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Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844.

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Nacht war sehr kühl, so daß meine eine Decke kaum hinreichend war zur Erwärmung. Seit wir Nubien betreten haben, sind die Paternosterwerke an den Ufern sehr im Gange; das Wasser muß ziemlich hoch, wohl 12' gehoben werden, und die Aufmauerungen um diese Sakien, von Sykomoren, Palmen oder Gummibäumen umgeben, sehen meist sehr malerisch aus. - Etwa um 1/2 4 Uhr fuhren wir von Tafa weiter und kamen 1/2 Stunde vor Sonnenuntergang nach Kalabsche, dessen mächtige Tempelmauern bereits eine Zeit lang sichtbar waren. Noch am Abend gingen wir durch das umhergebaute Dorf nach dem etwa 40 Minuten von unserm Landungsplatz entfernten Tempel, dem größten in Nubien; er macht in jeder Hinsicht einen sehr wüsten Eindruck; nirgends in ganz Egypten wandelt man über so zusammen gehäufte Steinblöcke, wie hier; dabei stehen die Mauern größtentheils ganz, aber alle Decken, Säulen pp. sind eingestürtzt. Der Tempel ist hauptsächlich aus der späten Kaiserzeit, und in den Darstellungen und Hieroglyphen der schlechteste, den ich gesehen; übrigens in vielen Theilen unvollendet; die Sandsteinblöcke sind aus ganz nahen Steinbrüchen gebrochen; die alte Stadt (Talmus) scheint an die Felsen und in die Felsen emporgebaut gewesen zu sein. Mit Sonnenuntergang zum Schiff zurück, wo ich nach dem Essen noch bis 1/2 12 Uhr mit Lepsius Schach spiele. -

Donnerstag den 9ten November 1843. Der heutige Vormittag wird mit Revision und Abklatschung des großen Tempels von Kalapsche zugebracht; und dann gehen wir nach dem etwa 10 Minuten flußabwärts gelegenen Felsentempel genannt Bet Oualli, ein interressantes Gebäude des großen Ramses; der Styl wie die Darstellungen hier erfreuen wieder gegen den oben gesehnen Tempel. Cannelirte auf allen 4 Seiten mit beschriebenen Streifen versehene Säulen (2 Stück) zieren den Hauptraum. Wir essen hier Mittag, und klatschen ab bis 1/2 5 Uhr etwa, kehren dann über den vorgebauten Quae des großen Tempels zurück. Dann schreibe ich Tagebuch bis zum Abendessen; bei Kalabsche sind viel Dompalmen, viele nackte Buben und Mädchen, ein wenig Belladdurrha und unendlich viel

Nacht war sehr kühl, so daß meine eine Decke kaum hinreichend war zur Erwärmung. Seit wir Nubien betreten haben, sind die Paternosterwerke an den Ufern sehr im Gange; das Wasser muß ziemlich hoch, wohl 12’ gehoben werden, und die Aufmauerungen um diese Sakien, von Sykomoren, Palmen oder Gummibäumen umgeben, sehen meist sehr malerisch aus. - Etwa um ½ 4 Uhr fuhren wir von Tafa weiter und kamen ½ Stunde vor Sonnenuntergang nach Kalabsche, dessen mächtige Tempelmauern bereits eine Zeit lang sichtbar waren. Noch am Abend gingen wir durch das umhergebaute Dorf nach dem etwa 40 Minuten von unserm Landungsplatz entfernten Tempel, dem größten in Nubien; er macht in jeder Hinsicht einen sehr wüsten Eindruck; nirgends in ganz Egypten wandelt man über so zusammen gehäufte Steinblöcke, wie hier; dabei stehen die Mauern größtentheils ganz, aber alle Decken, Säulen pp. sind eingestürtzt. Der Tempel ist hauptsächlich aus der späten Kaiserzeit, und in den Darstellungen und Hieroglyphen der schlechteste, den ich gesehen; übrigens in vielen Theilen unvollendet; die Sandsteinblöcke sind aus ganz nahen Steinbrüchen gebrochen; die alte Stadt (Talmus) scheint an die Felsen und in die Felsen emporgebaut gewesen zu sein. Mit Sonnenuntergang zum Schiff zurück, wo ich nach dem Essen noch bis ½ 12 Uhr mit Lepsius Schach spiele. -

Donnerstag den 9ten November 1843. Der heutige Vormittag wird mit Revision und Abklatschung des großen Tempels von Kalapsche zugebracht; und dann gehen wir nach dem etwa 10 Minuten flußabwärts gelegenen Felsentempel genannt Bet Oualli, ein interressantes Gebäude des großen Ramses; der Styl wie die Darstellungen hier erfreuen wieder gegen den oben gesehnen Tempel. Cannelirte auf allen 4 Seiten mit beschriebenen Streifen versehene Säulen (2 Stück) zieren den Hauptraum. Wir essen hier Mittag, und klatschen ab bis ½ 5 Uhr etwa, kehren dann über den vorgebauten Quae des großen Tempels zurück. Dann schreibe ich Tagebuch bis zum Abendessen; bei Kalabsche sind viel Dompalmen, viele nackte Buben und Mädchen, ein wenig Belladdurrha und unendlich viel

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[72/0073] Nacht war sehr kühl, so daß meine eine Decke kaum hinreichend war zur Erwärmung. Seit wir Nubien betreten haben, sind die Paternosterwerke an d Ufern sehr im Gange; das Wasser muß ziemlich hoch, wohl 12’ gehoben werden, d die Aufmauerungen um diese Sakien, von Sykomoren, Palmen oder Gummibäumen umgeben, sehen meist sehr malerisch aus. - Etwa um ½ 4 Uhr fuhren wir von Tafa weiter d kamen ½ St vor Sonnenuntergang nach Kalabsche, dessen mächtige Tempelmauern bereits eine Zeit lang sichtbar waren. Noch am Abend gingen wir durch das umhergebaute Dorf nach dem etwa 40 Min v unserm Landungsplatz entfernten Tempel, dem größten in Nubien; er macht in jeder Hinsicht einen sehr wüsten Eindruck; nirgends in ganz Egypten wandelt m über so zus gehäufte Steinblöcke, wie hier; dabei stehen die Mauern größtentheils ganz, aber alle Decken, Säulen pp. sind eingestürtzt. D Tempel ist hauptsächlich aus der späten Kaiserzeit, und in den Darstellungen d Hieroglyphen der schlechteste, den ich gesehen; übrigens in vielen Theilen unvollendet; die Sandsteinblöcke sind aus ganz nahen Steinbrüchen gebrochen; die alte Stadt (Talmus) scheint an d Felsen d in d Felsen emporgebaut gewesen zu sein. Mit Sonnenuntergang zum Schiff zurück, wo ich nach dem Essen noch bis ½ 12 Uhr mit Leps Schach spiele. - Donnerstag d 9ten Nov 1843. Der heutige Vormittag wird mit Revision d Abklatschung des großen Tempels v Kalapsche zugebracht; d dann gehen wir nach dem etwa 10 Min flußabwärts gelegenen Felsentempel genannt Bet Oualli, ein interressantes Gebäude des großen Ramses; der Styl wie die Darstellungen hier erfreuen wieder gegen den oben gesehnen Tempel. Cannelirte auf allen 4 Seiten mit beschriebenen Streifen versehene Säulen (2 Stück) zieren den Hauptraum. Wir essen hier Mittag, d klatschen ab bis ½ 5 Uhr etwa, kehren dann über den vorgebauten Quae des großen Tempels zurück. Dann schreibe ich Tagebuch bis zum Abendessen; bei Kalabsche sind viel Dompalmen, viele nackte Buben d Mädchen, ein wenig Belladdurrha d unendlich viel

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Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch02_1843/73>, abgerufen am 28.03.2024.