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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

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Waldgespräch.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Was reit'st Du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, Du bist allein,
Du schöne Braut! Ich führ' Dich heim!
"Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin."
So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
Jetzt kenn' ich Dich -- Gott steh' mir bei!
Du bist die Hexe Loreley.
"Du kennst mich wohl -- von hohem Stein,
Schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!"

Waldgeſpraͤch.
Es iſt ſchon ſpaͤt, es wird ſchon kalt,
Was reit'ſt Du einſam durch den Wald?
Der Wald iſt lang, Du biſt allein,
Du ſchoͤne Braut! Ich fuͤhr' Dich heim!
„Groß iſt der Maͤnner Trug und Liſt,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen iſt,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin.“
So reich geſchmuͤckt iſt Roß und Weib,
So wunderſchoͤn der junge Leib,
Jetzt kenn' ich Dich — Gott ſteh' mir bei!
Du biſt die Hexe Loreley.
„Du kennſt mich wohl — von hohem Stein,
Schaut ſtill mein Schloß tief in den Rhein.
Es iſt ſchon ſpaͤt, es wird ſchon kalt,
Kommſt nimmermehr aus dieſem Wald!“

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[427/0445] Waldgeſpraͤch. Es iſt ſchon ſpaͤt, es wird ſchon kalt, Was reit'ſt Du einſam durch den Wald? Der Wald iſt lang, Du biſt allein, Du ſchoͤne Braut! Ich fuͤhr' Dich heim! „Groß iſt der Maͤnner Trug und Liſt, Vor Schmerz mein Herz gebrochen iſt, Wohl irrt das Waldhorn her und hin, O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin.“ So reich geſchmuͤckt iſt Roß und Weib, So wunderſchoͤn der junge Leib, Jetzt kenn' ich Dich — Gott ſteh' mir bei! Du biſt die Hexe Loreley. „Du kennſt mich wohl — von hohem Stein, Schaut ſtill mein Schloß tief in den Rhein. Es iſt ſchon ſpaͤt, es wird ſchon kalt, Kommſt nimmermehr aus dieſem Wald!“

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/445>, abgerufen am 24.04.2024.