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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

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Morgenständchen.
In den Wipfeln frische Lüfte,
Fern melod'scher Quellen Fall,
Durch die Einsamkeit der Klüfte
Waldeslaut und Vogelschall,
Scheuer Träume Spielgenossen,
Steigen all' beim Morgenschein
Auf des Weinlaubs schwanken Sprossen,
Dir in's Fenster aus und ein.
Und wir nah'n noch halb in Träumen,
Und wir thun in Klängen kund,
Was da draußen in den Bäumen
Singt der weite Frühlingsgrund.
Regt der Tag erst laut die Schwingen:
Sind wir Alle wieder weit --
Aber tief im Herzen klingen
Lange nach noch Lust und Leid.

Morgenſtaͤndchen.
In den Wipfeln friſche Luͤfte,
Fern melod'ſcher Quellen Fall,
Durch die Einſamkeit der Kluͤfte
Waldeslaut und Vogelſchall,
Scheuer Traͤume Spielgenoſſen,
Steigen all' beim Morgenſchein
Auf des Weinlaubs ſchwanken Sproſſen,
Dir in's Fenſter aus und ein.
Und wir nah'n noch halb in Traͤumen,
Und wir thun in Klaͤngen kund,
Was da draußen in den Baͤumen
Singt der weite Fruͤhlingsgrund.
Regt der Tag erſt laut die Schwingen:
Sind wir Alle wieder weit —
Aber tief im Herzen klingen
Lange nach noch Luſt und Leid.

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[233/0251] Morgenſtaͤndchen. In den Wipfeln friſche Luͤfte, Fern melod'ſcher Quellen Fall, Durch die Einſamkeit der Kluͤfte Waldeslaut und Vogelſchall, Scheuer Traͤume Spielgenoſſen, Steigen all' beim Morgenſchein Auf des Weinlaubs ſchwanken Sproſſen, Dir in's Fenſter aus und ein. Und wir nah'n noch halb in Traͤumen, Und wir thun in Klaͤngen kund, Was da draußen in den Baͤumen Singt der weite Fruͤhlingsgrund. Regt der Tag erſt laut die Schwingen: Sind wir Alle wieder weit — Aber tief im Herzen klingen Lange nach noch Luſt und Leid.

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/251>, abgerufen am 25.04.2024.