Verderben, wird man in der
Welt gewahr,
Da die Unſchuld ausgeſtorben, und die Bosheit
offenbar;
Da das Unkraut kaum geſaͤt, bracht es gleich der
Bosheit Fruͤchte,
Als es zu der Erndte reif machte es in Zorn zu-
nichte.
Wenn man mit betruͤbten Blikken, dieſe Vorder-
welt beſchaut,
Die des weiſen Schoͤpfers Guͤte, uns zum Para-
dies erbaut,
So ſieht man, wie nach dem Fall, ſich die Tugend
auch verlohren,
Da der ganz verdorbne Menſch, Menſchen ſeiner
Art gebohren.
Das Geſchlechte ward vermehret, Suͤnd und Bos-
heit haͤuften ſich,
Da das Gift ſich ausgebreitet, das der alten Schlan-
gen Stich
Jn den erſten Stam gefloͤſt, welches denn in allen
Zweigen
Sich auch muſte nach der Zeit, wie es durchge-
drungen zeigen.
Wie der Baum ſo ſind die Fruͤchte: Und daß dieſes
leider wahr
Wies ſich bei dem Lauf der Zeiten, an dem Men-
ſchen offenbahr:
Und das Aug das alles ſieht, ſahe die verdorbnen
Seelen
Wie ſie aus verkehrter Luſt, ſtat des Guten Boͤ-
ſes waͤhlen.
Dieſer Zunder boͤſer Luͤſte, brach in Geilheits Flam-
men aus,
Wo
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[237/0253] ein Spiegel goͤttlicher Gerechtigkeit. O! welch ſchrekliches Verderben, wird man in der Welt gewahr, Da die Unſchuld ausgeſtorben, und die Bosheit offenbar; Da das Unkraut kaum geſaͤt, bracht es gleich der Bosheit Fruͤchte, Als es zu der Erndte reif machte es in Zorn zu- nichte. Wenn man mit betruͤbten Blikken, dieſe Vorder- welt beſchaut, Die des weiſen Schoͤpfers Guͤte, uns zum Para- dies erbaut, So ſieht man, wie nach dem Fall, ſich die Tugend auch verlohren, Da der ganz verdorbne Menſch, Menſchen ſeiner Art gebohren. Das Geſchlechte ward vermehret, Suͤnd und Bos- heit haͤuften ſich, Da das Gift ſich ausgebreitet, das der alten Schlan- gen Stich Jn den erſten Stam gefloͤſt, welches denn in allen Zweigen Sich auch muſte nach der Zeit, wie es durchge- drungen zeigen. Wie der Baum ſo ſind die Fruͤchte: Und daß dieſes leider wahr Wies ſich bei dem Lauf der Zeiten, an dem Men- ſchen offenbahr: Und das Aug das alles ſieht, ſahe die verdorbnen Seelen Wie ſie aus verkehrter Luſt, ſtat des Guten Boͤ- ſes waͤhlen. Dieſer Zunder boͤſer Luͤſte, brach in Geilheits Flam- men aus, Wo

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/253>, abgerufen am 29.03.2024.