Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

jeden Leser zu fesseln, so wie er den Liebenden selbst
dergestalt in Banden hielt, daß er sich nur durch eine
wiederholte Flucht zu retten im Stande war.

Die dargestellte Lebensepoche ist gleichfalls höchst
romantischer Natur, oder sie wird es, indem sie sich an
dem Hauptcharacter entwickelt. Von ganz besonderer
Bedeutung und Wichtigkeit aber ist sie dadurch, daß sie,
als Vor-Epoche der Weimarischen Verhältnisse, für das
ganze Leben entscheidet. Wenn also irgend ein Abschnitt
aus Goethe's Leben Interesse hat und den Wunsch einer
detaillirten Darstellung rege macht, so ist es dieser.

Um nun bey Goethe für die unterbrochene und seit
Jahren ruhende Arbeit neue Lust und Liebe zu erregen,
habe ich diese Angelegenheit nicht allein sogleich münd¬
lich mit ihm besprochen, sondern ich habe ihm auch
heute folgende Notizen zugehen lassen, damit es ihm
vor die Augen trete, was vollendet ist und welche
Stellen noch einer Ausführung und anderweiten Anord¬
nung bedürfen.

Erstes Buch.

Dieses Buch, welches der anfänglichen Absicht ge¬
mäß als fertig anzusehen ist, enthält eine Art von Ex¬
position, indem namentlich darin der Wunsch nach Theil¬
nahme an Weltgeschäften ausgesprochen wird, auf dessen
Erfüllung das Ende der ganzen Epoche durch die Be¬
rufung nach Weimar abläuft. Damit es sich aber dem

jeden Leſer zu feſſeln, ſo wie er den Liebenden ſelbſt
dergeſtalt in Banden hielt, daß er ſich nur durch eine
wiederholte Flucht zu retten im Stande war.

Die dargeſtellte Lebensepoche iſt gleichfalls hoͤchſt
romantiſcher Natur, oder ſie wird es, indem ſie ſich an
dem Hauptcharacter entwickelt. Von ganz beſonderer
Bedeutung und Wichtigkeit aber iſt ſie dadurch, daß ſie,
als Vor-Epoche der Weimariſchen Verhaͤltniſſe, fuͤr das
ganze Leben entſcheidet. Wenn alſo irgend ein Abſchnitt
aus Goethe's Leben Intereſſe hat und den Wunſch einer
detaillirten Darſtellung rege macht, ſo iſt es dieſer.

Um nun bey Goethe fuͤr die unterbrochene und ſeit
Jahren ruhende Arbeit neue Luſt und Liebe zu erregen,
habe ich dieſe Angelegenheit nicht allein ſogleich muͤnd¬
lich mit ihm beſprochen, ſondern ich habe ihm auch
heute folgende Notizen zugehen laſſen, damit es ihm
vor die Augen trete, was vollendet iſt und welche
Stellen noch einer Ausfuͤhrung und anderweiten Anord¬
nung beduͤrfen.

Erſtes Buch.

Dieſes Buch, welches der anfaͤnglichen Abſicht ge¬
maͤß als fertig anzuſehen iſt, enthaͤlt eine Art von Ex¬
poſition, indem namentlich darin der Wunſch nach Theil¬
nahme an Weltgeſchaͤften ausgeſprochen wird, auf deſſen
Erfuͤllung das Ende der ganzen Epoche durch die Be¬
rufung nach Weimar ablaͤuft. Damit es ſich aber dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0180" n="160"/>
jeden Le&#x017F;er zu fe&#x017F;&#x017F;eln, &#x017F;o wie er den Liebenden &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
derge&#x017F;talt in Banden hielt, daß er &#x017F;ich nur durch eine<lb/>
wiederholte Flucht zu retten im Stande war.</p><lb/>
          <p>Die darge&#x017F;tellte Lebensepoche i&#x017F;t gleichfalls ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
romanti&#x017F;cher Natur, oder &#x017F;ie wird es, indem &#x017F;ie &#x017F;ich an<lb/>
dem Hauptcharacter entwickelt. Von ganz be&#x017F;onderer<lb/>
Bedeutung und Wichtigkeit aber i&#x017F;t &#x017F;ie dadurch, daß &#x017F;ie,<lb/>
als Vor-Epoche der Weimari&#x017F;chen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, fu&#x0364;r das<lb/>
ganze Leben ent&#x017F;cheidet. Wenn al&#x017F;o irgend ein Ab&#x017F;chnitt<lb/>
aus Goethe's Leben Intere&#x017F;&#x017F;e hat und den Wun&#x017F;ch einer<lb/>
detaillirten Dar&#x017F;tellung rege macht, &#x017F;o i&#x017F;t es die&#x017F;er.</p><lb/>
          <p>Um nun bey Goethe fu&#x0364;r die unterbrochene und &#x017F;eit<lb/>
Jahren ruhende Arbeit neue Lu&#x017F;t und Liebe zu erregen,<lb/>
habe ich die&#x017F;e Angelegenheit nicht allein &#x017F;ogleich mu&#x0364;nd¬<lb/>
lich mit ihm be&#x017F;prochen, &#x017F;ondern ich habe ihm auch<lb/>
heute folgende Notizen zugehen la&#x017F;&#x017F;en, damit es ihm<lb/>
vor die Augen trete, was vollendet i&#x017F;t und welche<lb/>
Stellen noch einer Ausfu&#x0364;hrung und anderweiten Anord¬<lb/>
nung bedu&#x0364;rfen.</p><lb/>
          <div n="5">
            <head> <hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Buch.</hi><lb/>
            </head>
            <p>Die&#x017F;es Buch, welches der anfa&#x0364;nglichen Ab&#x017F;icht ge¬<lb/>
ma&#x0364;ß als fertig anzu&#x017F;ehen i&#x017F;t, entha&#x0364;lt eine Art von Ex¬<lb/>
po&#x017F;ition, indem namentlich darin der Wun&#x017F;ch nach Theil¬<lb/>
nahme an Weltge&#x017F;cha&#x0364;ften ausge&#x017F;prochen wird, auf de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Erfu&#x0364;llung das Ende der ganzen Epoche durch die Be¬<lb/>
rufung nach Weimar abla&#x0364;uft. Damit es &#x017F;ich aber dem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0180] jeden Leſer zu feſſeln, ſo wie er den Liebenden ſelbſt dergeſtalt in Banden hielt, daß er ſich nur durch eine wiederholte Flucht zu retten im Stande war. Die dargeſtellte Lebensepoche iſt gleichfalls hoͤchſt romantiſcher Natur, oder ſie wird es, indem ſie ſich an dem Hauptcharacter entwickelt. Von ganz beſonderer Bedeutung und Wichtigkeit aber iſt ſie dadurch, daß ſie, als Vor-Epoche der Weimariſchen Verhaͤltniſſe, fuͤr das ganze Leben entſcheidet. Wenn alſo irgend ein Abſchnitt aus Goethe's Leben Intereſſe hat und den Wunſch einer detaillirten Darſtellung rege macht, ſo iſt es dieſer. Um nun bey Goethe fuͤr die unterbrochene und ſeit Jahren ruhende Arbeit neue Luſt und Liebe zu erregen, habe ich dieſe Angelegenheit nicht allein ſogleich muͤnd¬ lich mit ihm beſprochen, ſondern ich habe ihm auch heute folgende Notizen zugehen laſſen, damit es ihm vor die Augen trete, was vollendet iſt und welche Stellen noch einer Ausfuͤhrung und anderweiten Anord¬ nung beduͤrfen. Erſtes Buch. Dieſes Buch, welches der anfaͤnglichen Abſicht ge¬ maͤß als fertig anzuſehen iſt, enthaͤlt eine Art von Ex¬ poſition, indem namentlich darin der Wunſch nach Theil¬ nahme an Weltgeſchaͤften ausgeſprochen wird, auf deſſen Erfuͤllung das Ende der ganzen Epoche durch die Be¬ rufung nach Weimar ablaͤuft. Damit es ſich aber dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/180
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/180>, abgerufen am 19.04.2024.