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Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844.

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Am Nile steht wie es scheint eine Baumwollenfabrik, ein mächtiges Gebäude; außerdem ist hier noch eine Gullenfabrik. Der Bazar dieser mit 1 Minaret versehenen Stadt ist schofel und winklich. 1000 Gerüche von bratender Butter, Öl, Thranlampen, Eierkuchen, Zwiebeln, alle möglichen Fettigkeiten, Kaffee pp. dampft Einem entgegen, und wie malerisch die Gruppen auch sein mögen, widert Einen an. In einer andern Straße sitzen Tänzerinnen oder Freudenmädchen, möglichst geputzt und mit Flitterwerk behangen, die Eine ganz in feuerrothe Gaze gehüllt, dem Gesicht nach aber erstaunlich häßlich. Nur 2 gefielen mir, eine ganz schwarze, die wirklich hübsche Gesichtszüge und eine volle Brust hatte und uns laut anlachte, und eine Andre helle von kurzer Gestalt und etwas üppigem Bau. Auch sie schien ziemlich jung und hatte recht regelmäßige Züge; sie winkte uns zu (rufend kuß taibi); die meisten rauchten gemüthlich ihren Tschibuk. Nach diesen Gruppen gelangten wir wieder zum Flußufer, wo ein Getreidemarkt und dahinter Arnautenzelte aufgeschlagen waren, ein buntes Leben im Gegensatz mit dem stillen grünlichen Himmel, gegen den sich die Palmen schwärzlich absetzten. Die Abendluft ging kühl und erfrischend; wir kehrten um und gingen noch etwas auf dem Damm des Flusses auf und ab; dann Abendbrod gegessen; gleich darauf kam Lepsius, der bei dem alten Türken höchst solenn und patriarchalisch gespeist hatte. - Da Lepsius am Vormittag ein Essen bei ihnen abgeschlagen, so hatten sie es uns auf die Barke geschickt, d.h. 2 Hammel und eine Quantität Brod. - Nach dem Thee brachen wir von Ghenne auf und fuhren in der Nacht nach dem etwa 5 Stunden entfernten Ghus. - Lepsius schickte heut Briefe nach Cairo, mit dem Auftrage, Alle Briefe und Zeitungen, die sich für uns vorfänden, uns nach Assuan nachzuschicken. Ein Brief von hier nach Cairo braucht meist nur 4 Tage zu Lande, eine enorm kurze Zeit. -

Freitag den 6ten October 1843. Wir finden uns heut früh am Nilufer bei dem etwa 1/2 Stunde entfernten Ghus (Apollinopolis parva );; wir liegen neben einem mächtigen Durrhafelde. Gegenüber rückt die lybische Wüste dicht an den Fluß und zeigt großartige und interressante Formen und Schatten; die arabische Wüste ist wohl 2-3 Stunden vom Nil enfernt, der hier sehr schmal erscheint. Unweit des Dorfes Ghus ist ein Hain von Dompalmen, die seit einigen Tagen uns sehr häufig geworden sind; noch immer haben wir kein Krokodill gesehen. Die Nacht heut war sehr kühl, wir hatten um 7 Uhr Morgens nur 17° Wärme in der Cajüte. - Morgen also werden wir in Theben landen. Während Lepsius mit Max eine Exkursion nach Ghus macht, bleib

Am Nile steht wie es scheint eine Baumwollenfabrik, ein mächtiges Gebäude; außerdem ist hier noch eine Gullenfabrik. Der Bazar dieser mit 1 Minaret versehenen Stadt ist schofel und winklich. 1000 Gerüche von bratender Butter, Öl, Thranlampen, Eierkuchen, Zwiebeln, alle möglichen Fettigkeiten, Kaffee pp. dampft Einem entgegen, und wie malerisch die Gruppen auch sein mögen, widert Einen an. In einer andern Straße sitzen Tänzerinnen oder Freudenmädchen, möglichst geputzt und mit Flitterwerk behangen, die Eine ganz in feuerrothe Gaze gehüllt, dem Gesicht nach aber erstaunlich häßlich. Nur 2 gefielen mir, eine ganz schwarze, die wirklich hübsche Gesichtszüge und eine volle Brust hatte und uns laut anlachte, und eine Andre helle von kurzer Gestalt und etwas üppigem Bau. Auch sie schien ziemlich jung und hatte recht regelmäßige Züge; sie winkte uns zu (rufend kuß taibi); die meisten rauchten gemüthlich ihren Tschibuk. Nach diesen Gruppen gelangten wir wieder zum Flußufer, wo ein Getreidemarkt und dahinter Arnautenzelte aufgeschlagen waren, ein buntes Leben im Gegensatz mit dem stillen grünlichen Himmel, gegen den sich die Palmen schwärzlich absetzten. Die Abendluft ging kühl und erfrischend; wir kehrten um und gingen noch etwas auf dem Damm des Flusses auf und ab; dann Abendbrod gegessen; gleich darauf kam Lepsius, der bei dem alten Türken höchst solenn und patriarchalisch gespeist hatte. - Da Lepsius am Vormittag ein Essen bei ihnen abgeschlagen, so hatten sie es uns auf die Barke geschickt, d.h. 2 Hammel und eine Quantität Brod. - Nach dem Thee brachen wir von Ghenne auf und fuhren in der Nacht nach dem etwa 5 Stunden entfernten Ghus. - Lepsius schickte heut Briefe nach Cairo, mit dem Auftrage, Alle Briefe und Zeitungen, die sich für uns vorfänden, uns nach Assuan nachzuschicken. Ein Brief von hier nach Cairo braucht meist nur 4 Tage zu Lande, eine enorm kurze Zeit. -

Freitag den 6ten October 1843. Wir finden uns heut früh am Nilufer bei dem etwa ½ Stunde entfernten Ghus (Apollinopolis parva );; wir liegen neben einem mächtigen Durrhafelde. Gegenüber rückt die lybische Wüste dicht an den Fluß und zeigt großartige und interressante Formen und Schatten; die arabische Wüste ist wohl 2-3 Stunden vom Nil enfernt, der hier sehr schmal erscheint. Unweit des Dorfes Ghus ist ein Hain von Dompalmen, die seit einigen Tagen uns sehr häufig geworden sind; noch immer haben wir kein Krokodill gesehen. Die Nacht heut war sehr kühl, wir hatten um 7 Uhr Morgens nur 17° Wärme in der Cajüte. - Morgen also werden wir in Theben landen. Während Lepsius mit Max eine Exkursion nach Ghus macht, bleib

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[52/0053] Am Nile steht wie es scheint eine Baumwollenfabrik, ein mächtiges Gebäude; außerdem ist hier noch eine Gullenfabrik. Der Bazar dieser mit 1 Minaret versehenen Stadt ist schofel d winklich. 1000 Gerüche v bratender Butter, Öl, Thranlampen, Eierkuchen, Zwiebeln, alle möglichen Fettigkeiten, Kaffee pp. dampft Einem entgegen, d wie malerisch die Gruppen auch sein mögen, widert Einen an. In einer andern Straße sitzen Tänzerinnen od Freudenmädchen, möglichst geputzt d mit Flitterwerk behangen, die Eine ganz in feuerrothe Gaze gehüllt, dem Gesicht nach aber erstaunlich häßlich. Nur 2 gefielen mir, eine ganz schwarze, die wirklich hübsche Gesichtszüge d e volle Brust hatte d uns laut anlachte, d eine Andre helle v kurzer Gestalt d etwas üppigem Bau. Auch sie schien ziemlich jung d hatte recht regelmäßige Züge; sie winkte uns zu (rufend kuß taibi); die meisten rauchten gemüthlich ihren Tschibuk. Nach diesen Gruppen gelangten wir wieder zum Flußufer, wo ein Getreidemarkt d dahinter Arnautenzelte aufgeschlagen waren, ein buntes Leben im Gegensatz mit dem stillen grünlichen Himmel, gegen den sich die Palmen schwärzlich absetzten. Die Abendluft ging kühl d erfrischend; wir kehrten um d gingen noch etwas auf dem Damm des Flusses auf d ab; dann Abendbrod gegessen; gleich darauf kam Leps, der bei d alten Türken höchst solenn d patriarchalisch gespeist hatte. - Da Leps am Vorm ein Essen bei ihnen abgeschlagen, so hatten sie es uns auf d Barke geschickt, d.h. 2 Hammel d e Quantität Brod. - Nach d Thee brachen wir v Ghenne auf d fuhren in d Nacht nach dem etwa 5 Stunden entfernten Ghus. - Leps schickte heut Briefe nach Cairo, mit dem Auftrage, Alle Briefe d Zeitungen, die für uns vorfänden, uns nach Assuan nachzuschicken. Ein Brief v hier nach Cairo braucht meist nur 4 Tage zu Lande, eine enorm kurze Zeit. - Freitag d 6ten October 1843. Wir finden uns heut früh am Nilufer bei dem etwa ½ Stunde entfernten Ghus (Apollinopolis parva );; wir liegen neben einem mächtigen Durrhafelde. Gegenüber rückt die lybische Wüste dicht an d Fluß d zeigt großartige d interress Formen d Schatten; die arab Wüste ist wohl 2-3 Stunden v Nil enfernt, der hier sehr schmal erscheint. Unweit des Dorfes Ghus ist ein Hain v Dompalmen, die seit einigen Tagen uns sehr häufig geworden sind; noch immer haben wir kein Krokodill gesehen. Die Nacht heut war sehr kühl, wir hatten um 7 Uhr Morgens nur 17° Wärme in d Cajüte. - Morgen also werden wir in Theben landen. Während Leps mit Max eine Exkursion nach Ghus macht, bleib

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Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch02_1843/53>, abgerufen am 28.03.2024.