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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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LVI haubtstück
abzuhalten vermöge. Nein! der fluß lässet die
mauer wol stehen. Jedoch so bald die flut sich
zeiget; alsdann quillet das wasser hinter der mauer
vor. Solchenfalls wird die überschwemmung
eben so groß, als wie keine mauer da war. Zu-
geschweigen, daß man dem wasser die abzucht
verschaffen muß, deren es vorher nicht bedurfte,
sondern wie der strom file, auch die überschwem-
mung von selbst abnam. Dise erfarung leret
demnach: daß zwar eine flut durch das hervor-
quellen sich eräuge; iedoch das wasser durch seine
vorige quellen sich nicht wieder verliere. Denn
die drückung des stromes ist weit stärker, das was-
ser über sich zu stoßen, als die kraft des über-
schwemmeten wassers ist.

§ 2213
die ufer sind
zu befesti-
gen.

Die befestigung des ufers ist nicht zu vergessen.
Ein felsigtes und kisigtes. Den von fligendem
sande ist nicht zu trauen, imgleichen die von lei-
men und staub-erde, auch aller lockeren erd-arten
lassen sich beim ersten anfalle fortreissen; das let-
tige und tonige liget etwas fester. Ein krummes
ufer verdinet ein wachsames auge, wie auch ein
hohes, steiles und lockeres. Hier muß man zuvor
kommen, und darf den unfall nicht erwarten.

§ 2214
wie das stei-
le ufer zu
machen ist?

Das steile (jähe) ufer muß schräge gemachet
werden. Darauf bepflanzet man es mit dornen
und wasser-waiden, auch rasen und schilfe. Hat
das wasser aber ein ufer, das mit dem strome
parallel liget, oder wo es vorwärts ausgebogen,
alsdann ist weiter nichts zu tun, als nur das weg-
gerissene wieder herzustellen, und es wider den
weitern anfall zu befestigen; aber ja nicht mit
zungen (bunen). Die lücke des eingerissenen
schrägen parallel-ufers wird mit schutte, steinen,

trüm-

LVI haubtſtuͤck
abzuhalten vermoͤge. Nein! der fluß laͤſſet die
mauer wol ſtehen. Jedoch ſo bald die flut ſich
zeiget; alsdann quillet das waſſer hinter der mauer
vor. Solchenfalls wird die uͤberſchwemmung
eben ſo groß, als wie keine mauer da war. Zu-
geſchweigen, daß man dem waſſer die abzucht
verſchaffen muß, deren es vorher nicht bedurfte,
ſondern wie der ſtrom file, auch die uͤberſchwem-
mung von ſelbſt abnam. Diſe erfarung leret
demnach: daß zwar eine flut durch das hervor-
quellen ſich eraͤuge; iedoch das waſſer durch ſeine
vorige quellen ſich nicht wieder verliere. Denn
die druͤckung des ſtromes iſt weit ſtaͤrker, das waſ-
ſer uͤber ſich zu ſtoßen, als die kraft des uͤber-
ſchwemmeten waſſers iſt.

§ 2213
die ufer ſind
zu befeſti-
gen.

Die befeſtigung des ufers iſt nicht zu vergeſſen.
Ein felſigtes und kiſigtes. Den von fligendem
ſande iſt nicht zu trauen, imgleichen die von lei-
men und ſtaub-erde, auch aller lockeren erd-arten
laſſen ſich beim erſten anfalle fortreiſſen; das let-
tige und tonige liget etwas feſter. Ein krummes
ufer verdinet ein wachſames auge, wie auch ein
hohes, ſteiles und lockeres. Hier muß man zuvor
kommen, und darf den unfall nicht erwarten.

§ 2214
wie das ſtei-
le ufer zu
machen iſt?

Das ſteile (jaͤhe) ufer muß ſchraͤge gemachet
werden. Darauf bepflanzet man es mit dornen
und waſſer-waiden, auch raſen und ſchilfe. Hat
das waſſer aber ein ufer, das mit dem ſtrome
parallel liget, oder wo es vorwaͤrts ausgebogen,
alsdann iſt weiter nichts zu tun, als nur das weg-
geriſſene wieder herzuſtellen, und es wider den
weitern anfall zu befeſtigen; aber ja nicht mit
zungen (bunen). Die luͤcke des eingeriſſenen
ſchraͤgen parallel-ufers wird mit ſchutte, ſteinen,

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[892/0904] LVI haubtſtuͤck abzuhalten vermoͤge. Nein! der fluß laͤſſet die mauer wol ſtehen. Jedoch ſo bald die flut ſich zeiget; alsdann quillet das waſſer hinter der mauer vor. Solchenfalls wird die uͤberſchwemmung eben ſo groß, als wie keine mauer da war. Zu- geſchweigen, daß man dem waſſer die abzucht verſchaffen muß, deren es vorher nicht bedurfte, ſondern wie der ſtrom file, auch die uͤberſchwem- mung von ſelbſt abnam. Diſe erfarung leret demnach: daß zwar eine flut durch das hervor- quellen ſich eraͤuge; iedoch das waſſer durch ſeine vorige quellen ſich nicht wieder verliere. Denn die druͤckung des ſtromes iſt weit ſtaͤrker, das waſ- ſer uͤber ſich zu ſtoßen, als die kraft des uͤber- ſchwemmeten waſſers iſt. § 2213 Die befeſtigung des ufers iſt nicht zu vergeſſen. Ein felſigtes und kiſigtes. Den von fligendem ſande iſt nicht zu trauen, imgleichen die von lei- men und ſtaub-erde, auch aller lockeren erd-arten laſſen ſich beim erſten anfalle fortreiſſen; das let- tige und tonige liget etwas feſter. Ein krummes ufer verdinet ein wachſames auge, wie auch ein hohes, ſteiles und lockeres. Hier muß man zuvor kommen, und darf den unfall nicht erwarten. § 2214 Das ſteile (jaͤhe) ufer muß ſchraͤge gemachet werden. Darauf bepflanzet man es mit dornen und waſſer-waiden, auch raſen und ſchilfe. Hat das waſſer aber ein ufer, das mit dem ſtrome parallel liget, oder wo es vorwaͤrts ausgebogen, alsdann iſt weiter nichts zu tun, als nur das weg- geriſſene wieder herzuſtellen, und es wider den weitern anfall zu befeſtigen; aber ja nicht mit zungen (bunen). Die luͤcke des eingeriſſenen ſchraͤgen parallel-ufers wird mit ſchutte, ſteinen, truͤm-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 892. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/904>, abgerufen am 28.03.2024.