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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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II haubtst. von dem rechte
§ 48
was der
gebrauch
bedeute,

Anbeneben sahen die Teutschen auf ihre gebräu-
che und gewonheiten ungemein, Dreyer am a. o.
s. 73 u. f. Brauch bedeutet eigentlich usus et
opus, d. i, quod ipso facto conducit. Dises wort
wird im doppelten verstande genommen, da es
1) so viel, als gewonheit bedeutet, oder 2) einen
ritum, z. e. "wo der gebrauch ist, singet man den
"pumpernickel (bon pour Nickel) in der kirche,
"und wer unter den wölfen ist, muß mit ihnen heu-
"len. Es ist besser mit machen, als ein narr allein
"seyn", Pistorius am a. o. cent. 8 paroem. 26,
s. 712, 713, und paroem. 46 s. 734. Das herkommen
und der stilus curiae können ebenfalls hieher gezohen
werden, sihe Stryken u. Haymen de stilo curiae.

§ 49
die gewon-
heiten wa-
ren den
Teutschen
angenehm,

Die Teutschen hielten gar viel auf die gewonhei-
ten, wie die alten geschichtschreiber bei dem herrn
grafen von Bünau im ersten theile, ersten buche,
s. 54 der reichshistorie angemercket haben; daher
es noch heiset: "ländlich, sittlich, oder landes weise,
"ist landes ehre; eine alte gewonheit ist stärcker
"als brif und sigel; eine alte gewonheit soll man
"nicht brechen", Pistorius cent. 4 par. 4 s. 282
cent. 9, paroem. 38, s. 863, Hert lib. 1 paroem. 2
s. 258 vol. II tom. 3 opusc. Derowegen müssen die
fremden sich nach den rechten des ortes richten, wo
sie sich aufhalten, Hert am a. o. Sie sagten fer-
ner: "hundert jahre unrecht, ist nicht eine stunde
"recht; ein jahr böse, hundert jahre böse", Hert
paroem. 3 s. 259 und paroem. 24 s. 439, Pistorius
cent. 2 paroem. 96 s. 242 centur. 9 paroem. 90
s. 930 u. f. das ist: böse gewonheiten machen kein
recht, David Mevius in P. II decis. 378 s. 294.

§ 50
II haubtſt. von dem rechte
§ 48
was der
gebrauch
bedeute,

Anbeneben ſahen die Teutſchen auf ihre gebraͤu-
che und gewonheiten ungemein, Dreyer am a. o.
ſ. 73 u. f. Brauch bedeutet eigentlich uſus et
opus, d. i, quod ipſo facto conducit. Diſes wort
wird im doppelten verſtande genommen, da es
1) ſo viel, als gewonheit bedeutet, oder 2) einen
ritum, z. e. „wo der gebrauch iſt, ſinget man den
„pumpernickel (bon pour Nickel) in der kirche,
„und wer unter den woͤlfen iſt, muß mit ihnen heu-
„len. Es iſt beſſer mit machen, als ein narr allein
„ſeyn„, Piſtorius am a. o. cent. 8 paroem. 26,
ſ. 712, 713, und paroem. 46 ſ. 734. Das herkommen
und der ſtilus curiae koͤnnen ebenfalls hieher gezohen
werden, ſihe Stryken u. Haymen de ſtilo curiae.

§ 49
die gewon-
heiten wa-
ren den
Teutſchen
angenehm,

Die Teutſchen hielten gar viel auf die gewonhei-
ten, wie die alten geſchichtſchreiber bei dem herrn
grafen von Buͤnau im erſten theile, erſten buche,
ſ. 54 der reichshiſtorie angemercket haben; daher
es noch heiſet: „laͤndlich, ſittlich, oder landes weiſe,
„iſt landes ehre; eine alte gewonheit iſt ſtaͤrcker
„als brif und ſigel; eine alte gewonheit ſoll man
„nicht brechen„, Piſtorius cent. 4 par. 4 ſ. 282
cent. 9, paroem. 38, ſ. 863, Hert lib. 1 paroem. 2
ſ. 258 vol. II tom. 3 opuſc. Derowegen muͤſſen die
fremden ſich nach den rechten des ortes richten, wo
ſie ſich aufhalten, Hert am a. o. Sie ſagten fer-
ner: „hundert jahre unrecht, iſt nicht eine ſtunde
„recht; ein jahr boͤſe, hundert jahre boͤſe„, Hert
paroem. 3 ſ. 259 und paroem. 24 ſ. 439, Piſtorius
cent. 2 paroem. 96 ſ. 242 centur. 9 paroem. 90
ſ. 930 u. f. das iſt: boͤſe gewonheiten machen kein
recht, David Mevius in P. II decis. 378 ſ. 294.

§ 50
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[20/0030] II haubtſt. von dem rechte § 48 Anbeneben ſahen die Teutſchen auf ihre gebraͤu- che und gewonheiten ungemein, Dreyer am a. o. ſ. 73 u. f. Brauch bedeutet eigentlich uſus et opus, d. i, quod ipſo facto conducit. Diſes wort wird im doppelten verſtande genommen, da es 1) ſo viel, als gewonheit bedeutet, oder 2) einen ritum, z. e. „wo der gebrauch iſt, ſinget man den „pumpernickel (bon pour Nickel) in der kirche, „und wer unter den woͤlfen iſt, muß mit ihnen heu- „len. Es iſt beſſer mit machen, als ein narr allein „ſeyn„, Piſtorius am a. o. cent. 8 paroem. 26, ſ. 712, 713, und paroem. 46 ſ. 734. Das herkommen und der ſtilus curiae koͤnnen ebenfalls hieher gezohen werden, ſihe Stryken u. Haymen de ſtilo curiae. § 49 Die Teutſchen hielten gar viel auf die gewonhei- ten, wie die alten geſchichtſchreiber bei dem herrn grafen von Buͤnau im erſten theile, erſten buche, ſ. 54 der reichshiſtorie angemercket haben; daher es noch heiſet: „laͤndlich, ſittlich, oder landes weiſe, „iſt landes ehre; eine alte gewonheit iſt ſtaͤrcker „als brif und ſigel; eine alte gewonheit ſoll man „nicht brechen„, Piſtorius cent. 4 par. 4 ſ. 282 cent. 9, paroem. 38, ſ. 863, Hert lib. 1 paroem. 2 ſ. 258 vol. II tom. 3 opuſc. Derowegen muͤſſen die fremden ſich nach den rechten des ortes richten, wo ſie ſich aufhalten, Hert am a. o. Sie ſagten fer- ner: „hundert jahre unrecht, iſt nicht eine ſtunde „recht; ein jahr boͤſe, hundert jahre boͤſe„, Hert paroem. 3 ſ. 259 und paroem. 24 ſ. 439, Piſtorius cent. 2 paroem. 96 ſ. 242 centur. 9 paroem. 90 ſ. 930 u. f. das iſt: boͤſe gewonheiten machen kein recht, David Mevius in P. II decis. 378 ſ. 294. § 50

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/30>, abgerufen am 23.04.2024.