uns zu Tisch. Die Unterhaltung war anmuthig belebt, man sprach von Reisen, von Bädern, und Madame Schopenhauer interessirte besonders für die Einrichtung ihres neuen Besitzes am Rhein, in der Nähe der Insel Nonnenwerth.
Zum Nachtisch erschien Graf Reinhard wieder, der wegen seiner Schnelle gelobt wurde, womit er während der kurzen Zeit nicht allein bey Hofe gespeist, sondern sich auch zweymal umgekleidet hatte.
Er brachte uns die Nachricht, daß der neue Papst gewählet sey, und zwar ein Castiglione, und Goethe erzählte der Gesellschaft die Förmlichkeiten, die man bey der Wahl herkömmlich beobachtet.
Graf Reinhard, der den Winter in Paris gelebt, konnte manche erwünschte Auskunft über bekannte Staats¬ männer, Literatoren und Poeten geben. Man sprach über Chateaubriand, Guizot, Salvandy, Be¬ ranger, Merimee und Andere.
Nach Tisch und als jedermann gegangen war, nahm Goethe mich in seine Arbeitsstube und zeigte mir zwey höchst merkwürdige Scripta, worüber ich große Freude hatte. Es waren zwey Briefe aus Goethe's Jugendzeit, im Jahre 1770 aus Straßburg an seinen Freund Dr. Horn in Frankfurt geschrieben, der eine im July, der andere im December. In beyden sprach sich ein junger Mensch aus, der von großen Dingen eine Ahndung hat die ihm bevorstehen. In dem letzteren zeigten sich schon
uns zu Tiſch. Die Unterhaltung war anmuthig belebt, man ſprach von Reiſen, von Baͤdern, und Madame Schopenhauer intereſſirte beſonders fuͤr die Einrichtung ihres neuen Beſitzes am Rhein, in der Naͤhe der Inſel Nonnenwerth.
Zum Nachtiſch erſchien Graf Reinhard wieder, der wegen ſeiner Schnelle gelobt wurde, womit er waͤhrend der kurzen Zeit nicht allein bey Hofe geſpeiſt, ſondern ſich auch zweymal umgekleidet hatte.
Er brachte uns die Nachricht, daß der neue Papſt gewaͤhlet ſey, und zwar ein Caſtiglione, und Goethe erzaͤhlte der Geſellſchaft die Foͤrmlichkeiten, die man bey der Wahl herkoͤmmlich beobachtet.
Graf Reinhard, der den Winter in Paris gelebt, konnte manche erwuͤnſchte Auskunft uͤber bekannte Staats¬ maͤnner, Literatoren und Poeten geben. Man ſprach uͤber Chateaubriand, Guizot, Salvandy, Bé¬ ranger, Merimée und Andere.
Nach Tiſch und als jedermann gegangen war, nahm Goethe mich in ſeine Arbeitsſtube und zeigte mir zwey hoͤchſt merkwuͤrdige Scripta, woruͤber ich große Freude hatte. Es waren zwey Briefe aus Goethe's Jugendzeit, im Jahre 1770 aus Straßburg an ſeinen Freund Dr. Horn in Frankfurt geſchrieben, der eine im July, der andere im December. In beyden ſprach ſich ein junger Menſch aus, der von großen Dingen eine Ahndung hat die ihm bevorſtehen. In dem letzteren zeigten ſich ſchon
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uns zu Tiſch. Die Unterhaltung war anmuthig belebt,
man ſprach von Reiſen, von Baͤdern, und Madame
Schopenhauer intereſſirte beſonders fuͤr die Einrichtung
ihres neuen Beſitzes am Rhein, in der Naͤhe der Inſel
Nonnenwerth.
Zum Nachtiſch erſchien Graf Reinhard wieder, der
wegen ſeiner Schnelle gelobt wurde, womit er waͤhrend
der kurzen Zeit nicht allein bey Hofe geſpeiſt, ſondern
ſich auch zweymal umgekleidet hatte.
Er brachte uns die Nachricht, daß der neue Papſt
gewaͤhlet ſey, und zwar ein Caſtiglione, und Goethe
erzaͤhlte der Geſellſchaft die Foͤrmlichkeiten, die man bey
der Wahl herkoͤmmlich beobachtet.
Graf Reinhard, der den Winter in Paris gelebt,
konnte manche erwuͤnſchte Auskunft uͤber bekannte Staats¬
maͤnner, Literatoren und Poeten geben. Man ſprach
uͤber Chateaubriand, Guizot, Salvandy, Bé¬
ranger, Merimée und Andere.
Nach Tiſch und als jedermann gegangen war, nahm
Goethe mich in ſeine Arbeitsſtube und zeigte mir zwey
hoͤchſt merkwuͤrdige Scripta, woruͤber ich große Freude
hatte. Es waren zwey Briefe aus Goethe's Jugendzeit,
im Jahre 1770 aus Straßburg an ſeinen Freund Dr.
Horn in Frankfurt geſchrieben, der eine im July, der
andere im December. In beyden ſprach ſich ein junger
Menſch aus, der von großen Dingen eine Ahndung hat
die ihm bevorſtehen. In dem letzteren zeigten ſich ſchon
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/146>, abgerufen am 25.04.2024.
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