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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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fing das tolleste Zeug hin und her zu schwatzen, so
wie es mir gerade in den Kopf fuhr. Ich glaube, ich
hatte die vereinigten Staaten von Nordamerika mir
zum Thema genommen, das ich auf die leichtsinnigste
Weise behandelte und davon sagte, was ich wußte und
was ich nicht wußte, immer gerade in den Tag hinein.
Das schien aber meinen beiden Fremden eben recht zu
seyn, denn sie verließen mich, dem Anscheine nach, durch¬
aus nicht unzufrieden."


Bei Goethe zu Tisch. Frau v. Goethe war gegen¬
wärtig und die Unterhaltung angenehm belebt; doch
ist mir davon wenig oder nichts geblieben.

Während der Tafel ließ ein durchreisender Fremder
sich melden, mit dem Bemerken, daß er keine Zeit habe
sich aufzuhalten und morgen früh wieder abreisen müsse.
Goethe ließ ihm sagen, daß er sehr bedauere, heute
Niemanden sehen zu können; vielleicht aber morgen
Mittag. "Ich denke, fügte er lächelnd hinzu, das wird
genug seyn." Zu gleicher Zeit aber versprach er seiner
Tochter, daß er den Besuch des von ihr empfohlenen
jungen Henning nach Tisch erwarten wolle, und zwar
in Rücksicht seiner braunen Augen, die denen seiner
Mutter gleichen sollten.

fing das tolleſte Zeug hin und her zu ſchwatzen, ſo
wie es mir gerade in den Kopf fuhr. Ich glaube, ich
hatte die vereinigten Staaten von Nordamerika mir
zum Thema genommen, das ich auf die leichtſinnigſte
Weiſe behandelte und davon ſagte, was ich wußte und
was ich nicht wußte, immer gerade in den Tag hinein.
Das ſchien aber meinen beiden Fremden eben recht zu
ſeyn, denn ſie verließen mich, dem Anſcheine nach, durch¬
aus nicht unzufrieden.“


Bei Goethe zu Tiſch. Frau v. Goethe war gegen¬
wärtig und die Unterhaltung angenehm belebt; doch
iſt mir davon wenig oder nichts geblieben.

Während der Tafel ließ ein durchreiſender Fremder
ſich melden, mit dem Bemerken, daß er keine Zeit habe
ſich aufzuhalten und morgen früh wieder abreiſen müſſe.
Goethe ließ ihm ſagen, daß er ſehr bedauere, heute
Niemanden ſehen zu können; vielleicht aber morgen
Mittag. „Ich denke, fügte er lächelnd hinzu, das wird
genug ſeyn.“ Zu gleicher Zeit aber verſprach er ſeiner
Tochter, daß er den Beſuch des von ihr empfohlenen
jungen Henning nach Tiſch erwarten wolle, und zwar
in Rückſicht ſeiner braunen Augen, die denen ſeiner
Mutter gleichen ſollten.

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[338/0360] fing das tolleſte Zeug hin und her zu ſchwatzen, ſo wie es mir gerade in den Kopf fuhr. Ich glaube, ich hatte die vereinigten Staaten von Nordamerika mir zum Thema genommen, das ich auf die leichtſinnigſte Weiſe behandelte und davon ſagte, was ich wußte und was ich nicht wußte, immer gerade in den Tag hinein. Das ſchien aber meinen beiden Fremden eben recht zu ſeyn, denn ſie verließen mich, dem Anſcheine nach, durch¬ aus nicht unzufrieden.“ Donnerstag, den 22. April 1830*. Bei Goethe zu Tiſch. Frau v. Goethe war gegen¬ wärtig und die Unterhaltung angenehm belebt; doch iſt mir davon wenig oder nichts geblieben. Während der Tafel ließ ein durchreiſender Fremder ſich melden, mit dem Bemerken, daß er keine Zeit habe ſich aufzuhalten und morgen früh wieder abreiſen müſſe. Goethe ließ ihm ſagen, daß er ſehr bedauere, heute Niemanden ſehen zu können; vielleicht aber morgen Mittag. „Ich denke, fügte er lächelnd hinzu, das wird genug ſeyn.“ Zu gleicher Zeit aber verſprach er ſeiner Tochter, daß er den Beſuch des von ihr empfohlenen jungen Henning nach Tiſch erwarten wolle, und zwar in Rückſicht ſeiner braunen Augen, die denen ſeiner Mutter gleichen ſollten.

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/360>, abgerufen am 28.03.2024.