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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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Gesprächs. Die Bemühungen Cousin's und seiner
Schule erscheinen ihm besonders wichtig.

"Diese Männer, sagte er, sind ganz auf dem Wege,
eine Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland
zu bewirken, indem sie eine Sprache bilden, die durch¬
aus geeignet ist, den Ideen-Verkehr zwischen beiden
Nationen zu erleichtern."

Auch hat der Globe für Goethe dadurch noch ein
besonderes Interesse, daß die neuesten Producte der
schönen Literatur Frankreichs darin besprochen und die
Freiheiten der romantischen Schule, oder vielmehr die
Befreiung von den Fesseln nichtssagender Regeln,
darin oft sehr lebhaft vertheidigt werden.

"Was will der ganze Plunder gewisser Regeln einer
steifen veralteten Zeit! sagte er heute, und was will all
der Lärm über classisch und romantisch! Es
kommt darauf an, daß ein Werk durch und durch gut
und tüchtig sey, und es wird auch wohl classisch seyn."


Goethe sprach heute mit großer Anerkennung über
eine kleine Schrift des Canzlers, die den Großherzog
Carl August
zum Gegenstande hat und das thaten¬
reiche Leben dieses seltenen Fürsten in gedrängter Kürze
vorüberführt.

"Die kleine Schrift ist wirklich sehr gelungen, sagte
Goethe, das Material mit großer Umsicht und großem

III. 17

Geſprächs. Die Bemühungen Couſin's und ſeiner
Schule erſcheinen ihm beſonders wichtig.

„Dieſe Männer, ſagte er, ſind ganz auf dem Wege,
eine Annäherung zwiſchen Frankreich und Deutſchland
zu bewirken, indem ſie eine Sprache bilden, die durch¬
aus geeignet iſt, den Ideen-Verkehr zwiſchen beiden
Nationen zu erleichtern.“

Auch hat der Globe für Goethe dadurch noch ein
beſonderes Intereſſe, daß die neueſten Producte der
ſchönen Literatur Frankreichs darin beſprochen und die
Freiheiten der romantiſchen Schule, oder vielmehr die
Befreiung von den Feſſeln nichtsſagender Regeln,
darin oft ſehr lebhaft vertheidigt werden.

„Was will der ganze Plunder gewiſſer Regeln einer
ſteifen veralteten Zeit! ſagte er heute, und was will all
der Lärm über claſſiſch und romantiſch! Es
kommt darauf an, daß ein Werk durch und durch gut
und tüchtig ſey, und es wird auch wohl claſſiſch ſeyn.“


Goethe ſprach heute mit großer Anerkennung über
eine kleine Schrift des Canzlers, die den Großherzog
Carl Auguſt
zum Gegenſtande hat und das thaten¬
reiche Leben dieſes ſeltenen Fürſten in gedrängter Kürze
vorüberführt.

„Die kleine Schrift iſt wirklich ſehr gelungen, ſagte
Goethe, das Material mit großer Umſicht und großem

III. 17
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[257/0279] Geſprächs. Die Bemühungen Couſin's und ſeiner Schule erſcheinen ihm beſonders wichtig. „Dieſe Männer, ſagte er, ſind ganz auf dem Wege, eine Annäherung zwiſchen Frankreich und Deutſchland zu bewirken, indem ſie eine Sprache bilden, die durch¬ aus geeignet iſt, den Ideen-Verkehr zwiſchen beiden Nationen zu erleichtern.“ Auch hat der Globe für Goethe dadurch noch ein beſonderes Intereſſe, daß die neueſten Producte der ſchönen Literatur Frankreichs darin beſprochen und die Freiheiten der romantiſchen Schule, oder vielmehr die Befreiung von den Feſſeln nichtsſagender Regeln, darin oft ſehr lebhaft vertheidigt werden. „Was will der ganze Plunder gewiſſer Regeln einer ſteifen veralteten Zeit! ſagte er heute, und was will all der Lärm über claſſiſch und romantiſch! Es kommt darauf an, daß ein Werk durch und durch gut und tüchtig ſey, und es wird auch wohl claſſiſch ſeyn.“ Donnerstag, den 23. October 1828. Goethe ſprach heute mit großer Anerkennung über eine kleine Schrift des Canzlers, die den Großherzog Carl Auguſt zum Gegenſtande hat und das thaten¬ reiche Leben dieſes ſeltenen Fürſten in gedrängter Kürze vorüberführt. „Die kleine Schrift iſt wirklich ſehr gelungen, ſagte Goethe, das Material mit großer Umſicht und großem III. 17

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/279>, abgerufen am 28.03.2024.