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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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nicht bloß wenige Tage oder Wochen verweilten, son¬
dern daß Sie sich für den ganzen Sommer dort häus¬
lich einrichteten, bis ich gegen den Herbst von Marien¬
bad zurückkomme. Ich habe bereits gestern wegen einer
Wohnung und dergleichen geschrieben, damit Ihnen al¬
les bequem und angenehm werde."

"Sie finden dort die verschiedenartigsten Quellen und
Hülfsmittel für weitere Studien; auch einen sehr gebil¬
deten geselligen Umgang, und überdieß ist die Gegend
so mannigfaltig, daß Sie wohl funfzig verschiedene Spa¬
ziergänge machen können, die alle angenehm und fast alle
zu ungestörtem Nachdenken geeignet sind. Sie werden
Muße und Gelegenheit finden in der Zeit für sich selbst
manches Neue zu schreiben und nebenbey auch meine
Zwecke zu fördern."

Ich fand gegen so gute Vorschläge nichts zu erin¬
nern und willigte in alles mit Freuden. Als ich ging
war er besonders liebevoll; auch bestimmte er auf über¬
morgen eine abermalige Stunde zu einer ferneren Unter¬
redung.


Ich war in diesen Tagen wiederholt bey Goethe.
Heute sprachen wir größtentheils von Geschäften. Ich
äußerte mich auch über seine Frankfurter Recensionen,
die ich Nachklänge seiner academischen Jahre nannte,

nicht bloß wenige Tage oder Wochen verweilten, ſon¬
dern daß Sie ſich fuͤr den ganzen Sommer dort haͤus¬
lich einrichteten, bis ich gegen den Herbſt von Marien¬
bad zuruͤckkomme. Ich habe bereits geſtern wegen einer
Wohnung und dergleichen geſchrieben, damit Ihnen al¬
les bequem und angenehm werde.“

„Sie finden dort die verſchiedenartigſten Quellen und
Huͤlfsmittel fuͤr weitere Studien; auch einen ſehr gebil¬
deten geſelligen Umgang, und uͤberdieß iſt die Gegend
ſo mannigfaltig, daß Sie wohl funfzig verſchiedene Spa¬
ziergaͤnge machen koͤnnen, die alle angenehm und faſt alle
zu ungeſtoͤrtem Nachdenken geeignet ſind. Sie werden
Muße und Gelegenheit finden in der Zeit fuͤr ſich ſelbſt
manches Neue zu ſchreiben und nebenbey auch meine
Zwecke zu foͤrdern.“

Ich fand gegen ſo gute Vorſchlaͤge nichts zu erin¬
nern und willigte in alles mit Freuden. Als ich ging
war er beſonders liebevoll; auch beſtimmte er auf uͤber¬
morgen eine abermalige Stunde zu einer ferneren Unter¬
redung.


Ich war in dieſen Tagen wiederholt bey Goethe.
Heute ſprachen wir groͤßtentheils von Geſchaͤften. Ich
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[43/0063] nicht bloß wenige Tage oder Wochen verweilten, ſon¬ dern daß Sie ſich fuͤr den ganzen Sommer dort haͤus¬ lich einrichteten, bis ich gegen den Herbſt von Marien¬ bad zuruͤckkomme. Ich habe bereits geſtern wegen einer Wohnung und dergleichen geſchrieben, damit Ihnen al¬ les bequem und angenehm werde.“ „Sie finden dort die verſchiedenartigſten Quellen und Huͤlfsmittel fuͤr weitere Studien; auch einen ſehr gebil¬ deten geſelligen Umgang, und uͤberdieß iſt die Gegend ſo mannigfaltig, daß Sie wohl funfzig verſchiedene Spa¬ ziergaͤnge machen koͤnnen, die alle angenehm und faſt alle zu ungeſtoͤrtem Nachdenken geeignet ſind. Sie werden Muße und Gelegenheit finden in der Zeit fuͤr ſich ſelbſt manches Neue zu ſchreiben und nebenbey auch meine Zwecke zu foͤrdern.“ Ich fand gegen ſo gute Vorſchlaͤge nichts zu erin¬ nern und willigte in alles mit Freuden. Als ich ging war er beſonders liebevoll; auch beſtimmte er auf uͤber¬ morgen eine abermalige Stunde zu einer ferneren Unter¬ redung. Montag den 16. Juny 1823. Ich war in dieſen Tagen wiederholt bey Goethe. Heute ſprachen wir groͤßtentheils von Geſchaͤften. Ich aͤußerte mich auch uͤber ſeine Frankfurter Recenſionen, die ich Nachklaͤnge ſeiner academiſchen Jahre nannte,

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/63>, abgerufen am 28.03.2024.