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Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

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Mich als Ritter zu geberden,
Aber kaufmännische Tugend,
Als da Lesen ist und Schreiben,
Oheim Wunfried, lernt ich nicht!
Hab' mich stets darauf verlassen
Und geglaubt: ""Wozu denn Klöster?
Und so viele fromme Brüder?
Hochgelahrte Herrn Magister,
Wenn der Ritter noch im Schreibsaft
Seine Freiheit soll ersäufen?"" --
Aber eingestehen wollt' ich
Das doch nimmermehr dem Beilstein,
Hätte doch sein spöttisch Lächeln
Meine Galle schäumen lassen;
So fuhr ich denn an Herrn Henno,
Ob mein Wort allein nicht gültig,
Dieses Brieflein zu bethät'gen?
Und mit listig schlauer Miene
Gab der Hinkfuß mir zur Antwort:
""Ist ja nur der Ordnung wegen,
Und nun einmal Brauch und Sitte!
Uns, Herzbrüderlein, genügt wohl
Frankensteiners Wort und Handschlag,
Aber was da nach uns kommt,
Kind und Kindeskinder, Robert,
Die verlangen es besiegelt,
Schon um Händeln vorzubeugen.""
Solches fand ich recht und billig,
Faßte ruhig nach dem Wachse,
Drückt' auf's Pergament mein Siegel
Und gab's weiter an den Buttlar.
Mich als Ritter zu geberden,
Aber kaufmänniſche Tugend,
Als da Leſen iſt und Schreiben,
Oheim Wunfried, lernt ich nicht!
Hab' mich ſtets darauf verlaſſen
Und geglaubt: „„Wozu denn Klöſter?
Und ſo viele fromme Brüder?
Hochgelahrte Herrn Magiſter,
Wenn der Ritter noch im Schreibſaft
Seine Freiheit ſoll erſäufen?““ —
Aber eingeſtehen wollt' ich
Das doch nimmermehr dem Beilſtein,
Hätte doch ſein ſpöttiſch Lächeln
Meine Galle ſchäumen laſſen;
So fuhr ich denn an Herrn Henno,
Ob mein Wort allein nicht gültig,
Dieſes Brieflein zu bethät'gen?
Und mit liſtig ſchlauer Miene
Gab der Hinkfuß mir zur Antwort:
„„Iſt ja nur der Ordnung wegen,
Und nun einmal Brauch und Sitte!
Uns, Herzbrüderlein, genügt wohl
Frankenſteiners Wort und Handſchlag,
Aber was da nach uns kommt,
Kind und Kindeskinder, Robert,
Die verlangen es beſiegelt,
Schon um Händeln vorzubeugen.““
Solches fand ich recht und billig,
Faßte ruhig nach dem Wachſe,
Drückt' auf's Pergament mein Siegel
Und gab's weiter an den Buttlar.
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[8/0022] Mich als Ritter zu geberden, Aber kaufmänniſche Tugend, Als da Leſen iſt und Schreiben, Oheim Wunfried, lernt ich nicht! Hab' mich ſtets darauf verlaſſen Und geglaubt: „„Wozu denn Klöſter? Und ſo viele fromme Brüder? Hochgelahrte Herrn Magiſter, Wenn der Ritter noch im Schreibſaft Seine Freiheit ſoll erſäufen?““ — Aber eingeſtehen wollt' ich Das doch nimmermehr dem Beilſtein, Hätte doch ſein ſpöttiſch Lächeln Meine Galle ſchäumen laſſen; So fuhr ich denn an Herrn Henno, Ob mein Wort allein nicht gültig, Dieſes Brieflein zu bethät'gen? Und mit liſtig ſchlauer Miene Gab der Hinkfuß mir zur Antwort: „„Iſt ja nur der Ordnung wegen, Und nun einmal Brauch und Sitte! Uns, Herzbrüderlein, genügt wohl Frankenſteiners Wort und Handſchlag, Aber was da nach uns kommt, Kind und Kindeskinder, Robert, Die verlangen es beſiegelt, Schon um Händeln vorzubeugen.““ Solches fand ich recht und billig, Faßte ruhig nach dem Wachſe, Drückt' auf's Pergament mein Siegel Und gab's weiter an den Buttlar.

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Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/22>, abgerufen am 25.04.2024.