Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Wir seegeln durch die Räume,
Ich zeig' Dir Meer und Land,
Wie wunderbare Träume
Tief unten ausgespannt.
Hellblinkend zu den Füßen
Unzähl'ger Ströme Lauf --
Es steigt ein Frühlingsgrüßen
Verhallend zu uns auf.
Und bunt und immer wilder
In Liebe, Haß und Lust
Verwirren sich die Bilder --
Was schwindelt Dir die Brust?
So fröhlich tief im Herzen,
Zieh' ich all' himmelwärts,
Es kommen selbst die Schmerzen
Melodisch an das Herz.
Der Sänger zwingt mit Klängen
Was störrig, dumpf und wild,
Es spiegelt in Gesängen
Die Welt sich göttlich mild.
Und unten nun verbrauset
Des breiten Lebens Strom,
Der Adler einsam hauset
Im stillen Himmelsdom. --
Wir ſeegeln durch die Raͤume,
Ich zeig' Dir Meer und Land,
Wie wunderbare Traͤume
Tief unten ausgeſpannt.
Hellblinkend zu den Fuͤßen
Unzaͤhl'ger Stroͤme Lauf —
Es ſteigt ein Fruͤhlingsgruͤßen
Verhallend zu uns auf.
Und bunt und immer wilder
In Liebe, Haß und Luſt
Verwirren ſich die Bilder —
Was ſchwindelt Dir die Bruſt?
So froͤhlich tief im Herzen,
Zieh' ich all' himmelwaͤrts,
Es kommen ſelbſt die Schmerzen
Melodiſch an das Herz.
Der Saͤnger zwingt mit Klaͤngen
Was ſtoͤrrig, dumpf und wild,
Es ſpiegelt in Geſaͤngen
Die Welt ſich goͤttlich mild.
Und unten nun verbrauſet
Des breiten Lebens Strom,
Der Adler einſam hauſet
Im ſtillen Himmelsdom. —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0232" n="222"/>
            <lg n="5">
              <l>Wir &#x017F;eegeln durch die Ra&#x0364;ume,</l><lb/>
              <l>Ich zeig' Dir Meer und Land,</l><lb/>
              <l>Wie wunderbare Tra&#x0364;ume</l><lb/>
              <l>Tief unten ausge&#x017F;pannt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>Hellblinkend zu den Fu&#x0364;ßen</l><lb/>
              <l>Unza&#x0364;hl'ger Stro&#x0364;me Lauf &#x2014;</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;teigt ein Fru&#x0364;hlingsgru&#x0364;ßen</l><lb/>
              <l>Verhallend zu uns auf.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="7">
              <l><choice><sic>Uud</sic><corr>Und</corr></choice> bunt und immer wilder</l><lb/>
              <l>In Liebe, Haß und Lu&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Verwirren &#x017F;ich die Bilder &#x2014;</l><lb/>
              <l>Was &#x017F;chwindelt Dir die Bru&#x017F;t?</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="8">
              <l>So fro&#x0364;hlich tief im Herzen,</l><lb/>
              <l>Zieh' ich all' himmelwa&#x0364;rts,</l><lb/>
              <l>Es kommen &#x017F;elb&#x017F;t die Schmerzen</l><lb/>
              <l>Melodi&#x017F;ch an das Herz.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="9">
              <l>Der Sa&#x0364;nger zwingt mit Kla&#x0364;ngen</l><lb/>
              <l>Was &#x017F;to&#x0364;rrig, dumpf und wild,</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;piegelt in Ge&#x017F;a&#x0364;ngen</l><lb/>
              <l>Die Welt &#x017F;ich go&#x0364;ttlich mild.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="10">
              <l>Und unten nun verbrau&#x017F;et</l><lb/>
              <l>Des breiten Lebens Strom,</l><lb/>
              <l>Der Adler ein&#x017F;am hau&#x017F;et</l><lb/>
              <l>Im &#x017F;tillen Himmelsdom. &#x2014;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0232] Wir ſeegeln durch die Raͤume, Ich zeig' Dir Meer und Land, Wie wunderbare Traͤume Tief unten ausgeſpannt. Hellblinkend zu den Fuͤßen Unzaͤhl'ger Stroͤme Lauf — Es ſteigt ein Fruͤhlingsgruͤßen Verhallend zu uns auf. Und bunt und immer wilder In Liebe, Haß und Luſt Verwirren ſich die Bilder — Was ſchwindelt Dir die Bruſt? So froͤhlich tief im Herzen, Zieh' ich all' himmelwaͤrts, Es kommen ſelbſt die Schmerzen Melodiſch an das Herz. Der Saͤnger zwingt mit Klaͤngen Was ſtoͤrrig, dumpf und wild, Es ſpiegelt in Geſaͤngen Die Welt ſich goͤttlich mild. Und unten nun verbrauſet Des breiten Lebens Strom, Der Adler einſam hauſet Im ſtillen Himmelsdom. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/232
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/232>, abgerufen am 19.04.2024.