jeder Zeit zu einer ganz ungestörten Production isoliren zu können.
Ich hatte indessen das von Goethe gewünschte In¬ haltsverzeichniß der ersten vier Bände von Kunst und Alterthum entworfen und sendete es ihm mit einem Brief nach Marienbad, worin ich meine Wünsche und Pläne ganz offen aussprach. Ich erhielt darauf alsobald die folgenden Zeilen.
"Das Inhaltsverzeichniß ist mir zur rechten Zeit gekommen und entspricht ganz meinen Wünschen und Zwecken. Lassen Sie mich die Frankfurter Recen¬ sionen bev meiner Rückkehr auf gleiche Weise redigirt finden, so zolle den besten Dank, welchen ich vorläufig schon im Stillen entrichte, indem ich Ihre Gesinnungen, Zustände, Wünsche, Zwecke und Pläne mit mir theil¬ nehmend herumtrage um bey meiner Rückkunft mich über Ihr Wohl desto gründlicher besprechen zu können. Mehr sag' ich heute nicht. Der Abschied von Marien¬ bad giebt mancherley zu denken und zu thun, während man ein allzukurzes Verweilen mit vorzüglichen Men¬ schen gar schmerzlich empfindet."
"Möge ich Sie in stiller Thätigkeit antreffen, aus der denn doch zuletzt am sichersten und reinsten Welt¬ umsicht und Erfahrung hervorgeht. Leben Sie wohl; freue mich auf ein längeres und engeres Zusammenseyn."
Marienbad, den 14. August 1823.
"Goethe."
jeder Zeit zu einer ganz ungeſtoͤrten Production iſoliren zu koͤnnen.
Ich hatte indeſſen das von Goethe gewuͤnſchte In¬ haltsverzeichniß der erſten vier Baͤnde von Kunſt und Alterthum entworfen und ſendete es ihm mit einem Brief nach Marienbad, worin ich meine Wuͤnſche und Plaͤne ganz offen ausſprach. Ich erhielt darauf alſobald die folgenden Zeilen.
„Das Inhaltsverzeichniß iſt mir zur rechten Zeit gekommen und entſpricht ganz meinen Wuͤnſchen und Zwecken. Laſſen Sie mich die Frankfurter Recen¬ ſionen bev meiner Ruͤckkehr auf gleiche Weiſe redigirt finden, ſo zolle den beſten Dank, welchen ich vorlaͤufig ſchon im Stillen entrichte, indem ich Ihre Geſinnungen, Zuſtaͤnde, Wuͤnſche, Zwecke und Plaͤne mit mir theil¬ nehmend herumtrage um bey meiner Ruͤckkunft mich uͤber Ihr Wohl deſto gruͤndlicher beſprechen zu koͤnnen. Mehr ſag' ich heute nicht. Der Abſchied von Marien¬ bad giebt mancherley zu denken und zu thun, waͤhrend man ein allzukurzes Verweilen mit vorzuͤglichen Men¬ ſchen gar ſchmerzlich empfindet.“
„Moͤge ich Sie in ſtiller Thaͤtigkeit antreffen, aus der denn doch zuletzt am ſicherſten und reinſten Welt¬ umſicht und Erfahrung hervorgeht. Leben Sie wohl; freue mich auf ein laͤngeres und engeres Zuſammenſeyn.“
Marienbad, den 14. Auguſt 1823.
„Goethe.“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0067"n="47"/>
jeder Zeit zu einer ganz ungeſtoͤrten Production iſoliren<lb/>
zu koͤnnen.</p><lb/><p>Ich hatte indeſſen das von Goethe gewuͤnſchte In¬<lb/>
haltsverzeichniß der erſten vier Baͤnde von Kunſt und<lb/>
Alterthum entworfen und ſendete es ihm mit einem<lb/>
Brief nach Marienbad, worin ich meine Wuͤnſche und<lb/>
Plaͤne ganz offen ausſprach. Ich erhielt darauf alſobald<lb/>
die folgenden Zeilen.</p><lb/><p>„Das Inhaltsverzeichniß iſt mir zur rechten Zeit<lb/>
gekommen und entſpricht ganz meinen Wuͤnſchen und<lb/>
Zwecken. Laſſen Sie mich die <hirendition="#g">Frankfurter Recen¬<lb/>ſionen</hi> bev meiner Ruͤckkehr auf gleiche Weiſe redigirt<lb/>
finden, ſo zolle den beſten Dank, welchen ich vorlaͤufig<lb/>ſchon im Stillen entrichte, indem ich Ihre Geſinnungen,<lb/>
Zuſtaͤnde, Wuͤnſche, Zwecke und Plaͤne mit mir theil¬<lb/>
nehmend herumtrage um bey meiner Ruͤckkunft mich<lb/>
uͤber Ihr Wohl deſto gruͤndlicher beſprechen zu koͤnnen.<lb/>
Mehr ſag' ich heute nicht. Der Abſchied von Marien¬<lb/>
bad giebt mancherley zu denken und zu thun, waͤhrend<lb/>
man ein allzukurzes Verweilen mit vorzuͤglichen Men¬<lb/>ſchen gar ſchmerzlich empfindet.“</p><lb/><p>„Moͤge ich Sie in ſtiller Thaͤtigkeit antreffen, aus<lb/>
der denn doch zuletzt am ſicherſten und reinſten Welt¬<lb/>
umſicht und Erfahrung hervorgeht. Leben Sie wohl;<lb/>
freue mich auf ein laͤngeres und engeres Zuſammenſeyn.“</p><lb/><p>Marienbad, den 14. Auguſt 1823.</p><lb/><prendition="#right">„Goethe.“</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[47/0067]
jeder Zeit zu einer ganz ungeſtoͤrten Production iſoliren
zu koͤnnen.
Ich hatte indeſſen das von Goethe gewuͤnſchte In¬
haltsverzeichniß der erſten vier Baͤnde von Kunſt und
Alterthum entworfen und ſendete es ihm mit einem
Brief nach Marienbad, worin ich meine Wuͤnſche und
Plaͤne ganz offen ausſprach. Ich erhielt darauf alſobald
die folgenden Zeilen.
„Das Inhaltsverzeichniß iſt mir zur rechten Zeit
gekommen und entſpricht ganz meinen Wuͤnſchen und
Zwecken. Laſſen Sie mich die Frankfurter Recen¬
ſionen bev meiner Ruͤckkehr auf gleiche Weiſe redigirt
finden, ſo zolle den beſten Dank, welchen ich vorlaͤufig
ſchon im Stillen entrichte, indem ich Ihre Geſinnungen,
Zuſtaͤnde, Wuͤnſche, Zwecke und Plaͤne mit mir theil¬
nehmend herumtrage um bey meiner Ruͤckkunft mich
uͤber Ihr Wohl deſto gruͤndlicher beſprechen zu koͤnnen.
Mehr ſag' ich heute nicht. Der Abſchied von Marien¬
bad giebt mancherley zu denken und zu thun, waͤhrend
man ein allzukurzes Verweilen mit vorzuͤglichen Men¬
ſchen gar ſchmerzlich empfindet.“
„Moͤge ich Sie in ſtiller Thaͤtigkeit antreffen, aus
der denn doch zuletzt am ſicherſten und reinſten Welt¬
umſicht und Erfahrung hervorgeht. Leben Sie wohl;
freue mich auf ein laͤngeres und engeres Zuſammenſeyn.“
Marienbad, den 14. Auguſt 1823.
„Goethe.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/67>, abgerufen am 19.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.