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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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leibeigenen bauern.
nen handwerken zur lehre nicht aufgenommen, 2)
von ihrem vieh können sie nicht so viel verkaufen,
als sie wollen. 3) Hat wohl ein leibeigener die
väterliche gewalt über seine kinder, doch darf er
nicht heirathen ohne seines herrn willen, wie denn
die verhelung der leibeigenschaft der braut gelegen-
heit gibet abzugehen. Wenn ein leibeigener ein
mensch schwangert, kan dieses nicht auf die ehe
klagen, noch eine genugthuung an gelde fodern.
Wenn aber solches eine leibeigene ist, und von ei-
nem andern geschwächet wird, pfleget der herr
das bettemundsrecht in Westphalen auszuüben,
Estor am a. o. cap. 5 § 35 s. 135. Unter den ehe-
leuten ist eine gemeinschaft der güter in Pommern,
der vater und die mutter haben den niesbrauch an
dem peculio adventitio ihrer kinder. Die kinder,
sobald sie puberes worden, sind nicht schuldig,
den ältern umsonst zu arbeiten, es wäre dann, daß
sie arm wären. Den unmündigen werden ande-
re leibeigene zu vormündern bestellet. Das gut
samt haus und hofwehren gehören dem herrn.
Was der bauer erwirbet, gehöret ihm. Eine
dienstbarkeit kan er nicht auf das gut legen, hin-
gegen ist er der persönlichen dienstbarkeit fähig.
Er soll zu keinem kirchen-amte kommen, noch in
den städten zum bürger aufgenommen werden,
kaiser Heinrichs Wormsische reichstagsverord-
nung, 1232, cap. 1, 5.

§ 367

Die leibeigenen können heut zu tage testamentedie gerech-
tigkeiten
der leibei-
genen,

machen, wo es ihnen nicht benommen ist. Man
kan sie zu erben einsezen. Sie brauchen fünf zeu-
gen bei ihren lezten willensverordnungen. Sie
können eigentlich keine zeugen bei testamenten ab-
geben, sihe des kaisers Maximilians des I ord-
nung für die notarien 1512 § 7, doch werden sie

in

leibeigenen bauern.
nen handwerken zur lehre nicht aufgenommen, 2)
von ihrem vieh koͤnnen ſie nicht ſo viel verkaufen,
als ſie wollen. 3) Hat wohl ein leibeigener die
vaͤterliche gewalt uͤber ſeine kinder, doch darf er
nicht heirathen ohne ſeines herrn willen, wie denn
die verhelung der leibeigenſchaft der braut gelegen-
heit gibet abzugehen. Wenn ein leibeigener ein
menſch ſchwangert, kan dieſes nicht auf die ehe
klagen, noch eine genugthuung an gelde fodern.
Wenn aber ſolches eine leibeigene iſt, und von ei-
nem andern geſchwaͤchet wird, pfleget der herr
das bettemundsrecht in Weſtphalen auszuuͤben,
Eſtor am a. o. cap. 5 § 35 ſ. 135. Unter den ehe-
leuten iſt eine gemeinſchaft der guͤter in Pommern,
der vater und die mutter haben den niesbrauch an
dem peculio adventitio ihrer kinder. Die kinder,
ſobald ſie puberes worden, ſind nicht ſchuldig,
den aͤltern umſonſt zu arbeiten, es waͤre dann, daß
ſie arm waͤren. Den unmuͤndigen werden ande-
re leibeigene zu vormuͤndern beſtellet. Das gut
ſamt haus und hofwehren gehoͤren dem herrn.
Was der bauer erwirbet, gehoͤret ihm. Eine
dienſtbarkeit kan er nicht auf das gut legen, hin-
gegen iſt er der perſoͤnlichen dienſtbarkeit faͤhig.
Er ſoll zu keinem kirchen-amte kommen, noch in
den ſtaͤdten zum buͤrger aufgenommen werden,
kaiſer Heinrichs Wormſiſche reichstagsverord-
nung, 1232, cap. 1, 5.

§ 367

Die leibeigenen koͤnnen heut zu tage teſtamentedie gerech-
tigkeiten
der leibei-
genen,

machen, wo es ihnen nicht benommen iſt. Man
kan ſie zu erben einſezen. Sie brauchen fuͤnf zeu-
gen bei ihren lezten willensverordnungen. Sie
koͤnnen eigentlich keine zeugen bei teſtamenten ab-
geben, ſihe des kaiſers Maximilians des I ord-
nung fuͤr die notarien 1512 § 7, doch werden ſie

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[157/0169] leibeigenen bauern. nen handwerken zur lehre nicht aufgenommen, 2) von ihrem vieh koͤnnen ſie nicht ſo viel verkaufen, als ſie wollen. 3) Hat wohl ein leibeigener die vaͤterliche gewalt uͤber ſeine kinder, doch darf er nicht heirathen ohne ſeines herrn willen, wie denn die verhelung der leibeigenſchaft der braut gelegen- heit gibet abzugehen. Wenn ein leibeigener ein menſch ſchwangert, kan dieſes nicht auf die ehe klagen, noch eine genugthuung an gelde fodern. Wenn aber ſolches eine leibeigene iſt, und von ei- nem andern geſchwaͤchet wird, pfleget der herr das bettemundsrecht in Weſtphalen auszuuͤben, Eſtor am a. o. cap. 5 § 35 ſ. 135. Unter den ehe- leuten iſt eine gemeinſchaft der guͤter in Pommern, der vater und die mutter haben den niesbrauch an dem peculio adventitio ihrer kinder. Die kinder, ſobald ſie puberes worden, ſind nicht ſchuldig, den aͤltern umſonſt zu arbeiten, es waͤre dann, daß ſie arm waͤren. Den unmuͤndigen werden ande- re leibeigene zu vormuͤndern beſtellet. Das gut ſamt haus und hofwehren gehoͤren dem herrn. Was der bauer erwirbet, gehoͤret ihm. Eine dienſtbarkeit kan er nicht auf das gut legen, hin- gegen iſt er der perſoͤnlichen dienſtbarkeit faͤhig. Er ſoll zu keinem kirchen-amte kommen, noch in den ſtaͤdten zum buͤrger aufgenommen werden, kaiſer Heinrichs Wormſiſche reichstagsverord- nung, 1232, cap. 1, 5. § 367 Die leibeigenen koͤnnen heut zu tage teſtamente machen, wo es ihnen nicht benommen iſt. Man kan ſie zu erben einſezen. Sie brauchen fuͤnf zeu- gen bei ihren lezten willensverordnungen. Sie koͤnnen eigentlich keine zeugen bei teſtamenten ab- geben, ſihe des kaiſers Maximilians des I ord- nung fuͤr die notarien 1512 § 7, doch werden ſie in die gerech- tigkeiten der leibei- genen,

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/169>, abgerufen am 18.04.2024.