Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

Bild:
<< vorherige Seite
der Teutschen nach der menschw.
§ 69

Ein kind wird für rechtmäßig geboren gehalten,die recht-
mäsige ge-
burt dersel-
ben.

wenn es im anfange des 7 monats zur welt gekom-
men ist, oder in den ersten 10 tagen des 11ten
monats nach des vaters tode die welt erblicket.
Wenn zwillinge vorhanden sind, und man den
ältesten nicht weis, wird die sache durchs loos ent-
schiden; denn der älteste zu seyn war bei den Teut-
schen ein vorrecht, Slevogts disp. de iure pri-
mogeniturae et maioratus
§ 8 und f.

§ 70

Bei der menschwerdung sihet man darauf, obvon den
mißgebur-
ten.

die geburt einem menschen gleich ist, oder nicht?
lezteren falles heiset es eine mißgeburt, ungeheuer,
(monstrum) solche haben die Teutschen getödet,
Weber de iure monstrorum.

§ 71

Diejenigen, welchen die natur zu viel, oder zuvon den
krüppelkin-
dern.

wenig gegeben, oder sie ungestalt gemachet hat,
nennete man krüppelkinder. Die ganz lamen
oder buckelichten haben die Teutschen von der erb-
schaft ausgeschlossen, Sächsisches landrecht,
1 B. art. 4. Sie bekamen nur den unterhalt.
Zwerge (nani), wurden als ein wunder der natur
angesehen und verachtet, nach dem bekannten
sprüchworte: "wen Gott und die natur zeichnet,
"für dem soll sich roß und mann hüten", Pisto-
rius
cent. I paroem. 66 s. 86 u. f. Denn der
Teutsche war ungemein wohl gewachsen. Man
hiese also die kleinen aus verachtung twerge
(twergmann), d. i. parvus, ein verkehrter mensch,
der aus irrtum der natur gezeuget worden war.
Tenzel in den monatlichen unterredungen vom jahre
1692 s. 709 hat einen zwerg aus der Schweiz, Hanß
Worrenberg, der über 40 jahre alt war, abgebildet,

wel-
der Teutſchen nach der menſchw.
§ 69

Ein kind wird fuͤr rechtmaͤßig geboren gehalten,die recht-
maͤſige ge-
burt derſel-
ben.

wenn es im anfange des 7 monats zur welt gekom-
men iſt, oder in den erſten 10 tagen des 11ten
monats nach des vaters tode die welt erblicket.
Wenn zwillinge vorhanden ſind, und man den
aͤlteſten nicht weis, wird die ſache durchs loos ent-
ſchiden; denn der aͤlteſte zu ſeyn war bei den Teut-
ſchen ein vorrecht, Slevogts diſp. de iure pri-
mogeniturae et maioratus
§ 8 und f.

§ 70

Bei der menſchwerdung ſihet man darauf, obvon den
mißgebur-
ten.

die geburt einem menſchen gleich iſt, oder nicht?
lezteren falles heiſet es eine mißgeburt, ungeheuer,
(monſtrum) ſolche haben die Teutſchen getoͤdet,
Weber de iure monſtrorum.

§ 71

Diejenigen, welchen die natur zu viel, oder zuvon den
kruͤppelkin-
dern.

wenig gegeben, oder ſie ungeſtalt gemachet hat,
nennete man kruͤppelkinder. Die ganz lamen
oder buckelichten haben die Teutſchen von der erb-
ſchaft ausgeſchloſſen, Saͤchſiſches landrecht,
1 B. art. 4. Sie bekamen nur den unterhalt.
Zwerge (nani), wurden als ein wunder der natur
angeſehen und verachtet, nach dem bekannten
ſpruͤchworte: „wen Gott und die natur zeichnet,
„fuͤr dem ſoll ſich roß und mann huͤten„, Piſto-
rius
cent. I paroem. 66 ſ. 86 u. f. Denn der
Teutſche war ungemein wohl gewachſen. Man
hieſe alſo die kleinen aus verachtung twerge
(twergmann), d. i. parvus, ein verkehrter menſch,
der aus irrtum der natur gezeuget worden war.
Tenzel in den monatlichen unterredungen vom jahre
1692 ſ. 709 hat einen zwerg aus der Schweiz, Hanß
Worrenberg, der uͤber 40 jahre alt war, abgebildet,

wel-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0037" n="27"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Teut&#x017F;chen nach der men&#x017F;chw.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§ 69</head><lb/>
            <p>Ein kind wird fu&#x0364;r rechtma&#x0364;ßig geboren gehalten,<note place="right">die recht-<lb/>
ma&#x0364;&#x017F;ige ge-<lb/>
burt der&#x017F;el-<lb/>
ben.</note><lb/>
wenn es im anfange des 7 monats zur welt gekom-<lb/>
men i&#x017F;t, oder in den er&#x017F;ten 10 tagen des 11ten<lb/>
monats nach des vaters tode die welt erblicket.<lb/>
Wenn zwillinge vorhanden &#x017F;ind, und man den<lb/>
a&#x0364;lte&#x017F;ten nicht weis, wird die &#x017F;ache durchs loos ent-<lb/>
&#x017F;chiden; denn der a&#x0364;lte&#x017F;te zu &#x017F;eyn war bei den Teut-<lb/>
&#x017F;chen ein vorrecht, <hi rendition="#fr">Slevogts</hi> di&#x017F;p. <hi rendition="#aq">de iure pri-<lb/>
mogeniturae et maioratus</hi> § 8 und f.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§ 70</head><lb/>
            <p>Bei der men&#x017F;chwerdung &#x017F;ihet man darauf, ob<note place="right">von den<lb/>
mißgebur-<lb/>
ten.</note><lb/>
die geburt einem men&#x017F;chen gleich i&#x017F;t, oder nicht?<lb/>
lezteren falles hei&#x017F;et es eine mißgeburt, ungeheuer,<lb/>
(<hi rendition="#aq">mon&#x017F;trum</hi>) &#x017F;olche haben die Teut&#x017F;chen geto&#x0364;det,<lb/><hi rendition="#fr">Weber</hi> <hi rendition="#aq">de iure mon&#x017F;trorum.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§ 71</head><lb/>
            <p>Diejenigen, welchen die natur zu viel, oder zu<note place="right">von den<lb/>
kru&#x0364;ppelkin-<lb/>
dern.</note><lb/>
wenig gegeben, oder &#x017F;ie unge&#x017F;talt gemachet hat,<lb/>
nennete man kru&#x0364;ppelkinder. Die ganz lamen<lb/>
oder buckelichten haben die Teut&#x017F;chen von der erb-<lb/>
&#x017F;chaft ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#fr">Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;ches landrecht,</hi><lb/>
1 B. art. 4. Sie bekamen nur den unterhalt.<lb/>
Zwerge (nani), wurden als ein wunder der natur<lb/>
ange&#x017F;ehen und verachtet, nach dem bekannten<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;chworte: &#x201E;wen Gott und die natur zeichnet,<lb/>
&#x201E;fu&#x0364;r dem &#x017F;oll &#x017F;ich roß und mann hu&#x0364;ten&#x201E;, <hi rendition="#fr">Pi&#x017F;to-<lb/>
rius</hi> <hi rendition="#aq">cent. I paroem.</hi> 66 &#x017F;. 86 u. f. Denn der<lb/>
Teut&#x017F;che war ungemein wohl gewach&#x017F;en. Man<lb/>
hie&#x017F;e al&#x017F;o die kleinen aus verachtung <hi rendition="#fr">twerge</hi><lb/>
(twergmann), d. i. parvus, ein verkehrter men&#x017F;ch,<lb/>
der aus irrtum der natur gezeuget worden war.<lb/><hi rendition="#fr">Tenzel</hi> in den monatlichen unterredungen vom jahre<lb/>
1692 &#x017F;. 709 hat einen zwerg aus der Schweiz, Hanß<lb/>
Worrenberg, der u&#x0364;ber 40 jahre alt war, abgebildet,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wel-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0037] der Teutſchen nach der menſchw. § 69 Ein kind wird fuͤr rechtmaͤßig geboren gehalten, wenn es im anfange des 7 monats zur welt gekom- men iſt, oder in den erſten 10 tagen des 11ten monats nach des vaters tode die welt erblicket. Wenn zwillinge vorhanden ſind, und man den aͤlteſten nicht weis, wird die ſache durchs loos ent- ſchiden; denn der aͤlteſte zu ſeyn war bei den Teut- ſchen ein vorrecht, Slevogts diſp. de iure pri- mogeniturae et maioratus § 8 und f. die recht- maͤſige ge- burt derſel- ben. § 70 Bei der menſchwerdung ſihet man darauf, ob die geburt einem menſchen gleich iſt, oder nicht? lezteren falles heiſet es eine mißgeburt, ungeheuer, (monſtrum) ſolche haben die Teutſchen getoͤdet, Weber de iure monſtrorum. von den mißgebur- ten. § 71 Diejenigen, welchen die natur zu viel, oder zu wenig gegeben, oder ſie ungeſtalt gemachet hat, nennete man kruͤppelkinder. Die ganz lamen oder buckelichten haben die Teutſchen von der erb- ſchaft ausgeſchloſſen, Saͤchſiſches landrecht, 1 B. art. 4. Sie bekamen nur den unterhalt. Zwerge (nani), wurden als ein wunder der natur angeſehen und verachtet, nach dem bekannten ſpruͤchworte: „wen Gott und die natur zeichnet, „fuͤr dem ſoll ſich roß und mann huͤten„, Piſto- rius cent. I paroem. 66 ſ. 86 u. f. Denn der Teutſche war ungemein wohl gewachſen. Man hieſe alſo die kleinen aus verachtung twerge (twergmann), d. i. parvus, ein verkehrter menſch, der aus irrtum der natur gezeuget worden war. Tenzel in den monatlichen unterredungen vom jahre 1692 ſ. 709 hat einen zwerg aus der Schweiz, Hanß Worrenberg, der uͤber 40 jahre alt war, abgebildet, wel- von den kruͤppelkin- dern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/37
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/37>, abgerufen am 19.04.2024.