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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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CI haubtstück
§ 715
die vorzüge
der Teut-
schen frau
für der Rö-
mischen.

Inzwischen war doch die Teutsche frau viel
besser dran, als die Römische. Denn der ehe-
mann pflegte sie zu rat zu zihen; wie denn auch
solches von den kaiserinnen aus den geschichten
sich erbricht, daß sie nämlich die kaiser zu rate
gezogen haben. Die herrschaft der ehefrau, oder
nach dem sprüchworte: daß sie die hosen habe, ist
zwar etwas schimpfliches; doch gibet es eine schul-
digkeit, vermöge deren die ehemänner ihren wei-
bern zu folgen haben, z. e. der mann will immer
herum ziehen, die ehefrau soll aber an einem ge-
wissen orte bleiben; so muß selbiger der frau fol-
gen, und der richter hat hierauf zu sehen, von
Leyser
de obsequio maritali, spec. 666 vol. X
meditationum ad
p.

Hundert und erstes hauptstück
von den ungleichen ehen.
§ 716
aus was für
ursachen die
misheira-
ten eingefü-
ret worden
sind.

Es ist bereits vorhin bemerket worden, daß die
ehen haben ebenbürtig seyn müssen, wenn
anders die kinder den ältern haben am stande
gleich werden und sie beerben sollen. Damit
aber die famili gleichwol erhalten, und durch all-
zuviele ebenbürtige kinder nicht gedrucket werde,
ist eine ehe eingefüret worden, welche die Italiä-
ner ad l. morganaticam, und die Teutsche zur
linken hand genennet haben, wozu die besondere
neigung der mannspersonen zu einer schönen wei-
besperson die ungleichen ehen noch gebracht hat.

§ 717
CI haubtſtuͤck
§ 715
die vorzuͤge
der Teut-
ſchen frau
fuͤr der Roͤ-
miſchen.

Inzwiſchen war doch die Teutſche frau viel
beſſer dran, als die Roͤmiſche. Denn der ehe-
mann pflegte ſie zu rat zu zihen; wie denn auch
ſolches von den kaiſerinnen aus den geſchichten
ſich erbricht, daß ſie naͤmlich die kaiſer zu rate
gezogen haben. Die herrſchaft der ehefrau, oder
nach dem ſpruͤchworte: daß ſie die hoſen habe, iſt
zwar etwas ſchimpfliches; doch gibet es eine ſchul-
digkeit, vermoͤge deren die ehemaͤnner ihren wei-
bern zu folgen haben, z. e. der mann will immer
herum ziehen, die ehefrau ſoll aber an einem ge-
wiſſen orte bleiben; ſo muß ſelbiger der frau fol-
gen, und der richter hat hierauf zu ſehen, von
Leyſer
de obſequio maritali, ſpec. 666 vol. X
meditationum ad
π.

Hundert und erſtes hauptſtuͤck
von den ungleichen ehen.
§ 716
aus was fuͤr
urſachen die
misheira-
ten eingefuͤ-
ret worden
ſind.

Es iſt bereits vorhin bemerket worden, daß die
ehen haben ebenbuͤrtig ſeyn muͤſſen, wenn
anders die kinder den aͤltern haben am ſtande
gleich werden und ſie beerben ſollen. Damit
aber die famili gleichwol erhalten, und durch all-
zuviele ebenbuͤrtige kinder nicht gedrucket werde,
iſt eine ehe eingefuͤret worden, welche die Italiaͤ-
ner ad l. morganaticam, und die Teutſche zur
linken hand genennet haben, wozu die beſondere
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besperſon die ungleichen ehen noch gebracht hat.

§ 717
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[296/0308] CI haubtſtuͤck § 715 Inzwiſchen war doch die Teutſche frau viel beſſer dran, als die Roͤmiſche. Denn der ehe- mann pflegte ſie zu rat zu zihen; wie denn auch ſolches von den kaiſerinnen aus den geſchichten ſich erbricht, daß ſie naͤmlich die kaiſer zu rate gezogen haben. Die herrſchaft der ehefrau, oder nach dem ſpruͤchworte: daß ſie die hoſen habe, iſt zwar etwas ſchimpfliches; doch gibet es eine ſchul- digkeit, vermoͤge deren die ehemaͤnner ihren wei- bern zu folgen haben, z. e. der mann will immer herum ziehen, die ehefrau ſoll aber an einem ge- wiſſen orte bleiben; ſo muß ſelbiger der frau fol- gen, und der richter hat hierauf zu ſehen, von Leyſer de obſequio maritali, ſpec. 666 vol. X meditationum ad π. Hundert und erſtes hauptſtuͤck von den ungleichen ehen. § 716 Es iſt bereits vorhin bemerket worden, daß die ehen haben ebenbuͤrtig ſeyn muͤſſen, wenn anders die kinder den aͤltern haben am ſtande gleich werden und ſie beerben ſollen. Damit aber die famili gleichwol erhalten, und durch all- zuviele ebenbuͤrtige kinder nicht gedrucket werde, iſt eine ehe eingefuͤret worden, welche die Italiaͤ- ner ad l. morganaticam, und die Teutſche zur linken hand genennet haben, wozu die beſondere neigung der mannsperſonen zu einer ſchoͤnen wei- besperſon die ungleichen ehen noch gebracht hat. § 717

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/308>, abgerufen am 28.03.2024.