Er reitet Nachts auf einem braunen Roß, Er reitet vorüber an manchem Schloß: Schlaf' droben, mein Kind, bis der Tag erscheint, Die finstre Nacht ist des Menschen Feind!
Er reitet vorüber an einem Teich, Da stehet ein schönes Mädchen bleich Und singt, ihr Hemdlein flattert im Wind: Vorüber, vorüber, mir graut vor dem Kind!
Er reitet vorüber an einem Fluß, Da ruft ihm der Wassermann seinen Gruß, Taucht wieder unter dann mit Gesaus, Und stille wird's über dem kühlen Haus.
Wenn Tag und Nacht in verworrenem Streit, Schon Hähne krähen in Dörfern weit, Da schauert sein Roß und wühlet hinab, Scharret ihm schnaubend sein eigenes Grab.
II.
Er reitet Nachts auf einem braunen Roß, Er reitet voruͤber an manchem Schloß: Schlaf' droben, mein Kind, bis der Tag erſcheint, Die finſtre Nacht iſt des Menſchen Feind!
Er reitet voruͤber an einem Teich, Da ſtehet ein ſchoͤnes Maͤdchen bleich Und ſingt, ihr Hemdlein flattert im Wind: Voruͤber, voruͤber, mir graut vor dem Kind!
Er reitet voruͤber an einem Fluß, Da ruft ihm der Waſſermann ſeinen Gruß, Taucht wieder unter dann mit Geſaus, Und ſtille wird's uͤber dem kuͤhlen Haus.
Wenn Tag und Nacht in verworrenem Streit, Schon Haͤhne kraͤhen in Doͤrfern weit, Da ſchauert ſein Roß und wuͤhlet hinab, Scharret ihm ſchnaubend ſein eigenes Grab.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0027"n="9"/><divn="3"><head><hirendition="#aq">II</hi>.<lb/></head><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Er reitet Nachts auf einem braunen Roß,</l><lb/><l>Er reitet voruͤber an manchem Schloß:</l><lb/><l>Schlaf' droben, mein Kind, bis der Tag erſcheint,</l><lb/><l>Die finſtre Nacht iſt des Menſchen Feind!</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Er reitet voruͤber an einem Teich,</l><lb/><l>Da ſtehet ein ſchoͤnes Maͤdchen bleich</l><lb/><l>Und ſingt, ihr Hemdlein flattert im Wind:</l><lb/><l>Voruͤber, voruͤber, mir graut vor dem Kind!</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Er reitet voruͤber an einem Fluß,</l><lb/><l>Da ruft ihm der Waſſermann ſeinen Gruß,</l><lb/><l>Taucht wieder unter dann mit Geſaus,</l><lb/><l>Und ſtille wird's uͤber dem kuͤhlen Haus.</l><lb/></lg><lgn="4"><l>Wenn Tag und Nacht in verworrenem Streit,</l><lb/><l>Schon Haͤhne kraͤhen in Doͤrfern weit,</l><lb/><l>Da ſchauert ſein Roß und wuͤhlet hinab,</l><lb/><l>Scharret ihm ſchnaubend ſein eigenes Grab.</l><lb/></lg></lg></div><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[9/0027]
II.
Er reitet Nachts auf einem braunen Roß,
Er reitet voruͤber an manchem Schloß:
Schlaf' droben, mein Kind, bis der Tag erſcheint,
Die finſtre Nacht iſt des Menſchen Feind!
Er reitet voruͤber an einem Teich,
Da ſtehet ein ſchoͤnes Maͤdchen bleich
Und ſingt, ihr Hemdlein flattert im Wind:
Voruͤber, voruͤber, mir graut vor dem Kind!
Er reitet voruͤber an einem Fluß,
Da ruft ihm der Waſſermann ſeinen Gruß,
Taucht wieder unter dann mit Geſaus,
Und ſtille wird's uͤber dem kuͤhlen Haus.
Wenn Tag und Nacht in verworrenem Streit,
Schon Haͤhne kraͤhen in Doͤrfern weit,
Da ſchauert ſein Roß und wuͤhlet hinab,
Scharret ihm ſchnaubend ſein eigenes Grab.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/27>, abgerufen am 20.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.